Serie: Frankfurter Herbstmesse TENDENCE vom 24. bis 27. August auf dem Messegelände, Teil 3

 

Hans Wiedemann und Helga Faber

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Usus ist, auf dem Pressegespräch zur TENDENCE eine spezielle Fachinformation zu erhalten, die meist auf der Basis einer Studie beruht. Marco Atzberger, Mitglied der Geschäftsleitung EHI Retail Institute Köln erläuterte die Studie zur Bedeutung des Schaufensters im Handel.

 

Das Schaufenster ist die Visitenkarte des Unternehmers.“ Naja, das ist so eine Binsenweisheit, wie sie die Kosmetikindustrie auch den Frauen auf ihre Gesicht schreiben möchte. Und auch wenn wir alle wissen, daß das schönste Schaufenster sein Geld nicht Wert ist, wenn man dann im Geschäft das Entsprechende nicht findet, haben es doch Binsenweisheiten an sich, zu stimmen. Wir engen die 'Visitenkarte' darauf ein, daß ein Kunde im Schaufenster tatsächlich einen Überblick erhält über das, was ihn drinnen erwartet. Was aber Kunden erwarten und wie es ganz speziell mit dem Dreischritt: Werbung (Print), Schaufenster und Ladeninneres aussieht, das genau ist Inhalt dieser Studie, die herausbekommen will, welche wirtschaftliche Bedeutung der Schaufensterdekoration für den Handel zukommt.

 

Hintergrund sind 30 'strukturierte' Experteninterviews, davon 10 im Bereich Living & Giving, wobei 20 Prozent der Befragten aus Waren- und Kaufhäusern stammen wie Manufactum, Kaufhof oder Karstadt; 40 Prozent sind jeweils FILIALISTEN wie DEPOT oder BUTLERS und kleinere Fachhändler, wobei die Tendenz ganz eindeutig ist, daß immer mehr kleine Fachläden gerade auf dem Land und kleinen Städten schließen und immer mehr Filialen aufmachen. Daneben gibt es eine gesonderte Tendenz in Großstädten, die man in Frankfurt in den verschiedenen Stadtteilen gut nachvollziehen kann: dort schließen Fachläden wie Obst &Gemüse, Handtaschen, Bilderverkauf etc., dafür kommen viele neue Läden, die stärker dem individuellen Service gelten: Haare, Fingernägel, SPA, Sonnenbänke und sogar Kindertagesstätten entstehen da, wo zuvor ein Schlecker-Markt war, wie in der Erschersheimer Landstraße.

 

Daß ein gutgemachtes Schaufenster den Kunden hineinlocken soll und kann, war seit jeher so. Noch stärker wird in einer „Bilder“gesellschaft, die den Kunden von morgens bis abends mit Bildern bestürmt, wichtig, überhaupt wahrgenommen zu werden. Deshalb, so Marco Atzberger ist die wichtigste Funktion des Schaufensters, den vorbeiwandelnden potentiellen Käufer zum Anhalten und Betrachten des Schaufensters zu 'zwingen' würde man psychoanalytisch sagen, zum Stop zu verführen im Allgemeinjargon. Das Schaufenster müsse nach dem Halt „Information und Inspiration für den Kunden“ sein, sagen die meisten.

 

Andere aber – und das ist kein Widerspruch – legen Wert darauf: „Schaufenster haben einen höheren Anspruch als bloßes Verkaufen. Hier geht es um das Image.“ So fallen fünf REWE-Märkte in naher Umgebung genauso auf, wie ein fehlender Aldi im gesamten Stadtteil. Wobei wir auch bei den großen Ausnahmen der Schaufensterdebatte wären. Denn ein Großteil des Marktes hat gar keine. Lebensmittelgeschäfte nur dann, wenn sie ganz klein sind oder Reformhäuser etc. Die großen Lebensmittel- und Verbrauchermärkte haben genauso wenig ein Schaufenster wie beispielsweise IKEA oder BAUMÄRKTE.

 

Der Umsatz der schaufensterrelevanten Branchen im Deutschen Einzelhandel beträgt rund 130 Milliarden Euro. Allein für die Schaufensterdekorierung werden etwa 80 Millionen Euro aufgebracht, was etwa 2 Prozent des Marketingbudgets ausmacht. Bei diesem Wert geht es nur um das Deko-Material. Nicht einberechnet sind sowohl die Lohnkosten für die Gestaltung sowie die Kosten der Produkte, die darüberhinaus den Geschäften oft von den jeweiligen Firmen kostenlos zur Verfügung stehen.

 

Nehmen wir solche Produkte wie Geschirrspüler, dann wird deutlich, daß zur Funktion des Schaufensters andere wiederum sagen: „Das Schaufenster ist der Rahmen für die produkt- und markenspezifische Kernbotschaft“, die heißt nämlich, daß Produkte und Sortimentsschwerpunkte hervorgehoben werden. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Aber wir bringe ich nun die Leute dazu, vor meinem Schaufenster anzuhalten, vor allem dann, wenn ich erwarte, was noch ein Fünftel der Befragten in dieser Studie taten: „Kaufentscheidungen werden direkt durch das visuelle Marketing im Schaufenster beeinflußt.“ Hier geht es also darum, einen Käufer allein durch den visuellen Reiz zum Kauf zu motivieren, also einen Impulskauf auszulösen.

 

Das war nur ein kleiner Einblick in eine Geschäft, das mit allen Mitteln der Psychologie wie der Warenästhetik arbeitet. Denn im Detail geht es jetzt um Beleuchtung, Präsentationsmöbel/Requisiten und welche originäre Ware aus dem Sortiment präsentiert wird. Wie sehr aber die Frage des Schaufensters eingebettet ist „als Trilogie von Printwerbung – Schaufenster – Visual Mechandising (im Ladeninnern)“, war dem vortragenden Atzberger besonders wichtig. Denn obwohl die meisten Leute beispielsweise die Anzeigen in den morgendlichen Zeitungen sofort wegwerfen, bleiben noch genügend, die dies zum Anlaß nehmen, in den jeweiligen Geschäften vorbeizulaufen.

 

Ob allerdings die Troika Werbung – Schaufenster – Ladeninneres mit einander verzahnt werden und wie eng sie sich ergänzen sollten oder sogar völlig fakultativ als Erweiterung oder gegeneinander abgesetzt gestaltet werden sollten, das ist eine ganz andere Frage und bedarf einer anderen Untersuchung. Fortsetzung folgt.

 

 

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