Martin Lücker ist nicht nur seit 30 Jahren Organist an der Kirche St. Katharinen, sondern auch Musikvermittler
Nikolaus Münster
Frankfurt Am Main (Weltexpresso) - „Die Hauptwache soll nicht nur Eingangstor zur Zeil sein, der umsatzstärksten Meile der Republik.“ Martin Lücker, seit dreißig Jahren Organist an der Innenstadtkirche St. Katharinen, versteht seine Musik als Antipoden zu der Kälte des Kommerzes. Er möchte den Menschen etwas geben, etwas schenken: Schönheit, Kunst und Musik.
Zweimal in der Woche, nämlich montags und donnerstags um 16.30 Uhr, lädt er zu einer halbstündigen Orgelandacht in die von hektischem Treiben umtoste Innenstadtkirche ein und will damit „den Alltag durchwärmen“. Die Menschen sollen in der Kirche Ruhe finden und sich einfach der Musik hingeben. Der Eintritt ist frei und alle Besucher sind willkommen, die eingeschworene Fangemeinde gleichermaßen wie der Tourist oder der ermattete Einkäufer. Durch diese Offenheit möchte Lücker Hemmschwellen beseitigen, die Kirche zu betreten. Es ist ein „niedrigschwelliges Angebot“ aber nicht von der Qualität her. In den mittlerweile rund 3000 halbstündigen Konzerten hat er das gesamte Spektrum der Orgelkomposition präsentiert, von Barock über Klassik und Romantik bis ins 20. Jahrhundert.
Kirche als Konzertsaal
Wenn Martin Lücker am 7. April sein 30-jähriges Dienstjubiläum mit einem Festkonzert begeht, dann hat er das Musikleben der Innenstadtkirche wesentlich geprägt. Er hat die Orgelandachten eingeführt und ein reges Konzertleben aufgebaut, so dass die Kirchenbesucher das ganze Jahr über ein dichtes Konzertprogramm erwartet. Zu dem Programm, das er zusammen mit dem Kantor Michael Graf Münster verantwortet, gehören Bach-Vespern, Orgelkonzerte und natürlich auch große Chorkonzerte, sowie die Einbettung der Musik in besondere Gottesdienste. Auch jenseits der Grenzen von Frankfurt ist Lücker ein gefragter Organist, den seine Konzerte nach Nordamerika und zu vielen großen alten europäischen Orgeln geführt haben und immer noch führen.
Musikalische Lieblingsstücke für Jedermann
Aber Lücker ist nicht nur ein herausragender Organist, sondern sieht sich auch als Musikvermittler. Ihm gelingt es, auch Laien mit seinen Erklärungen den Zugang zur Musik zu erleichtern und komplizierte Strukturen erlebbar zu machen. Ein Schlüsselerlebnis auf dem Weg dahin war während eines Vortrages der Einwand einer durchaus gebildeten Frau, er spreche die ganze Zeit von Polyphonie, was denn das eigentlich sei. Das habe ihn geerdet und den Anstoß gegeben, sich auch den Laien gegenüber verständlich auszudrücken. Vor etlichen Jahren hat er als ein neues Format die Reihe „Mein Lieblingsstück“ in der Alten Oper mitentwickelt, die er auch seitdem moderiert. Bei diesen Vormittagskonzerten erläutern Prominente, warum und wie sie ein bestimmtes Musikstück berührt hat. Lücker spürt dabei den persönlichen Empfindungen seiner Gesprächspartner nach, aber auch deren Ausdruck in der Musik. Anschließend führen Studenten der Hochschule für Musik das jeweilige Stück auf. Ebenfalls in der Alten Oper hatte Lücker eine eigene Konzertreihe mit Orgelmatineen als Gesprächskonzerte veranstaltet, bei denen er die Stücke vor ihrer Aufführung dem Publikum erklärt hat. Und nicht zuletzt vermittelt Lücker sein Wissen auch an die Studenten der Musikhochschule, an der er eine Orgelprofessur innehat.
Selbst nach seinem Lieblingsstück befragt, muss der Organist allerdings passen. Seine Schwerpunkte wechseln, und sein Favorit sei in der Regel das Stück, mit dem er sich gerade befasse. In diesem Jahr steht bei ihm Paul Hindemith im Fokus, der vor 50 Jahren in Frankfurt gestorben ist. Hindemith, seinem Werk und seinen Wurzeln, widmet Lücker eine eigene Reihe in diesem Jahr, die am 7. April mit der Orgelfassung der Sinfonie „Mathis der Maler“ beginnt und an seinem Todestag, dem 28. Dezember, mit einem Gedenkkonzert unter dem Titel „Hindemith – ein verpflichtendes Erbe“ ihren Abschluss findet. Hindemith hat ihn vollkommen in den Bann gezogen: „Ein Jammer, dass er nicht mehr für Orgel geschrieben hat.“
Die Orgel als Leidenschaft
Die Laufbahn des Kirchenorganisten Martin Lücker ist in seinen frühen Jahren sehr stürmisch verlaufen. In dem jugendlichen Alter von 21 Jahren hatte er schon sein Musikstudium mit der A-Prüfung für die Orgel abgeschlossen und war Preisträger bei vier bedeutenden Orgelwettbewerben Brügge, Nürnberg, bei der ARD in München und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin. Anschließend studierte er noch in Detmold Dirigieren und fand am Landestheater dort eine Anstellung als Korrepetitor mit Dirigierverpflichtung. Danach kam er als Assistent des Chordirektors an die Frankfurter Oper. Doch das Orgelspielen fehlte ihm und sich in einen so großen Betrieb als Zahnrad einzufügen, gefiel ihm auch nicht so recht. So hat er sich auf Anregung seiner Vorgängerin im Alter von nur dreißig Jahren auf die Stelle als Kantor der Katharinenkirche beworben, überzeugte offenbar trotz seiner fehlenden Erfahrung auf einer vergleichbaren Stelle und wurde genommen. Am 1. April vor 30 Jahren hat er seinen Dienst angetreten und die Kantorei auch geleitet. 1998 kam als nebenamtlicher Kantor Graf Münster zur Verstärkung, der vor gut zwei Jahren die Leitung übernommen hat. Lücker ist aber auch weiterhin als der Kirchenorganist der Gemeinde eng verbunden und genießt seine Konzerte auf der wunderbaren Rieger-Orgel, die Ende der achtziger Jahre neu in St. Katharinen eingebaut wurde.
P.S. In eigener Sache: Das passiert auch nicht alle Tage, daß der Leiter des Frankfurter Pressamtes selbst einen Artikel verfaßt. Uns hat gefallen, daß er einen Schöngeist ehrt, der harte Arbeit macht. Deshalb haben wir diesen Artikel sehr gerne abgedruckt. Redaktion Weltexpresso
29.03.2013 - 18.00 Uhr
Frankfurt, St. Katharinen
Musikalische Vesper zum Karfreitag
Orgelmusik von J. S. Bach; Lesungen: Dr. Gita Leber
01.04.2013 - 19.30 Uhr
Würzburg, Augustinerkirche
Orgelkonzert zum Osterfest
Bach, Reger, Jolivet, Messiaen
Mo.und Do. - 16.30 Uhr
(außer an Feiertagen)
"30 Minuten Orgelmusik"
Details: www.stk-musik.de