A.N.D.-Position zur veganen Ernährung

 

Eric Fischling

 

Berlin (Weltexpresso) - Die US-amerikanische Academy of Nutrition and Dietetics (A.N.D.), die weltweit größte Ernährungsorganisation, hat Ende April ihr Positionspapier zu vegetarischen Ernährungsformen (dazu zählt die A.N.D. auch die vegane Ernährung) aktualisiert, die die Albert-Schweizer-Gesellschaft verschickt und kommentiert.

 

Wie schon die frühere Fassung des Papiers enthält auch die neuere wieder eine detaillierte und überwiegend positive Grundhaltung gegenüber einer vegetarischen und veganen Ernährung.

 

 

Auszug aus dem A.N.D.-Positionspapier

 

»Es ist die Position der Academy of Nutrition and Dietetics, daß vegetarische Ernährungsformen Gesundheitsvorteile bezüglich der Prävention und Behandlung von bestimmten Gesundheitszuständen, inklusive Arteriosklerose, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Adipositas, haben können. Gut gestaltete vegetarische Ernährungsformen, die gegebenenfalls angereicherte Produkte oder Supplemente enthalten, entsprechen den aktuellen Nährstoffempfehlungen und sind für alle Lebensabschnitte, inklusive Schwangerschaft, Stillzeit, Säuglingsalter, Kindheit und Jugend geeignet. VegetarierInnen sollten ein besonderes Augenmerk auf eine adäquate Versorgung mit Vitamin B12 legen.«

 

Im Positionspapier werden zunächst die verschiedenen vegetarischen Kostformen inklusive der veganen und dem wachsenden Interesse daran beschrieben. Meist ist dabei allgemein von VegetarierInnen die Rede, in manchen Abschnitten wird aber auch explizit auf VeganerInnen eingegangen. Im Folgenden haben wir die wichtigsten Punkte der Stellungnahme zu Nährstoffen und zur Gesundheit für Sie zusammengefasst.

Nährstoffe im Detail

 

Häufig geäußerte Bedenken, dass VegetarierInnen, insbesondere VeganerInnen und vegane SportlerInnen, weder mengen- noch qualitätsmäßig ausreichend Eiweiß zu sich nehmen, hält die A.N.D. für unbegründet. Beim Thema pflanzliches Eiweiß wurde in den Ernährungswissenschaften früher häufig geraten, unvollständige Eiweißprodukte ‒ Lebensmittel mit einem niedrigen Gehalt an einer oder mehreren essentiellen Aminosäuren ‒ in einer Mahlzeit zu kombinieren, um eine Versorgung mit allen essentiellen Aminosäuren sicherzustellen (z. B. Reis und Bohnen). Die A.N.D. betont, dass dies nicht innerhalb jeder einzelnen Mahlzeit notwendig ist, sondern generell über eine abwechslungsreiche Ernährung erfolgen kann.

 

Omega-3-Fettsäuren können in ausreichenden Mengen über Lebensmittel wie Leinsamen und Walnüsse aufgenommen werden. Da häufig eine niedrige Konzentration der essentiellen Fettsäuren EPA und DHA bei VegetarierInnen und VeganerInnen beobachtet wurde, sollte jedoch bei diesen Kostformen in jedem Lebensabschnitt und dabei insbesondere in der Schwangerschaft, im Säuglingsalter und im Alter eine Supplementierung erwogen werden.

 

Vegetarisch lebende Kinder, Schwangere und Frauen vor den Wechseljahren konsumieren nicht immer ausreichend Eisen, während vegetarisch lebende Männer und Frauen nach den Wechseljahren sogar mehr als empfohlen zu sich nehmen. Die A.N.D. empfiehlt angereicherte Getreideprodukte, Bohnen, Linsen und Rosinen in Kombination mit Vitamin C sowie die Verwendung von gusseisernen Pfannen zur adäquaten Eisenversorgung.

 

In den meisten Regionen der Welt ist die Zinkaufnahme von VegetarierInnen und insbesondere VeganerInnen gering. Da zusätzlich Hemmstoffe in pflanzlichen Lebensmitteln die Aufnahme verringern, empfiehlt die A.N.D. Personen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, eine um 50 % erhöhte Zinkzufuhr im Vergleich zu Nicht-VegetarierInnen. Was Zinkmangel in westlichen Ländern bewirkt, ist jedoch unklar.

 

Eine ausreichende Aufnahme von Kalzium über Hülsenfrüchte, grünes Blattgemüse und angereicherte Produkte sollte der A.N.D. zufolge besonders von VeganerInnen beachtet werden, bei denen häufig eine zu geringe Aufnahme beobachtet wurde. Eine Aufnahme von unter 525 mg täglich führte in einer Studie mit VeganerInnen zu einem 25 % höheren Risiko für Knochenbrüche.

