1822-Universitätspreis geht in diesem Jahr an einen Mathematiker, einen Kunstpädagogen und eine Juristin, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Eigentlich war es viel zu heiß, um sich vor 18 Uhr auf den Weg zur Uni zu machen, wenngleich das Casino, wo die Preisverleihung stattfand, einfach so schön ist, daß man gerne kommt, zumal es danach auf dem großen Balkon, das wunderschöne IG-Farbenhaus von hinten im Blick, noch gute Gespräche und Speis und Trank gab.

 

Das Eigentliche war jedoch die Preisverleihung, auf der den Studierenden jedes Jahr noch mehr Aufmerksamkeitserheischendes, noch Witzigeres, auch noch Gefühlvolleres einfällt, was zu den Ehrungen hinzukommt und eigentlich inzwischen den Rahmen dafür abgibt, daß diese Preisverleihung unter allen hervorsticht und der Raum gerammelt voll war, obwohl – siehe oben – es sehr sehr heiß war.

 

Wie bei der OSCARVERLEIHUNG beginnt es von hinten. Da von den insgesamt 25 Nominierten – Auflistung unten – nur drei Preise vergeben werden, kam also der dritte Preis zuerst dran. Auf die Begrüßung von Tanja Brühl, Vizepräsidentin und die Grußworte von Birgitta Wolff, der Präsidentin, Renate Sterzel, Stadträtin der Stadt Frankfurt und Arne Weick, Mitglied des Vorstands der Frankfurter Sparkasse, die alles bezahlt, weisen wir nur hin.

 

Zuerst übernahmen Frauen länger die Regie und die Reden. Doch am Schluß, bei der Mathematik kam es knüppeldick. Männer über Männer. Allerdings kam der musikalische Gruß vom Duo Lady Birds: am Klavier Heike Michaelis und Susanne Riedl-Komppa am Saxophon. Wie gerade vor ein paar Tagen im Kaisersaal des Frankfurter Römer, wo ein rein weibliches Blechbläserquintett quirlig aufgespielt hatte, übertrug sich die gute Laune der Musik,der Rhythmus und einfach das Gutklingen sofort auf die Zuhörer. Dicker Beifall.

 

 

3. Preis, Friederike Wapler, FB Rechtswissenschaften

 

Während oben über der Bühne jeweils auf der Leinwand die jeweiligen Preisträger im Bild zu sehen waren, lief darunter die Laudatio ab, die gemäß der Tradition von den Studierenden vorgetragen wird. Sie sind es ja auch, die der Jury für den Preis ihre Vorschläge unterbreiten und dann in der Laudatio ihre Wahl so richtig drängend machen. Sie boten eine jeweils durchschlagende Begründung. Das gilt für alle drei Preisverleihungen.

 

Für diese erste, also den 3. Preis, war für uns erst einmal erstaunlich, daß die ausgewählte Person aus den Rechtswissenschaften kam. Wir kennen die meist anzutreffende Trockenheit der Lehre genug, die von Paragraphen und vom Fach vorgegeben, aber auch ganz anders vermittelt werden kann, ist das Recht doch nur der Versuch, das vielfältige und schwierige Leben mit seinen Konflikten und Straftaten geordneter, vielleicht auch gerechter zu gestalten.

 

Die Studentinnen Katrin W. und Katrin.M. - kein Fehler, es sind wirklich zwei Katrins – singen nun ein Loblied ihrer Lehrenden, daß man sofort den Vorlesungen folgen möchte. Denn, das ist das Wichtigste, Friederike Wapler läßt ihre Studenten dabei nie allein. Sie ist ständig bereit, mündliche oder schriftlich, weitere Hilfen zu geben, Fragen zu beantworten und einfach zur Diskussion zur Verfügung zu stehen. Sie selber wird dann in der Dankesrede sagen, daß ihr Hauptanliegen eben ist, Diskussionen in Gang zu setzen, von denen sie meint, daß diese in den Rechtswissenschaften auch angesichts des Stoffdrucks eh zu kurz kommen. Sie will kritische Studenten und ihnen das Rüstzeug geben, sich intellektuell so mit dem Stoff auseinanderzusetzen, daß noch Zeit zur Beurteilung des Ganzen bleibt. Den persönlichen Standpunkt bei dem angeblich formal Festgelegtem ist ihr wichtig.

 

Tatsächlich kann Friederike Wapler sehr gut vermitteln, daß ihre Studenten, die nur zur „Aushilfe“ nach Hessen geholte Dozentin für immer an der Goethe-Universität haben wollen.

 

 

2. Preis, Georg Peez (Fachbereich 09 – Sprach- und Kulturwissenschaften)

 

Unsereiner hätte jemanden wie Georg Peez schon am ehestens bei den Ausgezeichneten erwartet. Nicht seiner Person wegen, die wir nicht kennen, sondern des Faches wegen. Er ist Professor für Kunstpädagogik und das ist einfach ein schönes, ein interessantes, ein anschauliches und ein unterhaltsames Fach. Nein, natürlich nicht von alleine, aber wir zumindest sind positiv vorurteilsbeladen und können uns interessante und lehrreiche Veranstaltungen in der Kunstpädagogik sehr gut vorstellen.

