Serie Das Messetrio: Paperworld, Creativeworld, Christmasworld vom 25. bis 29. Januar 2013, Teil 2
Klaus Hagert und Rebecca Riehm
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Welche Aufgabe hat eine Messegesellschaft? Zuallererst für ihre Kunden, das sind die Aussteller, Messen zu organisieren und zu präsentieren, die ihnen viele Einkäufer sichert, auf daß die Geschäfte blühen,was auch dem Image der jeweiligen Städte zu gute kommt. Dann soll die Messe auch den Eignern Gewinne möglich machen.Und?
Und eine Messe muß auch dafür sorgen, daß sie selbst auf dem Laufenden bleibt, die Entwicklung von Verkaufsstrategien und Konsumveränderungen erfährt, deren Begründungszusammenhänge nachvollziehen kann und dies sodann an ihre Branchenkunden weitergibt. Auch an die Öffentlichkeit, weshalb auch diesmal zur Wirtschaftspressekonferenz, an der -siehe unten - einige Branchen- und Verbandsvertreter teilnahmen, zwei Fachvorträge gehalten wurden.
Stephan Jung, Vorsitzender des Vorstands des German Council of Shopping Centers sprach über Shopping Center in Deutschland 2013 unter der Zielsetzung, welche besonderen Chancen für die Dekorations- und Festschmuckbranche bestünden.Uns hat irritiert, warum er am englischen Begriff kleben blieb,wo doch in Deutschland die Einkaufszentren als Begriff gut eingeführt sind. Waren diese ersten Einkaufszentren auf der Grünen Wiese entstanden, weil dort die Bodenpreise billig und von daher die Mieten günstiger sind, weshalb die Preise niedriger und trotzdem die Gewinne höher ausfielen - weitere Einsparungen an Personal, Parkplätze etc. kommen hinzu - , gibt es diese voluminösen und aufgebretzelten Einkaufsparadiese überall, weit draußen, in den Gewerbegebieten, in den Stadtteilen und längst auch in den Innenstädten.
Diese Entwicklung der Rückkehr des Einkaufszentrums in die Innenstadt setzt sich vehement fort. In Frankfurt konnte man nicht nur erleben, daß in Kaufhäusern, die früher etagenweise großflächig Kleidung oder Stoffe oder Haushaltsartikel anboten, heute eine Anhäufung von Markenfirmen immer das gleiche im je eigenen Design verkaufen, sondern auch, daß mitten auf der Zeil erst die Zeil-Galerie ein Shopping Center darstellte, was dann der Komplex My Zeil noch toppte.
Stephan Jung legte nun Zahlen vor, die den Einzelhandelsumsatz in solchen Zentren vom Jahr 2007 mit 34,5 Milliarden Euro kontinuierlich steigern bis 38,5 im Jahr 2012, wobei für 2013 die Prognose schon 39,7 Milliarden Euro beträgt. Interessant wird dies, wenn man diese Umsätze am gesamten Einzelhandelsumsatz mißt. Da ergibt sich eine doch weniger dramatische Steigerung von 8,7 Prozent im Jahr 2007 auf 9,4 Prozent für 2012. Damit wäre 2012 wieder die gleiche Vergleichszahl erreicht worden, die schon 2009 galt. Für 2013 allerdings wird ein Anteil von 10,1 Prozent erwartet
Ähnlich sanft dynamisch haben sich die Verkaufsflächen in Einkaufszentren entwickelt, von 8,1 Millionen Quadratmetern im Jahr 2007 auf 9,42 für 2012 mit der Prognose 9,77 Millionen Quadratmeter für 2013. Bezogen auf den Anteil dieser Flächen an den Gesamtverkaufsflächen ergeben sich für 2007 für die Einkaufszentren 7,1 Prozent, die sich bis 2012 auf 8 Prozent steigerten, was sich 2013 nur unwesentlich auf 8,1 Prozent erhöht.
