Große Namen, programmatische Schwerpunkte, ein eigenes Kinder-, Jugend- und Familienprogramm bleiben Schwerpunkte der Alten Oper Frankfurt
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Peter Feldmann war es, der den Zusammenhang mit der alten und ernstgemeinten Forderung des ehemaligen und im vorigen Jahr verstorbenen Hilmar Hoffmann und dem langjährigen Wirken des (Noch)-Intendanten Stephan Pauly in den Programmen der Alten Oper in den Mund nahm - und er nahm dabei den Mund nicht zu voll. Denn, was die Frankfurter Oper spätestens seit Michael Gielen für sich in Anspruch nehmen durfte, nicht allein für ein Bildungsbürgertum eine spannende und hochkarätige Musiktheaterbühne zu sein, das gilt schon sehr lange auch für die Alte Oper mit ihrem Programm für ganz Frankfurt.
Michael Gielen, der wunderbare Frankfurter Opernchef von 1977 bis 1987, ist am letzten Freitag, 8. März, mit 91 Jahren gestorben. In der Alten Oper hat er mit dem Frankfurter Museumsorchester konzertant auch Neue Musik aufgeführt, die nun wiederum für Hans-Klaus Jungheinrich ein besonderes Anliegen war, der immer wieder den AUFTAKT, das Saisoneröffnungsprogramm der Alten Oper, gestaltet hat und der in seiner Opernkritik das mittrug, was Michael Gielen zusammen mit dem Dramaturgen Zehelein als "Regietheater" - dummer Begriff und falsch dazu, aber damals verwendet, um deutlich zu machen, daß ein sachlogischer Zusammenhang von Opernmusik und ihrem inhaltlichen Sujet mittels Regie auf die Bühne kam - dem traditionellen Opernpublikum zumutete und gleichzeitig ein neues Publikum in Bann zog. Der Aufruhr damals war hart genug, aber daß Gielens neue Oper erst auf Seiten der Kritik und dann bei begeisterten Zuschauern einen solchen Siegeszug erfuhr, hatte Hans-Klaus Jungheinrich mit seinen so analytischen wie enthusiastischen Opernkritiken vorbereitet und nach und nach immer mehr Kollegen für eine solche Oper begeistert, die heute längst Standard an allen großen Opernhäusern ist.
Welcher Zusammenhang von Gielen, Jungheinrich und dem neuen Programm der Alten Oper ist? Ganz einfach. Der Tod. Denn auch Hans-Klaus Jungheinrich starb im Dezember vorigen Jahres völlig überraschend. Es ist aber der langfristigen Arbeit solcher wie Gielen und Jungheinrich zu verdanken, daß Jüngere wie Stephan Pauly weiterwirken können in einer Richtung, Musik und ihre Darbietung als quasi Menschenrecht in öffentlichen Einrichtungen zu verwirklichen. Und dazu gehört auch, was die Alte Oper seit langem als vom Publikum begehrtesten Programmpunkt verwirklicht: Musik für Kinder, die im Programm PEGASUS auf sechs Seiten im neuen Programm detailliert dargestellt wird. Wenn man dann noch hinzufügt, daß das Inhaltsverzeichnis PEGASUS neben Klassik und Entertainment sowie Kongresse & Events eigenständig aufführt, weiß man, wie selbstverständlich eine solche Arbeit in einem Haus mit höchstem musikalischem Standard geworden ist. Und wenn ein Oberbürgermeister nicht nur seiner Funktion wegen so lobend über die Aufführungen der Alten Oper spricht, sondern, weil er mit seiner Tochter dort war und sie begeistert war, ist ja auch nicht verkehrt und auf jeden Fall authentisch.
Vor sieben Jahren begann dies eigene musikalische Vermittlungsprogramm für Babys, Kleinkinder - erinnern Sie sich noch an die hämischen Kommentare, die heute keiner mehr gesagt haben möchte -, Schulkinder und Jugendliche und erreicht inzwischen rund 37 000 Zuhörer, wobei gerade die Konzerte mit den Kleinsten diejenigen sind, die am schnellsten ausverkauft sind. Eine Erfolgsgeschichte sondergleichen, die durchaus mit dem Intendanten und Geschäftsführer der Alten Oper zu tun hat. Stephan Pauly ist in seiner Tätigkeit nicht nur unangefochten, er ist auch sehr beliebt, zu beliebt, wenn wir das in Frankfurt kommentieren sollten, was wir ja selbst nur aus den Zeitungen kennen und worüber Pauly aus guten Gründen nicht sprechen wollte: das Angebot nach Wien zu gehen. Der Wiener Musikverein hat offiziell verlautbart, daß er dem Frankfurter Stephan Pauly einen Vertrag als künftiger Intendant angeboten hat, über den derzeit verhandelt wird.
Daß Peter Feldmann dazu nur sagte, er sei über jede Minute froh, die Stephan Pauly noch in Frankfurt sei, ist eine realistische Einschätzung. Denn, wenn sich die Wiener nicht allzu töricht anstellen, was vorkommt, dann ist die Möglichkeit, in Wien musikalisch arbeiten zu können, für jeden erste Wahl.
Einige Programmpunkte wurden im ersten Artikel schon dargestellt. Worauf wir nun hinweisen wollen, sind speziell zwei Veranstaltungen. Es ist eine große Freude, daß erneut das Deutsche Jazzfestival in der Alten Oper startet: Am 23. Oktober das 50. Deutsche Jazzfestival mit dem Eröffnungsabend JAKOB BRO, HR-BIGBAND, ein Abend, der der Münchner Platten schmiede ECM gewidmet ist, die ebenfalls 50 Jahre wird und immer noch ein unabhängiges Label ist.
"Daß ausgerechnet das Ensemble Modern sich 'die letzte Band Frank Zappas' nennen darf, mag diejenigen verwundern, die den 1993 verstorbenen Musiker vo rallem als wilden Rock-Rebellen in Erinnerung haben. Dabei hatte Zappa kurz vor seinem Tod ganz bewußt die Zusammenarbeit mit den Profis der Neuen Musik gesucht, um seine eigenen, für sein Gespür bislang nur unzureichend verwirktlichen Klangvorstellungen neu erfahrbar zu machen. ", heißt es im Programm auf Seite 114. Und wer damals 1992 THE YELLOW SHARK als Uraufführung Frank Zappas in der Frankfurter Alten Oper sehen und hören konnte, hat dies als Sensation noch heute in der Erinnerung. Aber wer, wie wir, sogar die Proben hat mitverfolgen dürfen, der wird die Bewunderung für den Künstler Zappa, der damals schon todkrank mit solchem Enthusiasmus und einer tiefen Dankbarkeit für die Möglichkeiten in Frankfurt und die Brillanz des Ensemble Modern die Proben befeuerte, weiterhin in ehrender Erinnerung halten.
Am 29. November wird das Ensemble Modern unter der Leitung von Jonathan Stockhammer Zappas THE YELLOW SHARK in Auszügen bringen mit Greggery Peccary & Other Persuasions im Großen Saal der Alten Oper. Gebongt.
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Mehr zum Programm der Alten Oper unter https://www.alteoper.de
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