Universitäten statt Waffen in den Nahen Osten

 

Kurt Nelhiebel

 

Bremen (Weltexpresso) - Meine Tochter und ihr Mann fliegen häufig zu Konzerten nach Paris. Am vergangenen Mittwoch haben sie Karten für ein Konzert im Mai bestellt. Als ich davon erfuhr, was in einem Pariser Konzertsaal passiert war, zuckte ich zusammen. Die in Paris lebende Tochter eines Radio-Bremen-Kollegen war in dem Fußballstadion, das gleichfalls Ziel eines Anschlages von Terroristen war.

 

Solche Nachrichten schiebt man nicht einfach unters Bett. Zum ersten Mal mache ich mir Gedanken, wie es weitergehen soll im Nahen Osten. Voltaire meint, Fanatiker seien Schurken mit gutem Gewissen. Ich weiß im Moment nicht, ob er das auf religiöse Fanatiker bezieht, oder auch auf politische. Für mich macht das keinen Unterschied. Dass unsere Volksvertreter sich immer nur in Sanftmut üben gegenüber dem Islam, geht mir gegen den Strich. Eine Religion, die Menschen zu Verbrechern  erzieht, hat keinen Anspruch auf Duldsamkeit. Das Gejammere, die Mordanschläge hätten nichts mit dem Islam zu tun, kotzt mich an. Die Islamisten sollen erst einmal lernen, Frauen als gleichberechtigte Lebewesen zu akzeptieren. Da fängt es nämlich an.

 

Wenn ich in dem Artikel von Matthias Küntzel zu den Mordanschlägen von Paris lese, dass es zu der Zeit, da Islamisten unterstützt von USA Krieg gegen die Sowjets in Afghanistan führten, kein einziges Selbstmordattentat gegeben hat, dann komme ich ins Grübeln. Was hat das zu bedeuten? Es wäre doch der helle Wahnsinn, anzunehmen, die USA machten gemeinsame Sache mit islamistischen Terroristen, die sie offiziell bekämpfen

 

Haben die Taliban gegen die sowjetischen Besatzer nur gekämpft, weil sie sie für Ungläubige hielten, oder handelten sie als verlängerter Arm der USA, ,die die  damalige kommunistische Weltmacht für eine Bedrohung der so genannten westlichen Welt hielten, genauer gesagt für eine Bedrohung des Privateigentums an den Produktionsmitteln? Das hätte immerhin eine gewisse Logik für sich. Dann wird demnächst wohl China an die Reihe kommen. Al Quaida, Taliban, Boko Haram und neuerdings der IS – wer liefert ihnen eigentlich die Waffen, mit denen sie die Welt terrorisieren? Ich sehe im Nahen Osten keinen einzigen in Frage kommenden Staat mit einer leistungsfähigen Rüstungsindustrie. Die Waffen stammen offensichtlich aus der westlichen freien Welt.

 

Anders als Matthias Küntzel halte ich Selbstmordattentate nicht für die schlimmste Bedrohung der Welt. Die schlimmste Gefahr für die Menschheit sind Jene, die das Geschäft mit dem Tod für normal halten. Aus dem Blut unschuldiger Menschen Profit zu schlagen, halte ich für das schändlichste Verbrechen, das sich ein Mensch ausdenken kann. Nun muss man allerdings sagen, das, was der Islam und seine Hintermänner heute praktizieren, haben ihnen christliche Fanatiker vorgemacht.

 

Angefangen mit den Kreuzzügen, über die Inquisition mit ihren Abscheulichkeiten bis hin zur Christianisierung im Zuge des Kolonialismus zieht sich eine Blutspur des Verbrechens. Namen wie Galileo Galilei und Giordano Bruno stehen hier stellvertretend für zehntausend andere. So wenig es möglich war, diesem christlichen Wahnsinn mit Gewalt beizukommen, so wenig ist möglich, dem islamistischen Wahnsinn militärisch beizukommen. Erst als sich mit Luther die Vernunft als verändernde Kraft im Christentum durchzusetzen begann, verlor der Katholizismus seinen Totalitätsanspruch und seinen Schrecken.

 

Heinrich Heine erinnert im Kapitel 117 seiner Reisebilder daran, dass „der deutsche Adel, der roheste der Welt“, während des Bauernkrieges im Bunde mit der Geistlichkeit „tausendweis die Wehrlosen totgeschlagen, gefoltert, gespießt und gemartert“ habe. Gemeinsam hätten die „so genannte katholische Kirche“ und der Feudaladel „ganz Europa weltlich und geistlich geknechtet“, bis dann die Druckerpresse das Dogmengebäude zersprengt habe. Siegreich sei aus der Erkenntnisquelle, „die wir Vernunft nennen“, während der französischen Revolution die Lehre der Freiheit und Gleichheit emporgestiegen. Nichts habe die Privilegienherrschaft so sicher zu bekämpfen vermocht, „wie es die Vernunft, die demokratischer Natur ist“, vermocht habe.

 

Aus einer doppelten Angst heraus, aus Angst vor der menschlichen Vernunft und aus Angst vor dem Verlust ihrer Privilegien, missbrauchen die angeblichen Vertreter Allahs Gläubige als menschliche Schutzschilde. Statt diesen Fanatikern Waffen zu liefern, sollte die westliche Welt in den Ländern des Nahen Ostens Universitäten bauen, in denen junge Menschen die verändernde Kraft der Vernunft kennen lernen und in die Lage versetzt werden, den Islam von innen heraus so zu verändern, dass er seinem Namen als tolerante Religion gerecht wird.