iris normaVincenzo Bellinis Oper wurde in "Oper Extra" an der Frankfurter Oper vorgestellt

Iris G. Schmidt

Friedrichsdorf (Weltexpresso) - "Singen ist nicht nur ein dramatisches Mittel, sondern eine magische Kraft" (David Kimbell) Dieser Satz des genannten Wissenschaftlers beschreibt ein Spezifikum, das an der Norma , dem unumstrittenen Meisterwerk Vicenzo Bellinis, ständig wieder neu fasziniert. Es ist zu beobachten, dass seit der Uraufführung 1831 an der Mailänder Scala sich die Aufführungstradition im Laufe der Jahre immer wieder geändert hat.

Albert Einstein urteilte, jemand, der aus einer Aufführung von Norma kommt und nicht bis zum Überfließen erfüllt ist mit den letzten Seiten dieses Aktes, weiß nicht, was Musik ist!"

In diesem Sinne präsentierte die Oper Frankfurt im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Oper extra" am 27. Mai 2018 zusammen mit erneut großzügiger Unterstützung des Frankfurter Patronatsvereins e.V. - Sektion Oper, das von Vincenzo Bellini geschaffene Werk "Norma" im Holzfoyer unter brillianter Mitwirkung der am 10. Juni zur Premiere und in nachfolgenden Aufführungen auftretenden Originalbesetzung.

Konrad Kuhn, dessen Aufgabenbereich u.a. Dramaturgie & Moderation umfasst, führte mit entsprechender Kompetenz, einer großen Portion Charme und Leichtigkeit durch den äußerst interessanten Vormittag. In entspannter Atmosphäre entlockte er, gleich mehrsprachig übersetzend, den Akteuren so manche persönliche, teils auch recht humorvolle Bühnenerfahrung und Einschätzung der bevorstehenden Spielzeit zu "Norma" selbst. Die Interpretationen einzelner Ausschnitte, ob im Duett oder Terzett aus dem Repertoire der Oper gesungen, wurden vom Publikum mit stürmischer Begeisterung honoriert. Auszüge aus der Handlung der Oper wurden ebenfalls lebhaft diskutiert.

Um die Figur der "Norma" in ihren verschiedenartigsten Facetten und extrem emotionalen Gefühlszuständen verkörpern zu können, ist ein äußerst hohes Potential an Wandlungsfähigkeit, überwältigender Ausstrahlungskraft und anspruchsvoller Stimmgewalt erforderlich. Mit der Besetzung dieser Rolle ist die Sopranistin Elza van den Heever, ehemaliges Ensemblemitglied der Oper Frankfurt und eine der herausragendsten Sängerinnen ihrer Generation, mit entsprechend künstlerischem Niveau, die perfekte Besetzung der Norma. Die sympathische und humorvolle Elza van den Heever überzeugte mit ihrer vielseitig dargebrachten Kostprobe ihres äußerst anspruchsvollen Parts der "Norma" ihrer Darstellungskunst und natürlich einer Stimme, der man nur als "out of this World" andächtig zuhören konnte. Felice Venanzoni's gefühlvolle Begleitung am Klavier hätte durch niemanden überboten werden können.

Moderator Konrad Kuhn hätte gern den leider durch unaufschiebbare Termine nicht anwesenden Regisseur Christof Loy an seiner Seite gehabt, um ihn selbst über die Hauptmerkmale seiner ausgesprochen als Glücksgriff zu bezeichnenden Regie für Norma berichten zu lassen.

Norma, auch als "Divenoper" gehandelt, ist aber eher als Oper mit enzyklopädischem Charakter zu bezeichnen, aufgrund der Spannbreite des geschichtlichen und ergreifend schicksalsträchtigen Ursprungs. Vicenzo Bellini hat seinerzeit zusammen mit Felice Romani eines seiner bedeutendsten Werke "Norma" kreiert. Felice Romani verfügte über einen umfassend gebildeten Geist gepaart mit schöpferischem Ideenreichtum; er hat ein aus Frankreich begonnenes Lexikon über die Mythen der Menschheit verfasst. Romanis sinngebende Vervollkommnung musikalischer Meisterwerke wurden vielerorts, sogar bis hin zu Giuseppe Verdi, der ein Libretto von ihm vertonte, sehr geschätzt, auch von Richard Wagner.

