Das Musical „Elvis“ on Tour in der Fuldaer Orangerie
Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - „Elvis. Das Musical“ nahm in der ausverkauften Fuldaer Orangerie sein Publikum mit auf eine Zeitreise in das Leben des Kings of Rock ’n Roll, Elvis Presley, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Aufgedrehte Mädchen hießen damals noch Backfische, rebellische Jugendliche Halbstarke, als Elvis mit seinen Interpretationen von „Hound Dog“ oder „Tutti Frutti“ ihr Idol wurde. Gut zwei Jahrzehnte lang prägte er mit seinem Crossover aus Rhythm & Blues und Country-Music - später auch weltweit - die Populärmusik. Lange vor den Beatles und den Rolling Stones war er der Weiße mit der schwarzen Stimme, der Wilde, vor dem die Erwachsenen warnten: Seine erotischen Musikdarbietungen, die er sich von schwarzen Musikern in Memphis abgeschaut hatte, schienen die (weiße) Zivilisation infrage zustellen und wurden von Kritikern als Striptease auf der Bühne gegeißelt. TV-Shows zeigten ihn nur noch von der Hüfte an aufwärts. Im Musical ist sein Double Grahame Patrick dagegen mit Unterleib und Hüftschwung zu sehen und wird häufig live auf die große Bühnenleinwand projiziert.
Das Musiktheater geht schon lange mit dem Presley-Double auf Tournee um die Welt, während der wahre Elvis als Entertainer nie über die USA hinauskam. „Are You Lonesome Tonight“, „Heartbreak Hotel“ oder „Stuck on you“ - mit großen Hits und kleinen theatralischen Szenen wird die Biografie des Kings deutlich. Die Songs werden nicht nach ihrem chronologischen Erscheinen dargeboten und die eingespielten Lebenssituationen (erste Plattenaufnahmen, die gedrehten Filme oder die Zeit in Las Vegas) entsprechen nicht so genau der Biografie. Aber das Stück ist ja kein dokumentarisches Theater, sondern ein Musical, das trotzdem den früheren spießigen, frauenfeindlichen und rassistischen Zeitgeist in den USA ganz gut einfängt. Auch Patrick schafft wie einst Elvis drei Oktaven beim Singen, tobt wie er gewaltig auf der Bühne herum und bringt das Publikum in der Orangerie zum Jubeln. Klar, wie immer kann man hier leider nicht mittanzen, obwohl der Rock ’n Roll gewaltig in die Beine fährt.
Die Bühnenshow ist äußerst abwechslungsreich, mal agiert Patrick mit kleiner Band, mal mit einem angedeuteten Bläser-Orchester wie der späte, sanfter gewordene Elvis in Las Vegas. Mal begleiten ihn zwei Tänzerinnen bei „Devil In Disguise“ oder mehrere Ballerinen mit Showtänzen zu „Viva Las Vegas“. Dazu gibt es immer wieder die theatralischen Einsprengsel mit dem Manager Colonel Parker (ohne Namensnennung im Programm), der durch die Handlung führt. Auf der großen Leinwand im Hintergrund ist häufig der echte singende Elvis zu sehen, während Patrick und seine Musiker beherzt den gleichen Song synchron auf der Bühne spielen. Alle Stücke werden in der Show natürlich live gespielt. Auf der Leinwand ist oft auch dokumentarisches Material zu sehen, etwa der Empfang von Elvis als GI in Deutschland oder die Reaktionen auf den Mord an Martin Luther King, der ihn sehr bewegte. Durch die gute Regie changieren die Bilder ständig zwischen melancholischer Nostalgie und Live-Bildern aus dem Fuldaer Konzert.
Gezeigt wird auch der kurze Filmstreifen „Jailhouse Rock“ (der als einer der ersten Musikclips gilt), bei dem Patrick im Vordergrund mit Tänzerinnen agiert. Ein tragischer Vergleich drängt sich auf: Dieser Clip von 1957 zeigt den wilden, köperbetont auftretenden Elvis. Auf YouTube gibt es ein Video, in dem der King kurz vor seinem Tod 1977, als aufgeschwemmter kranker Mann, „Jailhouse Rock“ stocksteif vorträgt.
So tragisch wie das Leben ist das Musical allerdings nicht. Aber selbst wenn das Double auf der Bühne häufig kitschige gold-weiße, mit Pailletten behängte Glamouranzüge trägt, ist der unterhaltsame Abend recht vielschichtig. Die Zugabe zum Anfassen gibt Patrick zwischen den Zuschauern im Saal.
Foto:
Grahame Patrick singt als Elvis mit Tänzerinnen „Devil In Disguise“ / Grahame Patrick als Elvis mit Band und Tänzerinnen zum „Jailhouse Rock“-Video
© Hanswerner Kruse: