saalNegativpreis „Plagiarius“ rückt Ausmaß, Schäden und Hintergründe von Fälschungen in den öffentlichen Fokus, Teil 1

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Eigentlich wird es höchste Zeit, wieder einmal über das Entstehen des Plagiarius-Preises zu berichten. So lange ist es her, daß die Idee dazu entstand, was von heute her sehr vorausschauend war, denn heute ist die Produktpiraterie, nett ausgedrückt, also die gemeine, hinterlistige und kriminelle Tatsache, das, was andere erfunden und produziert haben, nachzumachen, nachzugestalten und damit die Erfindunges- und Entwicklungskosten zu sparen, mit einem Wort zu betrügen, um selbst einen Reibbach zu machen, der nur denen zusteht, die die Produkte erfunden und produziert haben. Die Produkt- und Markenpiraterie bedeutet also eine massive Gefahr für Wirtschaft, Umwelt und Verbraucher!

leitungDer Handel mit Billigprodukten und Plagiaten boomt: Allein 2024 erreichten 4 Milliarden zollfrei deklarierte Pakete aus Drittstaaten die EU. Über 85% der Produkte von Online-Plattformen wie Temu, Shein und Alibaba verstoßen gegen EU-Sicherheitsstandards und -Vorschriften. Die Zahl der von EU Behörden beschlagnahmten Fälschungen ist 2023 massiv gestiegen. Der Erfolg von Billigprodukten basiert auf Akzeptanz und hoher Nachfrage. Und auf mangelnder Kontrolle und Sanktionierung, sowohl der Anbieter, als auch der Plattformbetreiber, die das Anbieten nicht ausreichend unterbinden. Der Handlungsbedarf ist immens. Europäische Wirtschafts- und Handelsverbände fordern von der Politik schnelles Handeln und eine konsequente Durchsetzung der EU-Standards, auch gegen Händler aus
Drittstaaten. Zum Schutz der Verbraucher und zur Wiederherstellung eines fairen Wettbewerbs.
Wachstum, Wohlstand und Jobs gründen auf innovativen, nachhaltigen, sicheren Produkten. 

Plagiarius: Gegen dreisten Innovationsklau - Für fairen Wettbewerb und kreative Vielfalt 

Die Aktion Plagiarius hat am 07. Februar 2025 zum 49. Mal ihren gefürchteten Negativpreis „Plagiarius“ an Hersteller und Händler besonders dreister Plagiate und Fälschungen verliehen. Unter den Preisträgern sind erneut auch Plattformbetreiber, die trotz Kenntnis eingetragener Schutzrechte wiederholt rechtsverletzende Uploads zulassen. Die Preisverleihung fand im Rahmen einer Pressekonferenz auf der Frankfurter Konsumgütermesse „Ambiente“ statt. Bevor die jährlich wechselnde Jury die Preisträger auswählt, erhalten alle Nominierten die Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Auszeichnung mit dem Negativpreis sagt nichts darüber aus, ob ein nachgeahmtes Produkt im rechtlichen Sinne zulässig oder rechtswidrig ist. Die Aktion Plagiarius kann kein Recht sprechen. Sie darf aber die Meinung äußern, dass plumpe 1:1 Nachahmungen, die dem Originalprodukt bewusst täuschend ähnlich sehen, rücksichtslos und moralisch verwerflich sind und zu Stillstand statt zu Fortschritt und Vielfalt führen.


Ziel: Bewusstsein schaffen für Schäden und Risiken und zum Umdenken anregen

Ziel der Aktion Plagiarius ist es, die Innovationskraft und das geistige Eigentum von Unternehmen und Kreativen zu schützen. Dafür rückt sie die skrupellosen Geschäftsmethoden von Fälschern ins öffentliche Bewusstsein und sensibilisiert Industrie, Politik und Verbraucher praxisnah für die Problematik. Anhand der Plagiatsfälle betroffener Firmen beleuchtet der Verein Schäden und Hintergründe sowie  unterschiedliche Facetten und Erscheinungsformen von Produkt- und Markenpiraterie. Trophäe des Schmähpreises ist ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase. Letztere symbolisiert die immensen Profite,die ideenlose Nachahmer auf Kosten von Kreativwirtschaft und Industrie erzielen.

sieHohe Akzeptanz und Nachfrage: Flut von ungeprüften Billigartikeln schwächt legalen Handel 

Im Jahr 2023 wurden an den EU-Außengrenzen und im EU-Binnenmarkt insgesamt mehr als 152 Millionen gefälschte Artikel mit einem geschätzten Wert von etwa 3,4 Milliarden Euro beschlagnahmt, so die Europäische Kommission und das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO).
Das entspricht einem Anstieg in 2023 gegenüber 2022 von 77% bei der Anzahl der Waren (2022: 86 Mio.) und einem Anstieg von 68% des geschätzten Gesamtwerts (2022: 2 Mrd. EUR). Und das sind nur die nachweislichen Aufgriffe von Zoll- und Polizeibehörden, die Dunkelziffer ist deutlich höher. 


