Uraufführung von Markus Heitz, Michael Herberger und Xavier Naidoo am Staatstheater Darmstadt am 16. November, Teil 4/4

 

Claudia Schulmerich

 

Darmstadt (Weltexpresso) – Kommen wir zur Inszenierung des Stanislav Moša, Regisseur und Direktor des Stadttheaters in Brünn, mit dem TIMM THALER koproduziert wurde, wo das Stück erst 2015 auf den Spielplan kommt. Zwei starke Ideen sind es, weshalb wir das Konzept überzeugend finden, dabei aber auch Christoph Weyers für Bühne und Kostüme mitnennen müssen.

 

Das eine ist das schnell wechselnde Bühnenbild, das mit Hilfe der aus den Märklin-Metallbaukästen entlehnten Elemente im Großformat sich wie von alleine verändert und als Konstruktionsmodell bis zum Schluß hielt und sowohl die familiäre Welt wie auch das Spielcasino möglich machte, erst recht die irrlichternde Lilith durch die Welt bugsiert, mit im Gespann im Schloßhotel Mesopotamien – bei Krüss reist Timm mit dem Baron nach Mesopotamien und Afghanistan, was heutzutage nicht anzuraten ist - auch Marie, der es vor dem Palast gelingt, die in Lilith ruhende Saskai anzusprechen und an ihren Alexander zu erinnern.

 

Die andere zwingende Idee ist der Regieeinfall, der überhaupt erst den Riß in der Welt und damit das Phantastische für den Zuschauer wahrnehmbar machte: wenn der Baron Lefuet mit Lilith auftritt, verstummen und erstarren erst einmal alle Anwesenden, also die normalen Menschen, und sind ins Dunkel getaucht, während der Baron und Lilith im Spotlicht stehen, bis ihr Sonderauftritt zu Ende und die Erde sich mit allen 'normal' weiterdreht und die Geschichte ihren Gang nimmt.

 

Auch diese Inszenierungsidee trägt das ganze Stück und nutzt sich nicht ab, und so verfolgen wir erst einmal wie Timm in sein Unglück verwickelt wird und wie sich dann die Betrogenen vom üblen Baron befreien, der erst einmal sogar stirbt, aber in seinem Zwillingsbruder – haha - wiederersteht. Ganz interessant wie die Krüss'sche Kapitalismuskritik in den erfundenen Bio-Trank mündet. Ein unverkäuflicher, weil übel schmeckender Cranberrysaft wird durch Werbespots mit Timm als ökologischer Biodrink ein ökonomischer Erfolg, woran Timm gleich die Mechanismen des Marktes erlernt, in denen Lefuel ein Meister ist. Warum Bio? Nichts dagegen, Bio ist heute ein Wort, das für ein besseres, weil gesünderes Leben steht, wofür man auch mal gerne etwas mehr Geld ausgibt. Um so eher läßt sich im Kapitalismus damit Schindluder treiben, wenn Bio nicht gesetzlich überprüft und geschützt wird.

 

Kommen wir zur Musik. Sie hat nicht gestört, sagte jemand, nur war es zu laut. Letzteres stimmt und ersteres soll wohl ausdrücken, daß die Musik nicht nachdrücklich in Erscheinung trat. Das stimmt auch. Die unter der Musikalischen Leitung von Johannes Zimmermann hörbare Musik klang die ganze Zeit über nach Musical, ohne indes eine spezifische Tonsprache zu artikulieren. Irgendwie schien alles bekannt und darum auch nicht unpassend. Da waren wir schon etwas enttäuscht, weil wir uns unter der Komposition zweier Bandmitglieder der „Söhne Mannheims“ auch Unerwartetes versprochen hatten.

 

Aber vielleicht wollen gerade das die Zuschauer. Und es ist sicher in ihrem Sinn, daß die Kostüme so vorhersehbar sind, das Rot und das Schwarz, die militärischen Apparatischiks und das kleine Maderl im Blumenrock und den Turnschuhen. Dagegen ist auch gar nichts zu sagen, denn es geht nicht um ausgefeilte Charaktere, sondern um das, was man sonst Charaktermasken nennt. Auf jeden Fall waren die Zuschauer am Premierenabend rundherum zufrieden und spendeten stehend heftigen Applaus. Dennoch würde wir dem Team raten, nach den folgenden Aufführungen, vor der Wiederauflage in Brünn noch einmal Hand an das Stück zulegen: die Geschichte schlichter, will sagen stringenter auf die Kernaussage vom verkauften und dem wiedergewonnenen Lachen zu kürzen. Das war auch für Verdi und Wagner, von Mozart ganz zu schweigen, eine Notwendigkeit, nach den Erstpremieren für weitere Fassungen zu sorgen, die den internationalen Erfolg sicherten. Womit wir den Herren Markus Heitz, Michael Herberger, Xavier Naidoo – alle übrigens Jahrgang 1971 - doch jetzt ein Ei (Kuckuck? Kolumbus? Fabergé?) ins Nest gelegt haben.

 

Foto: Barbara Aumüller

 

 

INFO I:

Musical in Kooperation mit dem Stadttheater Brno (Brünn)

 

Musikalische Leitung Johannes Zimmermann | Inszenierung Stanislav Moša| Bühne und Kostüme

 

Christoph Weyers | Choreografie Aneta Majerová| Choreinstudierung Markus Baisch

 

Mit Benedikt Ivo/Timo Verse als Timm Thaler, Stephan Bootz/Franz Nagler als Baron, Bettina Meske/Stephanie Tschöppe als Karin Thaler, Karl Grunewald/David Pichlmaier als Felix Thaler Felix Thaler, Michèle Fichtner als Marie, Karl Grunewald/Alexander di Capri als Alexander, Elisabeth Sikora/Hannah Garner als Lilith

 

Premiere 16. November 2013 | 19.30 Uhr | Großes Haus

 

Weitere Vorstellungen 22. und 28. November 2013 | 19.30 Uhr | Großes Haus

 

Karten: Staatstheater Darmstadt | Karten-Telefon 06151-2811 600 | Kassen-Öffnungszeiten: Montag bis

Freitag 10 bis 18 Uhr | Samstag 10 bis 13 Uhr

 

www.staatstheater-darmstadt.de

 

INFO II:

 

James Krüss, Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen, Oetinger Verlag 2006, erstmals erschienen 1962

 

 

INFO III:

 

Wir konnten die Premiere mit freundlicher Unterstützung des MARITIM Kongresshotel Darmstadt erleben. Beide Darmstädter MARITIMHOTELS bieten für Auswärtige ein TIMM THALER PAKET an. Für 149 Euro erhalten Sie neben der Eintrittskarte und der Übernachtung mit Frühstücksbuffet (sehr gut, finden wir!) , auch noch einen Vesperteller mit Odenwälder Spezialitäten und Wein aus der Region sowie einen Schlummertrunk in der Hotelbar und eine Flasche Wasser im Zimmer.

Buchbar sind noch folgende Termine: 28. November, 6. Dezember, 4. und 30. Januar

 

Telefon 06515 878-0 MARITIM Konferenzhotel

 

Telefon 05151-303-0 MARITIM Rhein Main Hotel