Der an der Uni Frankfurt als Adornoschüler groß gewordene Philosophieprofessor erhält einen der wichtigsten und den am besten ausgestatteten Wissenschaftspreis

 

Hubertus von Bramnitz

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das ist wirklich eine Ehre. Und – sie bringt etwas ein. Der Preis gilt als „Nobelpreis der Philosophie“: Seit 2003 vergibt das John W. Kluge Center an der Washingtoner Library of Congress den „Kluge Prize“ für Lebenswerke in den Human- und Sozialwissenschaften. In diesem Jahr geht die international renommierte Auszeichnung an den Philosophen und Soziologen Jürgen Habermas, der sich den Preis mit dem kanadischen Sozialphilosophen Charles Taylor teilt.

 

Der Kluge-Preis ist mit 1,5 Millionen Dollar dotiert. Gestiftet hat den Preis der deutschstämmige Mäzen John W. Kluge, der damit Disziplinen wie Philosophie, Soziologie, Anthropologie oder Geschichte fördern wollte, die nicht vom Nobelpreis abgedeckt werden. Zu den bekanntesten Preisträgern des Kluge-Preises zählen der französische Philosoph Paul Ricœur und der frühere brasilianische Präsident Fernando Henrique Cardoso.

 

Es gibt natürlich weitere Bereiche, die von den traditionellen Nobelpreisen nicht abgedeckt sind, da ist die Musik zu nennen, das Theater, der Tanz. Auch die Kunst. Denn es ist ja schon eigenartig, daß es nur für die Literatur einen Nobelpreis gibt. Übrigens setzt sich das in den Ländern fort. Denn auch dort gibt es den Booker Prize, den Pulitzer-Preis, den Prix Concourt – und keine jährlichen Preise für Kunst oder Musik. Eigentlich eigenartig. Auf jeden Fall gibt es für diese nichtnobelgemäßen Disziplinen den IBSEN-Preis, der mit 330 000 Euro dotiert ist und den 2012 der Komponist und Regisseur Heiner Goebbels erhielt.

 

Nun aber zurück zu Jürgen Habermas, dem wir zum Preis gratulieren und uns mit ihm freuen. Die Frankfurter Universitätspräsidentin Prof. Birgitta Wolff gratuliert Jürgen Habermas auch im Namen der Goethe-Universität: „Die Verleihung des Kluge-Preises an Jürgen Habermas zeigt, dass seine philosophischen und soziologischen Werke weltweit rezipiert und geschätzt werden. Die Juroren würdigen ausdrücklich nicht nur seine wissenschaftlichen Arbeiten, sondern auch sein außergewöhnliches Engagement als Intellektueller: In zahlreichen gesellschaftspolitischen Debatten hat er sich beherzt zu Wort gemeldet und die Werte der Demokratie und Freiheit verteidigt. Das ist gesellschaftlich relevantes Engagement der Wissenschaft ganz im Sinne der Mission der Goethe-Universität.“

 

Jürgen Habermas lehrte insgesamt 25 Jahre als Professor für Philosophie und Soziologie an der Goethe-Universität und gilt als bekanntester Vertreter der Kritischen Theorie in der Generation nach Adorno und Horkheimer. Zu Habermas‘ Hauptwerken zählen „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ (1962), „Theorie des kommunikativen Handelns“ (1981) und „Der philosophische Diskurs der Moderne“ (1985).

 

1964 übernahm Habermas den Lehrstuhl von Max Horkheimer für Philosophie und Soziologie und lehrte und forschte von 1964-1971, 1975-1982 und 1983-1994 an der Goethe-Universität. Bereits von 1956 bis 1959 hatte er als Assistent am Institut für Sozialforschung (IFS) gearbeitet und war dort Theodor W. Adorno und Max Horkheimer begegnet. Habermas war auch Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt, ab 1980 Max-Planck-Institut für Sozialwissenschaften (1971-1981). Nicht zuletzt haben seine zahlreiche Auslandreisen und Gastprofessuren in den USA für eine internationale Rezeption und Würdigung seiner Schriften gesorgt.

 

Zahlreiche Preise wurden Habermas für sein wissenschaftliches Schaffen verliehen, darunter der Friedenspreis des deutschen Buchhandels, der Hessische Kulturpreis, der Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen, der Theodor W. Adorno-Preis und der Hegel-Preis.

P.S.

Irgendwie kommt einem bei der Kombination der Namen Habermas und Kluge unwillkürlich Alexander Kluge in den Sinn. Den Kluge-Preis kannten wir zuvor gar nicht. Es wäre sinnvoll, einmal alle internationalen Preise, die 50 000 Euro übersteigen aufzulisten.

 

Weitere Informationen zum Kluge-Preis: http://www.loc.gov/loc/kluge/prize/

 

www.uni-frankfurt.de