Der 11. Seniorentag vom 2. bis 4. Juli auf dem Frankfurter Messegelände, Teil 4

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Schon um 9.30 Uhr hatte Familienministerin Manuela Schwesig (im Bild) zusammen mit Ursula Lehr die Messe eröffnet und die Preisverleihung zum Karikaturenwettbewerb SCHLUSS MIT LUSTIG? vorgenommen. Man muß also zwischen dem Seniorentag, der in den Räumen des Congress-Centers stattfindet, und der Messe in Halle 5 unterscheiden.

 

Das Programm des Seniorentages umfaßte Veranstaltungen, die über die erwarteten wie: „Länger gesund im Alter – aber wie? Potenziale in Kommunen aktivieren!“ hinaus, auch solche wie „DARF ICH BITTEN? Effekte des Tanzens auf die geistige Fitneß“ umfaßt. Aber auch „LEBEN KÖNNEN. STERBEN DÜRFEN. AltersHospizarbeit für ein gutes Leben bis zuletzt“ ist ein Programmpunkt.

 

Die Messe in Halle 5 umfaßt eigentlich alles, was im wirklichen Leben eine Rolle spielt. Man kann sich beim Rundgang einerseits daran orientieren, was speziell für die Presse an Neuheiten und an Dienstleistungen in schriftlichen Informationen aufgeführt ist. Viele Blätter lang! Interessanter ist es aber, einfach daraufloszumarschieren und sich selbst ein Bild zu machen. Da fällt zuerst die von Anfang an muntere Stimmung auf. Gelegentlich hört man auch selbstironische Floskeln der oft gemeinsam gekommenen Paare: „Schau, Schatz, alles für Dich!“, wenn der Blick auf den Rollator oder das Abnehm- und Fitneßprogramm fällt. Der Informations- und Wissensbedarf ist enorm und die gutgelaunten Senioren treffen auf interessierte Aussteller, die nicht nur ihre Produkte vorstellen, sondern in den Messebesuchern gerne auch zukünftige, durchaus zahlungskräftige Kunden begrüßen.

 

Wir landen erst einmal beim Bundesverband Gedächtnistraining e.V. Deutsche Alzheimer Gesellschaft, wo ein großes Plakat auffordert: „Bilden Sie aus den Buchstaben des Worts SENIORENTAG neue sinnvolle Worte.“ Während wir erst einmal, das gibt es nämlich auch, versuchen, aus dem Wort Seniorentag, neue sinnvolle Begriffe zu finden, was nicht sofort gelingt, merken wir immerhin schnell, daß von uns etwas ganz anders gefordert ist. „genauer lesen“, ist die erste Erkenntnis und Forderung an einen selbst. Dann nämlich erkennt man sofort: Das ist leicht, superleicht, eigentlich Kindergarten und Erste Klasse und die Vorgänger haben an der Schreibwand schon viele Worte zu den untereinanderstehenden Buchstaben aus dem Begriff Seniorentag notiert. Da nun ist es interessant, was den Schreiblustigen zuerst ein- und auffiel.

 

Das Anfangs-S hat die meisten Worte: Sonne, Segen, Sinn, Sonntag, Stier, Steine, Sirenen.... Bei E heißt es: eng, Eros; das N bringt Not und Niere; I wird mit Ire und Irren bedient; bei O lesen wir Ost und Orient, bei R Rosen und Reste, T verleitet zu Tor und Tante, A motiviert zu agieren und Affe, G dann gleich zu Gen, Garten, Gast. Auf Gott oder auch Göttin kam niemand. Aber wo sind denn die Buchstaben E und N abgeblieben? Von uns unbeabsichtigt einfach unterschlagen. Doch, so was macht gleich Spaß, wie das Wortefinden, ist aber nur der Auftakt zu richtigen Gedächtnisübungen, die gar nicht nur mental verstanden werden, sondern auch die Hände miteinschließen, wenn aus Teilen, die herumliegen,eine Handlungsaufforderung folgt: „Bitte legen Sie aus den einzelnen Teilen ein Herz zusammen...“, wobei uns einfällt, „ein hoffentlich gesundes Herz“, denn das Herz gehört zu den besonders gefährdeten Organen im Alter.