 

VegetarierInnen sollten außerdem auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D durch Aufenthalt in der Sonne oder Supplementierung achten, da dies je nach Wohnort sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen ein kritischer Nährstoff sein kann.

 

Das Gleiche gilt für Vitamin B12: VegetarierInnen wird unabhängig von der Art ihrer Ernährungsweise empfohlen, auf Supplemente zurückgreifen, da ein Mangel schwerwiegende Folgen haben kann. Dies gilt insbesondere für die Schwangerschaft und Stillzeit.

 

 

Vegetarische Ernährung bei chronischen Krankheiten

 

Vegetarische und vegane Ernährungsformen können der A.N.D. zufolge erfolgreich bei der Behandlung von Übergewicht und Adipositas eingesetzt werden, teilweise sogar mit effektiveren Ergebnissen als bei omnivoren Diäten.

 

Vegetarische Diäten verbessern einige ernährungsbedingte und veränderbare Risikofaktoren für Herzkrankheiten, z. B. Unterleibs-Adipositas, Blutdruck und Cholesterinwerte. Studien zeigten, dass fettarme vegane und vegetarische Diäten in Kombination mit Lebensstilfaktoren wie Nichtrauchen und Gewichtsabnahme Arteriosklerose sogar umkehren können. Die A.N.D. empfiehlt diese Ernährung allen Betroffenen mit Nachdruck, sofern sie zur Umstellung bereit sind.

 

Vegane und vegetarische Ernährungsweisen können das Risiko für Typ-2-Diabetes drastisch reduzieren und zeigen sich auch in der Behandlung erfolgreich.

 

Einige Studien verdeutlichen ein leicht geringeres allgemeines Krebsrisiko für VegetarierInnen im Vergleich zu Nicht-VegetarierInnen. Eine aktuelle Meta-Analyse konnte eine statistisch bedeutsame, allgemeine Abnahme von Krebsvorfällen um 29 % sowie eine ‒ jedoch statistisch nicht signifikante ‒ Reduktion des allgemeinen Krebs-Sterblichkeitsrisikos um 9 % bei VegetarierInnen im Gegensatz zu nicht vegetarisch lebenden Personen aufzeigen.

 

Bezüglich Osteoporose ist Vorsicht geboten. Da VegetarierInnen und besonders VeganerInnen häufig eine geringere Knochendichte als MischköstlerInnen aufweisen, gilt es, ausreichend Kalzium aufzunehmen (siehe oben). Andernfalls steigt laut A.N.D. das Osteoporose-Risiko.

 

 

Vegetarische Ernährung im Verlauf des Lebens

 

Kinder von vegetarisch und speziell vegan lebenden Müttern haben ein höheres Geburtsgewicht als die von nicht-vegetarisch lebenden. Vitamin B12, Eisen, Omega-3-Fettsäuren und Kalzium gehören zu den kritischen Nährstoffen, die besonders während der Schwangerschaft in ausreichenden Mengen zugeführt werden sollten. Auch auf genügend Folsäure, Zink und Protein sollten Schwangere besonders achten.

 

Vegane und vegetarisch lebende Kinder zeigen der A.N.D. zufolge ein normales Wachstum. Zwar besteht ein erhöhtes Risiko, bei einer schlecht geplanten Ernährungsweise mit gewissen Nährstoffen (siehe oben) nicht adäquat versorgt zu sein. Ein geringeres Risiko besteht jedoch bezüglich anderer Gesundheitsprobleme wie z. B. Adipositas.

 

Auch für ältere Erwachsene sind vegetarische Ernährungsweisen geeignet, insbesondere zur Prävention von chronischen Krankheiten (ausgenommen Osteoporose).

 

 

Fazit zur A.N.D.-Position

 

Auch in seiner aktualisierten Fassung bleibt das Positionspapier der Academy of Nutrition and Dietetics ein wegweisendes Dokument insbesondere für ErnährungsberaterInnen, das maßgeblich zur internationalen Anerkennung der vegan-vegetarischen Ernährung beiträgt. Besonders hervorzugeben ist abschließend neben der realistischen Auseinandersetzung des Papiers mit einzelnen, kritischen Nährstoffen noch die explizitere Beschäftigung mit dem ökologischen Aspekt von Ernährung, wobei die umweltentlastenden Vorteile einer vegetarischen Ernährung gegenüber einer fleischlastigen von der A.N.D. klar anerkannt werden.

 

Das Originaldokument mitsamt Quellenangaben kann kostenlos heruntergeladen werden. Viele weitere ausführliche Informationen gibt die A.N.D. zudem auf ihrem eigens für die vegan-vegetarische Ernährungsberatung konzipierten Portal »Vegetarian Nutrition«.

 

Foto:

Gemüse auf Holzbrett © TGTGTG – Shutterstock