 

Und so kommt es dann auch. Zwei weitere Studentinnen machen nun mit dem Publikum einen Ritt über den Bodensee, daß auch dem Verstocktesten – waren sicher nur ein oder zwei anwesend – klar wird, was eine gute Didaktik ist, die nicht besserwisserisch und auch nicht sokratisch mäeutisch daherkommt, sondern einfach das Lernen über Versuch und Irrtum, über das Einschalten von Verstand, Phantasie und Gefühl in Gang setzt. Dazu hatten die beiden jungen Laudatorinnen in Rot, Grün und Gelb kleine Abstimmungskarten auf den Plätzen verteilt und machten mit dem Rund das nach, wie ihnen in der Vorlesung das Interesse am Stoff spätestens bei Picasso untergejubelt wurde. Von Georg Peez nämlich.

 

Das fing mit einem der Filme an, der Kinderzeichnungen dient, wo man Picassos Strichführung sieht, der sich – wie er äußerte – oft leiten ließ von dem, was seine Hand beginnt, wie Kinder eben. Und so sah man das Entstehen von drei Kringeln, die alles Mögliche bedeuten konnten. Anhalten des Films. Das Plenum sollte sich aber nun nur für eine von drei möglichen Fortsetzungen der Zeichnung entscheiden: Rot, dann werden es Bakterien, Gelb, dann sind es Blumen, Grün, dann ist es ein Huhn, wonach es schon gar nicht aussah. Aber Bakterien, hätte Picasso die gemalt? Ganz sicher nicht. Und Blumen, die hat er dauernd gemalt. Das wäre nichts Besonderes. Und trotzdem waren es die gelben Kärtchen, die die meisten hochhielten, also ein Votum für die Blumen, gefolgt von den grünen für das Huhn.

 

Toll dann die Weiterführung im Film durch Picasso. Aus den Kringeln wurde nämlich eindeutig ein Fisch. Der war aber nicht gefragt. Gemein. Sind wir alle in die Wüste geschickt worden? Nein. Denn ganz am Schluß kam dann oben links noch der Kopf vom Huhn an das runde Ding, das Picasso geschaffen hatte. Und als Birgitta Wolff beim Preisüberreichen – Ehrung, Geld und Blumenstrauß – stolz verwies, sie hätte auch Gelb hochgehalten und damit das Huhn gewählt, wollten wir fast nach vorne rufen: „Wir auch!“

 

Das gefällt einem nämlich ungeheurer bei solchen Spielchen, die ja mehr als Spiele sind, wenn man dann auch noch richtig geraten oder doch besser: geschlossen hat.

 

 

  1. Preis, Hartwig Bosse (Fachbereich 12 – Informatik und Mathematik)

Geben wir es zu. Das war nun die Überwältigung in Person, was diesmal gleich fünf Studierende, vier Männer und eine Frau, von sich gaben, um ihren Mathematiker zu ehren. Unglaublich und wäre man bei der Studienberatung könnte man gar nicht anders, als direkt Mathematik zu studieren, obwohl man die Fünf im Zeugnis hatte oder zumindest die Vier minus. Dem Mann müssen die Ohren geklingelt haben, ein solches Vermittlungsgenie, wie er zu sein scheint. Und das meinen wir überhaupt nicht ironisch.

 

Das gibt es sicher genau in Mathe oder Recht noch einmal besonders, daß diejenigen auffallen, die diese als trocken verschrieenen Stoffe einen fragenswert werden und so wichtig dazu, daß die Lösung einer mathematischen Fragestellung einem wichtiger wird als das nächste Treffen mit Freunden. Und weil das alles sehr lustig, glaubwürdig und überzeugend war, wollen für Hartwig Bosse, der den ersten Preis erhielt, hier trotzdem schließen. Denn immerhin muß ein Erstprämierter damit schon mehr zufrieden sein als die weiteren, weshalb wir lieber den Platz den anderen der 25 Nominierten geben und sie hier noch einmal abdrucken.

 

Und wir freuen uns schon auf das nächste Jahr. Das war eine rundherum glänzende Sache, diese Preisverleihung, die zudem Lust aufs Studieren macht.

 

 

Die Nominierten

 

Neben den drei Ausgezeichneten wurden folgende Lehrenden nominiert:

Prof. Dr. Jan Landwehr (FB02), Dr. Peter Gostmann (FB03), Dr. Sören Baumgärtner (FB05), Prof. Dr. Karin Schermelleh-Engel (FB05), Prof. Dr. Sabine Windmann (FB05), Prof. Dr. Markus Wriedt (FB06), Dr. Zakharia Pourtskhvanidze (FB09), Prof. Dr. Gisela Welz (FB09), Dr. Anja Müller (FB10), Dr. Jackie Nordström (FB10), Dr. Matthias Schulze-Bünte (FB10), Prof. Dr. Michael Waltenberger (FB10), Dr. Irene Marzolff (FB11), Prof. Dr. Matthias Ludwig (FB12), Prof. Dr. Christoph Reichenbach (FB12), Dr. Friederike Korneck (FB13), Dr. Christian Buchsbaum (FB14), Prof. Dr. Jochen Klein (FB14), Dr. Peter Thalau (FB15), Dr. Frank Bonzelius (FB16), Prof. Dr. med. Joachim Ehrlich (FB16), Prof. Dr. Johannes Schulze (FB16).