 

Wie lange wir uns an diesen Ständen aufgehalten haben, darf man gar nicht erzählen. Aber 224 Stände legen leider auch nahe, daß man nicht jeden und schon gar nicht jeden mit der gleichen Aufmerksamkeit besuchen kann. Daß diese tollen Sessel, in denen es rüttelt und schüttelt und der eigene Körper danach ein Jungbrunnen sein soll, daß also diese tollen Sessel hier dabei sind, haben wir uns eh gedacht. Daß aber für jeden, der es braucht, ein Rollator zur Verfügung steht, das zeigt, was sich an Service geändert hat. Nein, mitnehmen soll man den nicht, den Rollator, kein Geschenk, sondern eine spezielle Fürsorge bei dieser Messe. Ach, und dort gibt es Dreiräder, aber dieses Mal nicht für die Dreijährigen, sondern für die Alten, die sich nicht mehr auf das Zweirad trauen. Keine schlechte Idee. Und auch was wert, zumindest, wenn man den Anschaffungspreis anschaut: ab 1500 Euro sind Sie dabei. Das war für die Kleinen deutlich billiger, das Dreirad. Aber Senioren verfügen auch über mehr Geld als die Kleinen, mal ganz abgesehen davon, daß die großen Dreiräder wesentlich komfortabler sind.

 

Und weil die Senioren Geld haben, wenn man von der Altersarmut absieht, fallen einem die Reiseveranstalter besonders auf. Die meisten kümmern sich schon deshalb um das Reisen, da auf diesem Markt das meiste Geld ausgegeben wird. Und wenn es so heißt, Senioren haben Zeit und haben Geld, kommt schnell das Vorurteil vom luxuriösen Seniorendasein auf den Kreuzfahrten ins Spiel. Gibt es auch. Aber die Mehrheit hütet zu Hause die Kinder der Kinder, vor allem, wenn die Kita bestreikt wird. Aber auch innerhalb des Reiseangebotes gibt es sehr Unterschiedliches. Das Aktivsein wird in all den Reisen betont, die vom Wandern, vom Fahrradfahren, von körperlichen Aktivitäten handeln.

 

Die größte Rolle jedoch spielt die Gesundheit. Auch bei den Reisen, die aber nicht so organisiert ablaufen, sondern wo das herkömmliche Kuren neue Formen findet. Noch stärker denkt man, wird die Gesundheit allerdings mit Mitteln gefördert, bzw. dem Altern mit Mittelchen begegnet. Zum großen Teil sind diese pflanzlicher Natur, aber auch die Gesundheitsindustrie schlägt zu. Und dann kommt über das Körperliche durch Fitneß und Medizin noch das Mentale hinzu. Es gibt so viele Angebote, den Geist entweder zu trainieren oder baumeln zu lassen, daß man hier nur zugreifen muß.

 

Zupacken ist das Motto derer, die das Altern mit mehr Zeit zu neuen Gelegenheiten umschreiben. Wie sagte Ursula Lehr: „Auch die zukünftigen Senioren von morgen und übermorgen“ können hier was lernen.

 

 

P.S.

Extra darauf hinweisen wollen wir, daß auch diejenigen, die die angesichts der Hitze ohnmächtig gewordene Oma oder die Verwundeten bei Verkehrsunfällen, also alle verdienstvollen Hilfsorganisationen, hier ihre Stände haben. Über die zu berichten und was sie von ihrem Alltag erzählen, wird eine andere Geschichte.

 

Und daß wir vom RAUM DER STILLE Gebrauch machten, lag eindeutig am Wuseln und gar nicht rentnergemäßem Treiben auf der Messe. Dort trafen wir nicht Besucher, sondern Personal von den Ausstellungsständen. Von denen mehr zu erfahren, verbot aber der Ort: Stille ist Stille.