Innovationen sind keine Selbstverständlichkeit. Sie verdienen Respekt und Schutz. 

Ob attraktives Produktdesign oder innovative technische Lösung, ob Film, Musik, Mode oder Kunst. Alles keine Selbstverständlichkeit. In jedem Originalprodukt steckt neben Kreativität und technischem Know-how auch Mut, denn Kreativschaffende und Markenhersteller gehen finanziell in Vorleistung. Dieses unternehmerische Risiko muss sich lohnen. Der Schutz innovativer Produkte vor Nachahmung ist elementar.


vorneKreislaufwirtschaft vs. Wegwerfmentalität – Fälschungen haben einen hohen Preis

Markenhersteller übernehmen Verantwortung. Für Ihre Mitarbeiter und Kunden ebenso wie für die Umwelt. Sie produzieren sichere, langlebige Produkte und zahlen faire Löhne. Sie optimieren ihre Prozesse und reduzieren ihren Ressourcenverbrauch und ihre CO2-Emissionen. Und sie suchen nachhaltige Lösungen, um Materialien und Produkte so lang wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten. 

Der Kontrast zu Fälschungen und Billigprodukten könnte größer nicht sein: Unter ethisch fragwürdigen Bedingungen lassen einfallslose Trittbrettfahrer und internationale Fälscherbanden kurzlebige, teils gefährliche Nachahmungen herstellen. Und das ohne Rücksicht auf Menschenrechte oder geltende Sicherheits- und Umweltstandards. Billigprodukte aus Fernost verursachen bei der Herstellung sowie beim Transport in die EU hohe Schadstoffemissionen, nur um binnen kurzer Zeit im europäischen Müll zu landen. Ein unnötiger Ressourcenverbrauch und eine vermeidbare Belastung der Umwelt.


Kein Kavaliersdelikt: Wenn Feuermelder kein Feuer melden

Ein Großteil der Fälschungen und Billigprodukte sind aus minderwertigen Materialien gefertigt, schlecht verarbeitet und haben nie eine Qualitätskontrolle durchlaufen. Die Risiken sollten nicht unterschätzt werden: (brand-)gefährliche Elektronik, mangelhafte Funktionalität, zu hohe Schadstoffbelastungen und Verletzungsgefahren. Gleiches Aussehen von Original und Plagiat bedeutet mitnichten die gleiche Qualität und Sicherheit. Neben Sicherheitsmängeln kommt es bei Sendungen aus Drittländern auch zu formalen Defiziten. Häufig fehlt z.B. eine CE-Kennzeichnung oder die gesetzliche vorgeschriebene Angabe eines Vertreters in der EU oder eine Bedienungsanleitung in der Landessprache des Empfängers.


Mit Marke, Patent und Design geistiges Eigentum erfolgreich schützen und durchsetzen 

In Ihrer Rede betont auch die diesjährige Laudatorin, Dr. Maria Skottke-Klein, Vizepräsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts: „Produkt- und Markenpiraterie schadet unserer Wirtschaft, kostet viele Arbeitsplätze und gefährdet Sicherheit und Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Wer gefälschte Waren kauft, unterstützt so oft unbewusst organisierte Kriminalität und damit schwere Straftaten. Als Deutsches Patent- und Markenamt schaffen wir Bewusstsein für das Problem, unterstützen betroffene Rechteinhaber und treten in Zusammenarbeit mit unseren Partnern international dafür ein, dass Unternehmen ihre eingetragenen Schutzrechte auch durchsetzen können.“


Wettbewerbsverzerrung und Verbrauchergefährdung

Wettbewerb belebt das Geschäft und reguliert Märkte. Jetzt aber ist das System in Schieflage geraten. Händler auf Temu, Shein, Alibaba & Co. locken Verbraucher mit unlauteren Dumpingpreisen, manipulativem Design und aggressiver Werbung. Während europäische Hersteller und Händler regelmäßig hinsichtlich der Einhaltung der strengen EU-Sicherheits- und Umweltstandards kontrolliert werden, überfluten Händler und Plattformbetreiber aus Drittstaaten den europäischen Markt mit oftmals ungeprüften, falsch deklarierten und nicht EU-konformen Billigartikeln. Darunter auch Plagiate und Fälschungen.