Die Beschäftigten in den Shopping Centern, die 2007 rund 477 000 ausmachten, sind für 2012 auf 579 000 (Prognose) gestiegen. Das wäre bei rund 3 Millionen Beschäftigten in dieser Branche allgemein – immerhin der zweitstärksten überhaupt – für die Shoppingcenter ein Anteil von gut einem Fünftel. Diese Zahlen können aber nur die quantitative Entwicklung wiedergeben. Unter dem Motto FÜNF THESEN ZUR ZUKUNFT DER VERFÜHRUNG und den CHANCEN FÜR DIE DEKORATIOS- UND FESTSCHMUCKBRANCHE wollte Stephan Jung auch die qualitativen Entwicklung in Thesen zur Verführungsstrategie fürs Verkaufen festhalten.
Ausgangspunkt ist die stetig wachsende Bedeutung des Onlinehandels, der den Kampf um den Kunden anfeuert. Gerade die Dekorations- und Festschmuckbranche ist sehr gut geeignet, die Stärken des stationären Handels herauszustellen: fachliche Beratung und Eingehen auf die Wünsche des Kunden auf dem Hintergrund der Gefühle, die der Begriff „Weihnachten“ auslösen. Dabei muß die Strategie des Handels eine sein, die eine Komplizenschaft mit dem Kunden herstellt, sich auf dieses Verführungsspiel überhaupt einzulassen.
Einem solchen Kunden darf man nicht plump kommen oder ihn vereinnahmen oder mit übertriebenen Versprechungen für dumm verkaufen. „Die Aufgabe des Handels wird künftig sehr viel stärker das Herstellen von Beziehungen sein, weniger die reine Geschäftsabwicklung, um die es am Schluß geht, wenn die „vertrauliche Beziehung“ als „Teil der Verführungserfahrung“ eingetreten ist. In dem Sinn tritt die positive Erfahrung an die Stelle des Spaßes, der jahrelang alles mögliche zur 'Spaßgesellschaft' machen sollte.
Nun also der Schwerpunkt auf: Erfahrung. Diese Erfahrung macht den Kunden zum Mitspieler in einem öffentlichen Raum: „Der Laden wird als Bühne begriffen, die bespielt werden muß und Kunden als Akteure anzieht.“ Daß die Umsetzung dieser Thesen in die Einkaufszentren diese verändern wird, ist offensichtlich. Verkürzt man allerdings die Aussagen von Stephan Jung auf das Wesentliche, dann düngt einem: Eigentlich geht es darum, die alte Qualität des Einkaufens von früher wiederherzustellen, wo Vertrauen zum Verkäufer aufgrund langer persönlicher Beziehungen zu Käufen führte, von denen man beim Betreten des Geschäftes noch keine Ahnung hatte, daß man diese Dinge haben wolle und kaufen werde.
Bei den Inszenierungen solcher Erlebniswelten in den Einkaufszentren spielt zwar auch der Raum eine Rolle - in dem man sich zum Beispiel gerne aufhalten möchte - , stärker jedoch wirkt der personale Faktor. „Als Messeveranstalter greifen wir die neuen Marktchancen unserer Kunden aktiv auf. So bieten wir unseren Ausstellern und Besuchern ganz spezielle Foren und Businessprogramme, die ein Match-Making vereinfachen. Damit sind wir die wichtigsten Impulsgeber der drei Branchen“, formulierte selbstbewußt Detlef Braun, zuständiger Geschäftsführer der Messe Frankfurt.
Es waren mit Manfred Pulst, Vorsitzender des Verbandes Hobby- Kreativ, Rüdiger Pleus und Ingmar Behrens von den Shopping Centern, Armin Strecker, Vorsitzender Großhandelsverbandes für Floristen- und Dekorationsbedarf, Claudia Herke als Designerin sowie den zuständigen Vertretern der Messe weitere Experten für Gespräche anwesend. Marco Atzberger von EHI Retail Institute hatte zuvor noch über den Onlinehandel gesprochen.
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