Euro Finance Week in Frankfurt

 

Notker Blechner

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - – Alle Jahre wieder trifft sich die Crème de la Crème der (europäischen) Finanzwelt im Frankfurter Congress Centrum zur Euro Finance Week. Eine Woche lang debattierten führende Bankmanager, Notenbanker und Politiker über die künftigen Herausforderungen an den Finanzmärkten. Nur ein Thema spaltete die Teilnehmer: die wachsende Regulierung.

 

Was Ende 2013 galt, gilt auch zu Beginn des Jahres 2014. Viel reden - wenig sagen: Normalerweise sind Banker Meister der Diplomatie. Doch zum Auftakt der "Euro Finance Week" warf Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen alle diplomatischen Floskeln über Bord und hielt eine regelrechte Wutrede. Die Moderatoren, die beiden Frankfurter Wirtschaftsprofessoren Reinhard Schmidt und Udo Steffens, guckten ganz verdattert.

 

Fitschen: "Too big to fail" ist Unsinn

 

Die Debatte darüber, dass manche Banken zu groß für eine Pleite seien ("too big to fail") und das Finanzsystem gefährden, könne er nicht mehr hören. "Es wird Zeit, dass wir aufhören, diesen Unsinn ständig zu wiederholen", echauffierte sich Fitschen. Größe könne auch Teil der Lösung sein, meinte der Deutsch-Banker. Er verwies indirekt auf JP Morgan, die nicht einmal durch einen sechs Milliarden Dollar teuren Handelsskandal in London ins Wanken geriet. "Glauben Sie, das Unglück in London wäre so glimpflich ausgegangen, wenn es eine schwächere Bank getroffen hätte?"

 

Das geforderte Trennbanken-System - also die Trennung von Handels- und Einlagengeschäft - lehnt Fitschen ebenso vehement ab. Einerseits sollen Banken schrumpfen, andererseits Wachstum finanzieren. Das könne nicht funktionieren- schon gar nicht nur über Einlagen und Kreditwirtschaft. Das Investmentbanking bleibe ein unverzichtbarer Bestandteil des Bankgeschäfts. "Ich bin zwar kein gelernter Investmentbanker, aber ich gehöre mittlerweile zu denen, die es am meisten verteidigen", erklärte Fitschen.

 

Schließlich attackierte der Co-Chef der Deutschen Bank auch noch die Finanztransaktionssteuer. "Die Steuer trifft die Falschen", haderte er. Deshalb müsse sie nun vom Tisch, verlangte er.

 

Wer kauft sicheres Auto, das nur 20 fährt?

 

Fitschen warnte die Politik vor weiteren Eingriffen. Mit weiteren Regulierungen schwäche sie die Banken und schade der Realwirtschaft. "Wir können das sicherste System der Welt haben, aber es funktioniert nicht, wenn es nicht wettbewerbsfähig ist", mahnte der 65-jährige Topmanager. Mit anderen Worten: "Wenn Sie ein Auto bauen, das nicht schneller als 20 fährt, ist das zwar sicher, aber versuchen Sie mal, das zu verkaufen."

 

Spätestens da hatte der Deutschbanker die Lacher auf seiner Seite. Rückendeckung bekam er vom Chef der DZ Bank, Wolfgang Kirsch. Die Krise und die Regulierung würden inzwischen den Blick auf das eigentliche Bankengeschäft verstellen. Die Umsetzung der Regulierung verursache Kosten, die mittlerweile den Nutzen übersteigen, kritisierte er.

 

Stresstest wird Konsolidierung der europäischen Banken beschleunigen

 

Auch wenn die Finanztransaktionssteuer und das Trennbanken-System nicht kommen, wird in den nächsten Monaten der Druck auf Europas Geldinstitute ohnehin zunehmen. Denn der Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) wird den Ausleseprozess in der Finanzbranche forcieren. Darüber waren sich die Top-Banker und Aufseher einig. "Wir habe zu viele Banken in Europa, die den Fortschritt aufhalten, weil man sie zu lange am Leben erhält", räumte Fitschen ein. Wenn durch den Test die Spreu vom Weizen getrennt werde, könne das Vertrauen in die Branche wiederhergestellt werden.

 

Die EZB wird 2014 die Bilanzen der großen Geldhäuser in Europa unter die Lupen nehmen. Die Banken müssen in einem Stresstest beweisen, dass sie die nächste Krise mit ausreichendem Kapitalpuffer überleben. Im Herbst 2014 wird dann die EZB die Aufsicht über die 125 größten Banken der Euro-Zone übernehmen.

 

Mersch plädiert für europaweit einheitliche Bankenabwicklung

 

Geht eine Bank pleite, soll sie europaweit abgewickelt werden. Der zuständige EZB-Direktor Yves Mersch verteidigte eine einheitliche europäische Lösung bei der Bankenabwicklung. Ein loses Netzwerk nationaler Abwicklungsfonds sieht er skeptisch. Als Vorbild nennt Mersch die USA, wo marode Banken aus dem Markt ausschieden, ohne das Finanzsystem zu gefährden. Seit 2008 seien dort knapp 500 Banken abgewickelt worden, ohne dass es Finanzmarktturbulenzen gegeben habe. "Davon können wir in Europa lernen."

 

Neben der Bankenregulierung und -abwicklung beschäftigten sich die Teilnehmer der "Euro Finance Week" auch mit der Krisenkommunikation, den Zukunftsmärkten in Osteuropa und anderen Schwellenländern. Darüberhinaus gab es Konferenzen zu den Immobilienmärkten und zu den in der Versicherungsbranche (Solvency 2). Zuweilen ging es zu wie bei einem kleinen Familientreffen. In den gut über ein Dutzend Konferenzen tummelten sich mitunter nur ein paar Hände voll Teilnehmer.

 

Weniger Freikarten

 

Die Organisatoren der Euro Finance Week räumten einen Rückgang der Teilnehmerzahl um zehn bis 15 Prozent ein. Es seien weniger Freikarten ausgegeben worden, erklärte Veranstalter Nader Maleki.

 

Den Abschluss der einwöchigen "Finanz-Show" bildete am Freitag die European Banking Conference in der Alten Oper. Dort durfte Deutsche-Bank-Co-Chef Fitschen seine Kritik wiederholen, während Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble der Branche mal wieder die Leviten las. Dass sich ein Großteil der Bürger nach der Finanzkrise vom Bankensektor abgewandt habe. sei nicht Schuld die Politik, meinte er. Ein bisschen Kritik müsse also schein erlaubt sein - unabhängig davon dass die Politik bei der Regulierung nicht immer alles richtig mache. Da war sie wieder, die Diplomatie, die die Branche zusammenhält.

 

 

Internet:

Euro Finance Week

http://www.malekigroup.com/de/event/16frankfurteurofinanceweek-Info.html