Im Gespräch mit Johannes Goltz
Hanswerner Kruse
Schlüchtern (weltexpresso) - Am kommenden Samstag gibt der Popsänger Gregor Meyle ein bereits ausverkauftes Clubkonzert im Fuldaer Museumshof. Auch der Schlüchterner Posaunist Johannes Goltz wird mit dabei sein.
Sascha, Yvonne Catterfeld, Sarah Connor oder Gregor Meyle – alle gastierten bereits in der TV-Sendung „Sing my Song“. Zu den regelmäßigen Begleitmusikern der Stars gehört auch Johannes Goltz (39). Zum ersten Mal flog er 2014 nach Südafrika zur Produktion der Sendung. Mit dem Instrumentenkasten auf dem Rücken erinnerte er sich auf dem Flughafen: „20 Jahre vorher stand ich mit meinem Blasinstrument im Gepäck auf dem Schlüchterner Bahnhof und freute mich auf mein erstes Konzert in der Fremde. ‚Ach wäre das cool, wenn das mein Leben wird’, hoffte ich damals.“
Sein Opa und die älteren Zwillingsschwestern spielten Klavier, Johannes lernte Cello. Der 13-jährige merkte im Hutten-Gymnasium, wie Jugendliche mit der Big-Band wegfuhren. „Da konnte man Mädchen kennenlernen und statt auf der Schulbank hocken Musik machen“, erinnert er sich und lacht. Schnell lernte er Posaune, die ihm Lehrer und Bandleader Franz-Josef Schwade in die Hand drückte. Bereits nach zwei Jahren gewann er bei „Jugend jazzt“ und tourte mit dem Hessischen Landesjugendjazzorchester.
In seinem Umfeld meinten alle, Johannes werde Profimusiker werden, jedoch Goltz zweifelte, ob er das eigentlich selbst wollte – und begann ein Architekturstudium. Insgeheim bereitete er sich auf die Musik-Hochschule vor, bestand die Prüfung und begann in Mainz Jazz-Posaune zu studieren. Doch der Avantgarde-Jazz wurde nicht seine Musik, der Professor riet ihm nach dem Vordiplom, sich in der Welt umzusehen. Er ging an die Essener Folkwang Universität der Künste und lernte im Ruhrpott bei seinem großen Vorbild Bart van Lier. Als er sich nach dem Abschluss „in der Welt umsah“ prägten drei Bands sein weiteres Leben:
Die „Mardi Gras Big Band“ war eine typische New-Orleans Band, aber mit E-Gitarre, Schlagzeug, Gesang, einem Hip-Hop-DJ und sehr tanzbaren Rhythmen. Die kleinere „Blassportgruppe“ inszenierte sich eventmäßig mit Gesang und viel Humor. Drei Jahre leitete Goltz auch organisatorisch diese Formation und fand das „sehr anstrengend.“ Als Posaunist spielte er ebenfalls bei „Marshall Cooper“, einer reinen Bläsergruppe mit Italo-Western-Flair: „Da konnte man sich richtig ausleben, mit viel Alkohol kräftig schreien und laute Klänge produzieren.“
Ein weiterer Schritt auf der Karriereleiter gelang ihm durch „Sing meinen Song“: „ BAP oder Gregor Meyle arbeiteten dort mit uns Musikern, sie wollten uns dann später auch bei anderen Shows. Die Sendung wurde eine richtige Werbeplattform für uns.“ So kam Goltz ganz gut ins Geschäft – jedoch immer als Freiberufler. In der Corona-Zeit fielen die Engagements aus, er musste von seinen Ersparnissen leben. Nicht nur finanziell fehlten die Auftritte, ihm wurde klar, dass er ein „zweites Standbein“ benötigte.
„Eigentlich bin ich nicht so der extrovertierte Typ“, meint er, „aber nach anfänglicher Überwindung genieße ich es, den Narzissmus auf der Bühne auszuleben. Eine starke Präsenz wird ja auch von uns erwartet.“ Was sein zweites Standbein werden soll, ist ihm noch nicht klar. Unterricht gibt er gerne den ganz Kleinen, er legte bereits Grundsteine bei einigen späteren Profimusikern. Ihn stört, dass es für sein Instrument kaum motivierende Einstiegsliteratur gibt: Am Saxophon bläst man anfangs acht Töne pro Takt, bei der Posaune nur einen: „Wie soll daraus Musik werden?“
Seine Zukunft ist also offen: „Jetzt bin ich wieder hier in Schlüchtern!“, sagt er, „mein Beruf mit dem Tourneeleben forderte seinen Tribut. Nach sechs Jahren Ehe trennte sich meine Frau von mir.“ Zu Hause hilft er, die väterliche Firma aufzulösen, nie dachte er früher daran, sich hier mal wohlzufühlen: „Vielleicht klingt es ja pathetisch, aber jetzt habe ich mich tatsächlich in die Region verliebt.“
Was ist...
„Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ ist eine TV-Show, die seit 2014 von VOX ausgestrahlt wird. Viele unterschiedliche, aber bekannte deutschsprachige Sängerinnen und Sänger kamen bis 2020 in sieben Staffeln mit jeweils acht Teilen an einem einsamen Ort in Südafrika für eine Woche zusammen. Jeder Abend war einem Star gewidmet, an dem sechs andere ein Lied von ihm oder ihr mit Bandbegleitung im eigenen Stil coverten. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Show in Deutschland und Österreich fortgesetzt.
Foto:
(c) Hanswerner Kruse