Aktuelle Stichproben vom deutschen Zoll und von europäischen Marktaufsichtsbehörden offenbaren, dass mehr als 85% aller Produkte von chinesischen Marktplätzen mangelhaft sind und gegen europäisches Recht verstoßen. Heißt im Klartext: Ein Großteil dieser Billigwaren müsste zum Schutz der Verbei der Einfuhr beschlagnahmt und aus dem Verkehr gezogen werden. Das ist angesichts der schieren Massen schwierig.

Europäische Wirtschafts- und Handelsverbände fordern nun von der Politik schnelles Handeln und die braucher sowie der EU Hersteller und Händler bereits konsequente Durchsetzung des Digital Services Act (DSA) sowie europäischer Standards hinsichtlich Produktsicherheit, Umwelt- und Verbraucherschutz. Und das insbesondere auch gegenüber Plattformen und Handelsunternehmen aus Drittstaaten. Zu den dringendsten Forderungen gehören eine zeitnahe Abschaffung der Zollfreigrenze von 150 Euro sowie strengere Anforderungen an die Benennung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vertreters in der EU – Letzterer muss tatsächlich greifbar sein und haftbar gemacht werden können. Zudem fordern sie eine bessere personelle und digitale Ausstattung der Zoll- und Marktüberwachungsbehörden, damit Pakete bei der Einfuhr intensiver kontrolliert und Verstöße konsequent sanktioniert werden können. Ein erstes positives Signal hat die deutsche Bundesregierung jüngst Ende Januar 2025 mit der Verabschiedung des „Aktionsplan E-Commerce“ gesendet.


Mehr Prävention und Sanktionierung von Verletzern

Nachdem die Europäische Kommission 2024 Nachweise für die Einhaltung des Digital Services Act eingefordert hat, haben Plattformbetreiber ihre Anstrengungen im Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie intensiviert. Nichtsdestotrotz sehen sich Unternehmen weiter massiv mit Nachahmungen konfrontiert. Das permanente Aufspüren und Melden rechtsverletzender Produkte kostet viel Zeit und Geld. 

Einstimmig kritisieren Betroffenene die Tatsache, dass ein wiederholter Upload rechtsverletzender Angebote problemlos möglich ist – und das trotz Kenntnis der eingetragenen gewerblichen Schutzrechte, und trotz eines bereits erfolgten Take-downs, also einer Löschung, eines fast identischen Angebots. Ein weiteres Problem sind fehlende oder falsche Kontaktdaten des Verkäufers und/oder des Vertreters in der EU. Oft ist unklar, wer Vertragspartner des Käufers ist. Die Einhaltung der AGB wird von Plattformbetreibern anscheinend nur nachlässig überprüft, Verstöße haben kaum Konsequenzen. Den Versprechen müssen Taten folgen: Mehr Prävention, mehr Kontrollen, mehr Sanktionen gegen Verletzer.


Seelenlose Blender sind weder Statussymbol noch Schnäppchen

Wer nicht Opfer von Betrügern werden möchte, sollte insbesondere online und auf Social Media Angebote und Anbieter sorgfältig prüfen: Gibt es ein Impressum? Wie sehen die Zahlungs- und  Widerrufbedingungen aus? Vorsicht z.B. bei „nur Vorkasse“. Gibt es Warnungen in Kundenbewertungen? Der „Fakeshop-Finder“ der Verbraucherzentrale listet gesperrte Webseiten. Prüfsiegel müssen verlinkt sein. Niemals blind falschen Vorbildern wie Dupe Influencern vertrauen. Und: Ist der Preis zu schön, um wahr zu sein? Dann nicht „Kaufen“ klicken, sondern nach legalen, sicheren Alternativen suchen. Das ist nachhaltig und authentisch.


Politik, Wirtschaft und Verbraucher in der Verantwortung

Um die Flut von Fälschungen und gefährlichen Produkten in der EU einzudämmen und einen fairen globalen Handel zu gewährleisten, müssen Politik, Wirtschaft und Verbraucher an einem Strang ziehen.
Fakt ist, ohne Nachfrage wäre das Geschäftsmodell der Fälscher und Billiganbieter obsolet. Es liegt in der Verantwortung aller Markteilnehmenden sich für bewussten, nachhaltigen Konsum zu entscheiden
und so Kreativschaffende, Markenhersteller und den legalen Handel zu stärken.


Plagiarius-Preisträger 2025 ab 14. Februar im Museum Plagiarius, und bei externen Ausstellungen 

Das Museum Plagiarius in Solingen zeigt in seiner einzigartigen Ausstellung mehr als 350 Plagiarius-
Preisträger der unterschiedlichsten Branchen - jeweils Originalprodukt und Plagiat im direkten Vergleich. In Führungen werden Fakten und Hintergründe vermittelt. Exponate können zudem bei der Aktion Plagiarius für individuelle externe Ausstellungen gebucht werden – ebenso wie Vorträge für unterschiedlichste Zielgruppen.

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