Plagiarius Erster Preis 2023 1 22 2Was Jahr für Jahr wie eine ewige Leier daherkommt ist leider lässliche Realität eines wirtschaftlichen Untergrunds

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Hinterlist eingeschlossen. Denn diesmal ist es, was den Ersten Preis angeht – von drei Hauptpreisen plus drei Sonderpreisen -, kein elaboriertes Produkt eines Hochtechnologie-Segments, sondern das im Grunde schlichte, aber nichtsdestoweniger mit äußerstem Bedacht entwickelte modulare Wandregal-System „Link“ des Studios Hausen / vertreten mit Jörg Höltje, Hamburg.


Gerade ein Produkt, dessen Preis sich auf 380 Euro beläuft lädt, abgesehen von seiner Funktion, dazu ein das Fälschungsprodukt mit immerhin 180 Euro zu unterbieten. Das Originalregal ist fein säuberlich entwickelt und ausgefertigt und wird aus FSC-zertifiziertem Massivholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft angeboten. Bei all dem ist zu bedenken, dass ein sorgfältig entwickeltes neues Produkt mit einer erheblichen Vorleistung verbunden ist. Der Ideenklau ist das eine, die schlechte Ausführung des Produkts das andere, das einen wirtschaftlichen Schaden mit Ärger und erheblicher Gefahr mit sich bringt. Grottenschlecht nachgemachte Produkte sind nicht nur billig, sie verwenden auch billiges Material, legen wenig Wert auf Qualität und Sozialstandards. Darüber hinaus ist ein gefälschtes Produkt mit einer erheblichen Gefahr für die Verbraucherinnenschaft verbunden.

Die Kritik seitens des Originalherstellers und der Fachwelt kommentiert zum Plagiat, dass für dieses ein tropisches Mangoholz nieder Qualität verwendet wurde und die Billig-Bügel schon verzogen seien. Geworben wird hierfür mit: „Schönes Design, für Jedermann bezahlbar“. Immerhin hat das plagiierende Unternehmen sich auf Anfrage hin einsichtig gezeigt, den Verkauf gestoppt und die Restbestände vernichtet. Auf die Entdeckungen hin erfolgt aber nicht oft eine Stellungnahme geschweige denn eine zumindest partielle Reaktion und wenigstens teilweise Einsicht.


Fälscher haben wenig zu befürchten

Nicht immer läuft des so zivil, denn in neuester Zeit anonymisiert und verdunkelt sich der Hersteller eines abgekupferten Originalprodukts im weltweiten Netz. Dies bewirkt, dass die Plattformen aufwendig aufgespürt werden müssen, wobei Konsumenten, die auf das Fast-Umsonst aus sind, sich um rechtliche und faire Handelspraxis oft bewusst nicht scheren.

In diesem Zusammenhang stellt die Pressemitteilung auf die „Generation Z ab: Die sich zwischen Klimarettung, Fast Fashion und (Fake) Luxus-Kleidung /Gadgets (Dingsda)“ bewegt. Für diese Generationenabschnitte gilt es immer schneller aufeinanderfolgend Produktneuheiten – verfügbar 24/7 zum möglichsten Umsonst-Tarif  - zu ergattern. Original, Herkunft und Qualität spielen dabei nicht die größte Rolle. Nach Angaben der jüngsten Mitteilung hat nahezu jeder dritte jugendliche Europäer (37%) zwischen 15 und 24 Jahren schon mal bewusst Fälschungen erstanden. Das entspricht lt. Europäischem Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO) mehr als einer Verdopplung in den letzten 3 Jahren. Es gibt offensichtlich eine gestiegene Akzeptanz für Fälschungen mit einer damit einhergehenden Gleichgültigkeit der üblen Sache gegenüber. Einer der Gründe sollen zunehmend auch die sogenannten „Dupe Influencer“ sein. Diese sprechen jene an, die sich leicht was einreden lassen. Die kriminalrelevanten Folgen von Kauf, Nutzung oder Folgen für die Funktion werden geflissentlich beiseitegeschoben.