So die streng geheim gehaltene Verbindung der Gallierin, Widerstandskämpferin und Priesterin Norma zum römischen Erzfeind, Feldherrn und Anführer der gegnerischen Seite, namens Pollione, dem verhassten römischen Besetzer von Gallien. Keinesfalls nur als ein flüchtiges Abenteuer, schon eher als ernstzunehmende 10 Jahre andauernde Beziehung, aus der zwei Söhne hervorgingen, die ebenfalls im Geheimen, nur von Normas engster Vertrauter, Clotilde, einer Christin, betreut, aufwuchsen. Ihr bekanntes Gebet "Casta Diva" an die Mondgöttin gerichtet, aus dem 1. Akt, beinhaltet den Wunsch nach Frieden - ein Wechselspiel von Schmerz, Liebe und Sehnsucht, körperlich spürbar, ein Faszinosum sämtlicher Lebensräume. Um ihren geliebten Pollione in der bevorstehenden kriegerischen Auseinandersetzung mit den unterdrückten Galliern zu schützen, hielt Norma, zuständig für das Startsignal zum Beginn des Kampfes, dieses vorerst mutwillig zurück.

Der bereits weltweit bekannte sehr gefragte Tenor, Stefano La Colla, " debütiert hier als Pollione an der Frankfurter Oper. Er überzeugte im Rahmen der Veranstaltung "Oper extra" bereits durch seine starke ausdrucksvolle Stimme sowie im Gespräch mit dem Moderator und seinen beiden Kolleginnen durch seine besonders erfrischende Persönlichkeit , mit der er auch das Publikum eroberte. Die in Paris lebende bildschöne Gaelle Arques mit Wurzeln aus Madagaskar, Mezzosopran, bereits einige Jahre sehr erfolgreich an der Oper Frankfurt, erfreute das Publikum ebenfalls durch ihren erkennbar tiefempfundenen herrlichen Gesangsbeitrag in der anspruchsvollen Rolle der Adalgisa, in die sich der römische Prokonsul Pollione, ebenfalls einer Widerstandskämpferin und Priesterin, an gleicher Kultstätte wie Norma getroffen anfangs zur unbewussten Nebenbuhlerin Normas und damit Polliones Geliebte. Sie beichtet, aber voller Freude, der von ihr bewunderten Oberpriesterin Norma ihre Liebesbeziehung und bittet um Rücknahme ihres Verpflichtungsgelübdes. Norma, die an den Beginn ihrer eigenen Liebesbeziehung denkt, bezeugt ihr Verständnis zu Adalgisa, bis durch Erscheinen Polliones offenbar wird, dass sowohl Norma als auch Adalgisa den gleichen Mann und Feldherrn lieben.

Der anfänglichen Wut und Eifersucht Normas, folgt deren Entschluss, aus dem Leben zu scheiden und ihre beiden Söhne der Obhut Adalgisas anzuvertrauen, um sie zu bewegen, zusammen mit Pollione und ihnen nach Rom zu gehen, was Adalgisa aber vehement ablehnt, sich sofort von Pollione zurückzieht und sogar den Versuch unternimmt, Norma und Pollione demzufolge wieder als Paar und Familie zusammenzubringen. Ihr Versuch scheitert, da Pollione absolut nichts davon hält und er sogar Adalgisa entführen will, um gemeinsam mit ihr zu fliehen. Dieser Plan misslingt. Pollione wird festgenommen. Inzwischen siegte das Muttergefühl der Norma und hält sie davon ab, wie Pollione zuvor als Strafe angedroht, beide Söhne umzubringen. Pollione besinnt sich auf seine eigene Schuld, ist jetzt Mensch und nicht mehr Eroberer auf dem Kriegsfeld und den Herzen der Frauen, die ihn liebten. Welche Maximen gelten, ist jetzt bedeutungslos, denn er entdeckt seine Liebe für Norma wieder, als diese großmütig Adalgisa vor dem Scheiterhaufen rettet indem sie offen ihre eigene Übertretung eingesteht, Polione erkennt, welch ein Herz er verraten und gleichzeitig wieder verloren hat. Ein utopischer Moment, ein Funken Licht im schwärzesten Moment. In das vielschichtig miteinander verwobene Emotionen geladene Geflecht bricht jetzt die Liebe mit Gewalt herein, verändert die Sinne schlagartig und lässt ihn der erst jetzt wieder bewusst gewordenen Liebe zu Norma, Ihr in das Feuer der Ewigkeit folgen.

Foto: 
v.l.n.r. 
Konrad Kuhn, Dramaturgie & Moderation
Felice Venanzoni, Klavier
Stefano La Colla, Tenor
Gaelle Arquez, Mezzosopran
Elza van den Heever, Sopran
© Iris G. Schmidt

Info: 
Am 10. Juni 2018 ist Premiere dieser tragischen, sehr zu Herzen gehenden Oper mit nachfolgenden Terminen dieser Spielzeit am 14., 17.. 20., 23., und 27. Juni 2018.