Wie die Stadt Frankfurt mit halbseidenen Geschäftemachern verhandelt
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das Mobilitätsdezernat verhandelt mit den Firmen, die in Frankfurt E-Scooter vermieten.
Und denen das Chaos, das eine gefühlte Mehrheit ihrer Nutzer mit diesen Vehikeln anrichtet, bislang völlig gleichgültig ist. Opfer sind vor allem Fußgänger und Behinderte, die über verkehrswidrig abgestellte Roller stolpern oder auf Gehwegen angerempelt und gelegentlich sogar gezielt verletzt werden. Die Unfälle in diesem Bereich steigen überproportional. Sind das für den Magistrat lediglich hinzunehmende Kollateralschäden einer Verkehrswende, die falsche Schwerpunkte setzt?
Hauptsache ist anscheinend, dass die Kasse der Betreiber stimmt. Sei es durch die Einnahmen aus der Vermietung der Roller, sei es durch den Verkauf personenbezogener Daten (der Fahrpreis wird per Karte bezahlt!). Hinter den Vermietern stehen international agierende Hedgefonds, die sich, wie in dieser Branche üblich, auch aus halbseidenen bis kriminellen Quellen finanzieren. Mit Vertretern solcher Unternehmen befindet man sich also in „sehr konstruktiven und kooperativen“ Gesprächen, wie es der Referent des Dezernenten formulierte.
Stadtrat Stefan Majer (Grüne) hat zwar das vergiftete Erbe seines sozialdemokratischen Vorgängers Klaus Oesterling angetreten (der die E-Roller-Invasion hätte abwenden können), aber eine echte Kehrtwende vermissen lässt. So wie im anderen Fall Planungsdezernent Mike Josef (SPD) in die Fußstapfen von Olaf Cunitz (Grüne) getreten ist, der Frankfurt endgültig zu einer Spielwiese für Immobilienspekulanten machen wollte, was Josef offensichtlich nicht korrigieren will.
Angesichts solcher Verwicklungen ist es höchste Zeit, dass Politiker endlich ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass längst nicht alles, was machbar erscheint, auch gesellschaftlich vernünftig und notwendig ist. Ganz zu schweigen von wirklich nachhaltiger Verkehrspolitik, die den Verantwortlichen fremd geblieben scheint. Die elektrischen Roller, vom ehemaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer als Fortbewegungsmittel für die letzte Meile propagiert (die man der Gesundheit wegen lieber zu Fuß zurücklegen sollte), ist ein typisches Beispiel für ein herbeigeredetes Konsumverlangen.
Bislang hat man E-Scooter-Anbietern in Frankfurt großzügig die Gebühren für eine Sondernutzung von öffentlichen Wegen und Plätzen erlassen, die andere Gewerbetreibende, sogar gemeinnützige Vereine, zu zahlen haben. Da stellt sich ohnehin die Frage, inwieweit das eine Vorteilsgewährung durch Amtspersonen war, also Korruption. Und wie man eine solche Infragestellung der Rechtsordnung künftig von vornherein ausschließen kann. Oder will man die alten Verfehlungen lediglich neu und verharmlosend etikettieren?
Foto:
Typischer E-Scooter-Parkplatz in der Großstadt
© M-RG