Streiflicht Preise

Auf bekannte Weise kritikwürdigend erklärt sich der 3. Negativ-Hauptpreis „Mercedes-Benz Fahrzeug-Diagnose, ‚XENTRY Diagnosis‘ “. Hier dräut Gefahr bei ggf. aufspringender Motorhaube, wenn die Regelung falsch oder nicht genügend einprogrammiert ist. Ähnlich findet sich unter 3. Sonderpreis „Fälschung“, die SD-Karte (Stick-Disc) „Volkswagen Navigation AS (V16)“- Fahrzeugdiagnose -, vom polnischen Hersteller ITPROCARS, Danzig in den Markt geschmuggelt. Der Vertrieb erfolgt über seinen eBay-Shop. Auch hiermit kann Gefahr drohen, zumal wenn Konsumenten das ‚Nachgemachte‘ für ein Original halten, dieses aber womöglich keine Original-Platine enthält, die sorgsam gegen Fehlfunktion absichert. Es waren wieder drei Sonderpreise ausgeschrieben unter den Rubriken Sonderpreis „Identitätsklau“, „Faulster Serientäter“ und „Fälschung“ der SD-Karte ‚Volkswagen Navigation‘ AS (V16).

Plagiarius sucht übrigens nicht selbst nach Plagiaten, sondern wartet auf Einsendungen. Der Plagiarius wird jährlich ausgeschrieben, im Regelfall schickt der Original-Hersteller eine Anzeige ein. Die Jury wird jedes Jahr per Ausschreibung neu konfiguriert. Näheres zu diesen Angelegenheiten liefert ausführlich die Webseite www.plagiarius.com. Somit auch „Preisträger“ dieses Jahres wie auch vergangener. Für „Preisträger“ gilt das Anführungszeichen, denn der Preis ist selbstverständlich ein Negativpreis.


Der Appell zur Brechung der Tendenz zum Plagiieren war unverkennbar

Während der diesjährigen Vorstellung der Plagiarius-Negativpreise stach heraus, dass die Aktion Plagiarius e.V. ein öffentliches Sensibilisieren in Schulen und ein konsequentes Durchgreifen gegen Fälscher deutlicher anmahnt. Denn Fälschungen stellen eine massive Gefahr für Wirtschaft und Verbraucher dar. Der unumgängliche Sicherheitsaspekt muss sich in den Köpfen von Jugendlichen und gestandenen Verbrauchern endlich festsetzen. Zoll und Interpol konfiszieren alljährlich Produkte miesester Qualität und gefährlicher Machart. So wurden 2021 laut EUIPO und Europäischer Kommission ca. 86 Millionen gefälschte Waren beschlagnahmt. Das bedeutete einen Anstieg von 31% im Verhältnis zu 2020. Der Fälschungshandel beläuft sich für 2019 auf immerhin 412 Mill. Euro, was 2,5 Prozent des Welthandels entspricht.

Es handele sich dabei etwa um verunreinigte Parfums und Kosmetika, um technische Produkte mit mangelhafter Elektronik, fehlerhaftes oder schadstoffreiches Kinderspielzeug, falsch oder gar nicht dosierte Medikamente. Nicht zu unterschätzen sei die Gefahr für Bediener von Maschinen und Anlagen und Gefahren für den sicheren Betrieb der Anlagen.


Weitere Informationen bietet die Website-Site der Aktion Plagiarius e.V.

Es wurden drei Hauptpreise und drei Sonderpreise ‚vergeben‘. In den Abbildungen befinden sich die Originale links bzw. oben, die Fälschungen rechts bzw. unten.

Die Verleihung ist sozusagen ein alljährliches Event für die Presse und für das allgemeine Publikum, wenn es beim Zeitunglesen auf die nur knapp gehaltenen Meldungen in Bezug auf Fälschungen des abgelaufenen Jahres stößt. Die Veranstaltung hat den nicht abstumpfenden Reiz, neben Sherlock Holmes den Dunstkreis einer uralten menschlichen Verbrechensart auszuleuchten. Und zwar jenseits der Bild-Zeitung.

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Info:

www.plagiarius.com