LAND & GENUSS. Natur, Garten und Lebensart auf der Frankfurter Messe, 26. 2. - 1.3., Teil 4

 

Rebecca von der Wien

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Natürlich gäbe es hier auf den beiden Ebenen in Halle 1 noch sehr viel zu berichten, denn Wurst ist nicht Wurst und erst recht kann man die Weine kaum vergleichen und diese angenehme Mischung von Regionalem, Nationalem und Europäischem wäre vieler Worte wert.

 

Das aber sollen sich die Besucher selber gönnen, wobei die vielen Naschproben sicherstellen, daß man mit vollem Bauch von dannen geht, denn sie sind zwar klein, die Pröbchen, dafür aber gibt’s an diesem Stand 42 Probiergläser - solche Aussteller gibt es auf dieser Genußmesse reihenweise. Auch die Besonderheiten wie den Kittenkäs, wie man in Wien sagt, was nichts anderes ist als Quittenbrot auf Hochdeutsch. Aha, diese wohlschmeckenden, wenngleich klitzekleinen Proben, die sind aus der „Melasse“ gemacht, also der Masse, die zurückbleibt, wenn man das Quittengelee abgeseiht hat. Die Masse wird dann getrocknet, was länger dauert. In Wien allerdings wird die gesamte Quitte eingekocht und getrocknet, was dann noch intensiver schmeckt. Aber auch so ist das eine himmlische Beigabe zu Käse beispielsweise, aber ehrlich gesagt, schmeckt es auch für sich gut.

 

Und so kommen wir doch wieder ins Erzählen. Dabei wollten wir uns auf etwas ganz anderes beschränken, was wir doch bei der DLG am Stand sahen und mitnahmen. Eine ganze Reihe von Heften, die sich alle mit Lebensmitteln unter verschiedenen Fragestellungen beschäftigen. Hängengeblieben sind wir erst einmal am Nachhaltigkeitsbericht. Das Wort mag man ja schon kaum mehr hören, so oft wird es ausgesprochen, aber die Sache selbst ist höchst wichtig und muß jedesmal von Neuem überprüft werden.Unsere Broschüre heißt DLG-Nachhaltigkeitsbericht 2015 und schon zum Vorwort begrüßt uns deren Präsident Carl-Albrecht Bartmer, der ja die Messe eröffnet hatte, uns auf dem Foto anlacht und just das selbe Jackett trägt wie zur Eröffnung, farbenfreudig und gedeckt in einem, so gesprenkelt senffarben. Allerdings fehlt hier die Weste, aber er trägt auf dem Foto dasselbe blau-weiß gestreifte Hemd und eine Krawatte, die kühn auf grünem Hintergrund ebenfalls senffarbene kleine Embleme zeigt. Spätestens jetzt wissen Sie, daß hier eine Frau schreibt. So etwas fällt Männern einfach nicht auf, bemerkten wir schon nach der Eröffnung, als wir einen Kollegen zur Kleiderauswahl befragten.

 

Im Vorwort geht es um nachhaltiges Wirtschaften, was man auch auf die natürlichen Ressourcen der Erde in der Landwirtschaft bezieht. Gerade Ackerbau und Tierhaltung muß deshalb von den Überlegungen zur Nachhaltigkeit geprägt sein. In Deutschland ist mehr als die Hälfte der Landesfläche durch Landwirtschaft und ihre Böden bewirtschaftet. Das erstaunt erst einmal, denn beim Fahren auf der Autobahn durch deutsche Lande sieht man zwar die unendlichen Waldflächen Deutschlands, aber weniger das Acker- und Viehland. Der vorliegende Bericht wurde von einer Arbeitsgruppe erarbeitet, die Fachleute vereint, die auch aus der Wissenschaft oder Marktforschung kommen.

 

Gut lesbar abgesetzt, sind wir erst einmal mit den 16 Millionen Hektar Nutzfläche beschäftigt. Die Frankfurter Messe gibt ja ihre Belegzahlen gerne mit der Anzahl von Fußballfelder wieder. Aber das ginge hier ins Unermeßliche. Wenn wir dann lesen, 74 Hektar Landverlust pro Tag durch Zersiedlung, dann müssen wir nachfragen, denn damit ist ja wohl nicht das Ausweisen von Wohngebieten zum Wohnungsbau gemeint – oder doch. In Frankfurt eine wichtiges Diskussion, weil ernstgemeint, erst einmal die Idee da war, alle Landwirtschaft außerhalb der Stadtgrenzen anzusiedeln und auf dem Stadtgebiet nur Wohnungen zu bauen. Davon sind alle herunter, weil Wohnungsbau nur auf schon versiegelten Flächen vorangetrieben werden soll. Das Ackerland aber erhalten bleibt. Tatsächlich sind die 74 ha pro Tag so zu verstehen, daß dies die Größe ist, die jeden Tag in Deutschland versiegelt wird, also der landwirtschaftlichen Bebauungsfläche entzogen wird. Und das kann man wiederum in Fußballfeldern wiedergeben: es sind etwa 100. Und das jeden Tag.

 

Aber zurück: in der deutschen Landwirtschaft gibt es eine Million Beschäftigte in 285 000 Betrieben und der von ihnen jährlich erarbeitete Produktionswert in Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei beträgt 54 Milliarden Euro. Jeder achte Beschäftigte ist im Sektor Landwirtschaft tätig und alle zusammen tragen zu sechs Prozent zur Wirtschaftsleistung Deutschlands bei, womit man zum viertgrößten Wirtschaftszweig wird.

 

So weit die grundlegenden Zahlen, zu denen die Forderungen gehören, die heute an die Landwirtschaft gestellt sind, Ressourcen und Umwelt zu schonen, Tierschutz ernstzunehmen. Die Frage stellt sich immer nach dem Selbstversorgungsgrad, das was die Nazis einst als autark zu hundert Prozent erreichen wollten. Heute könnte die deutsche Landwirtschaft den Eigenbedarf der Deutschen zu mehr als vier Fünftel abdecken, genau wäre der 'Selbstversorgungsrad' 85 Prozent, womit im europäischen Raum die Bundesrepublik die viertgrößte Position einnimmt, was ihr nur aufgrund von Milch- und Schweinefleischerzeugung gelingt. Aber natürlich bedient man gerne den Export in die Welt, weshalb Deutschland heute bei den Exporten nach den USA und den Niederlanden Platz 3 vor Frankreich einnimmt. Das überrascht. Denn wir beispielsweise hatten nicht mitbekommen, daß die deutschen Agrarausfuhren sich im Vergleich zu 1990 mehr als verdreifacht haben. Da allerdings wüßten wir gerne, wie zuvor BRD und DDR berechnet wurden. Heute auf jeden Fall kommt ein Viertel der Verkaufserlöse aus dem Export.

 

Daß die Deutschen im Weltagrarhandel bei den Einfuhren den zweiten Platz belegen, überrascht weniger, denn es gibt in unseren Geschäften heute Lebensmittel wirklich alle aus aller Welt zu kaufen, seien sie frisch oder abgepackt. Und wir sind mitten drinnen in den Fragen, die uns in einem weiteren Artikel beschäftigen werden. Fortsetzung folgt also.