eva nickelIm Rahmen der Europatournee von Nickelback „Feed The Machine Tour“ mit Seether „Poison the Parish“ in der Frankfurter Festhalle

Eva Mittmann

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die große Europa-Tournee von Nickelback & Seether hat am 3. Mai 2018 in Glasgow begonnen, mit sechs weiteren Stationen in Groß-Britannien. Von Mai bis Juni 2018 sind sie im Anschluss daran in insgesamt sechs deutschen Städten aufgetreten: Berlin, Leipzig, Stuttgart, Mönchengladbach, München - und nun - zum guten Schluss - am Samstag  in Frankfurt.

Pünktlich um 19 Uhr startet die Vorgruppe Seether mit Titeln aus ihrem neuesten Album „Parish the Poison“. Nach anfänglich brutal dumpf-dunklen Klängen und hard & heavy Sounds, die nach Hörschutz verlangen, dann doch noch die Wende zu Balladen und solidem Hardrocksound. Ein kleiner Lichtpunkt, der am Horizont aufleuchtet! Nach der einstündigen Performance von Seether, dann endlich (nach viel zu langer Umbaupause) - Nickelback! eva RyanKomprimiertÜberraschend neu! Möglicherweise war dies ein Grund, die Grunge-Rockband „Seether“ mit Frontmann Shaun Morgan zur Begleitband ihrer Europatour auszuwählen. Die Soft-Rocker aus Kanada schlagen nämlich auf diesem Album durchaus härtere Töne an, die sich jedoch wohltuend vom zeitweilig sehr anstrengend-aggressiven Soundmix der Vorband abheben.

Seit ihrer Gründung 1995 und ihrer Zeit als Chartbreaker in 2006 hat sich die Band konsequent weiterentwickelt, um Neues zu wagen: „Feed The Machine“ ist ihr 9. Studio-Album und gilt als ihre bisher größte und mutigste Produktion. Aktuelle Besetzung: Frontmann Chad Kroeger (voc, git) und sein Halbbruder Mike Kroeger (b), Ryan Peake (git und links im Bild) und Daniel Adair (dr).

Schon nach den ersten zwölf Takten möchte man ins Schwärmen geraten! Diese unvergleichliche Stimme von Chad Kroeger mit ihrem zart-rauhen Schmelz, die sich unter die Haut schleicht, direkt ins poetische Gedächtnis, um für immer dort zu bleiben. Kostbar. Sofort und ebenfalls unausweichlich im Ohr die Gitarren-Riffs der Fying-V und Gibson Les Paul-Gitarren von Ryan Peake. Melodien und Akkordfolgen von verdichteter Präsenz. Wiedererkennungswert. Widerstand zwecklos.

eva komriChad Kroeger ist auf der Bühne in seinem Element. Lässig seine Ansagen, insbesondere als er seine Deutschkenntnisse zum Besten gibt zu „typisch deutscher Sprache“, z.B.: „Das ist verboten!“ und er lacht laut. Humor hat er. So zaubert er auch dem Publikum ein Lächeln ins Gesicht. Happy-Music auch direkt nach den Scherzen zur deutschen Sprache mit dem Song „She keeps me up“, in dem mit funky-groovy-rhythm von einer „Twisted Sister“ erzählt wird , die einwandfrei an die Musik von „Cool and the Gang“ erinnert. Ladies night. Gut so. Der erfrischende Kontrast zur dumpf-düster aggressiven Stimmung, die Seether zuvor verbreitete, ist offensichtlich.

eva nicke2Große Bühnenshow. Auf drei Leinwänden werden die Musiker großformatig angezeigt, damit auch den hintersten Rängen nichts entgeht. Die wahren, echten Fans tummeln sich natürlich direkt vor der Bühne und singen lauthals beinahe jeden Song mit. Zum Tourneeplan gehört es auch, genau solchen Fans auf der Bühne Raum zu geben. Zum Titel Rockstar werden also ein männlicher und ein weiblicher Fan auf die Bühne geholt. Der junge Mann kommt direkt von seiner Bachelor-Party, wie er erzählt. Seine Stimme lässt sich gut anhören; die weibliche hingegen hat eher etwas von „Singen-unter-der-Dusche“, bzw. „Einmal-vom-Schreibtisch-direkt-auf-die-Bühne“.eva nickel1 Auch ein Nachwuchstalent an der E-Gitarre darf auf der Bühne sein Können unter Beweis stellen (rechts im Bild). Das tut er denn auch mit Bravour. Zum Abschluss und als Zugaben noch ihr Welthit „How you remind me“ und „Animals“.

Bei aller Comedy auf der Bühne müssen dennoch die Ernsthaftigkeit der Texte und deren revolutionäres Potential eindeutig in den Vordergrund gerückt werden. Da heißt es z.B. sinngemäß: „Alte Fehler, die an uns begangen wurden, fordern einen Tribut unseres Bewusstseins”. Gefährlich wahr! Jedoch: politischer Widerstand manifestiert sich schon seit jeher auch durch Musik. „Hinter der blumigen Frontware lauern Revolutionäre!“ sagt Ludger Kusenberg über Nickelback. Und damit hat er verdammt recht.

Zu spüren ist die Wirkung einiger Songs, deren Atmosphäre durch musikalisch-textliche Übereinstimmung in Erinnerung bleibt - mit Gänsehautfaktor. Zu nennen sind hier die beiden Titel „After the Rain“ sowie der Headliner des neuen Albums „Feed the machine“. „After the Rain“ mahnt in lyrischer Form zum Innehalten, zur Achtsamkeit und bewusster Entscheidung. „Feed the machine“ zeichnet eine traurig-düstere, bedrohliche Vision vom Ausgeliefertsein und der Fremdbestimmtheit des Menschen, verbogen und unfähig, sein eigenes Leben selbst zu gestalten:

„Keine Fragen mehr, geh‘ einfach nur zurück in die Reihe.“

Wen das nicht aufrüttelt – im Großen wie im Kleinen, ist selbst schuld.


Fotos:
© Eva Mittmann

Info:
Konzert am 9.06.2018, Festhalle Frankfurt
www.nickelback.com
http://www.songtexte.com/songtext/nickelback/after-the-rain-g3bfe8824.html
http://www.songtexte.com/songtext/nickelback/feed-the-machine-g3c3d113.html