leonsk2Das Glück der Konzerte: DAS SCHLESWIG-HOLSTEIN MUSIK FESTIVAL (SHMF)  während des Wahlsommers 2021, Teil 6

Wolfgang Mielke

Hamburg (Weltexpresso) - Am Donnerstag in Kiel (28.7.2021) hörten wir die eindrucksvolle Pianistin #Elisabeth Leonskaja# mit Schubert. Einiges davon sehr gut, sehr sehr beachtlich! - Ich sprach sie anschließend noch, als sie ein paar Stellen noch einmal aufnahm, die sie wohl verspielt oder wo es Nebengeräusche gegeben hatte. Sehr höflich.#

XII.

konzertleoDie Fahrt nach Kiel dauert etwa eine Stunde. Das Konzert findet im Schloss statt. Das Schloss ist ein Nachkriegs-Wiederaufbau, teils auch Neubau. Und wir sitzen nicht in einem Schlossgewölbe, wie man vielleicht erwartet hätte, sondern in einer geschmackvollen, modernen Konzerthalle, die neben dem Schloss errichtet wurde. Die Szenerie erinnert im Äußeren der Konzerthalle durch Bauweise und Baumaterialien an eine holländische Stadt. Dann stehen aber noch ein paar Altbauten um 1900 nicht weit daneben; es gibt einen weitläufigen Vorplatz mittlerer Größe, der auf der Seite des Konzerthauses an eine Aussichtskante Richtung Hafen und Kieler Förde reicht, auf der anderen Seite leicht abfällt und schließlich rechterhand in eine Rasenfläche und gekurvte Allee älterer Bäume übergeht. In etwa 200 Metern Entfernung kann man auch die Hauptkirche Kiels sehen, eine dem Heiligen Nikolaus geweihte Kirche – wie sie fast alle von der Seefahrt lebende Orte, besonders an der Ostsee, besitzen; seit dem Krieg das älteste Gebäude der Stadt. --- Dabei ist das Schloss gar nicht so leicht zu finden, wenn man mit dem Auto nach Kiel hineinfährt: Die Ausschilderung ist äußerst mager; aber es hilft einem der hohe Turm des Rathauses, neben dem auch die Oper steht. Von da ist es dann nicht mehr allzu weit zur Konzerthalle Schloss Kiel. - Kiel ist übrigens, überraschenderweise, 5 Jahre jünger als Berlin; überraschend, weil ich davon ausging, dass Hafenstädte bereits sehr früh entstanden.

Elisabeth Leonskaja, geboren 1945, seit 1978 im Westen lebend, wurde wesentlich durch den berühmten Pianisten Swjatoslaw Richter (1915 – 1997), den ich noch in der Hamburger Musikhalle mit einem Haydn-Sonaten-Programm hörte, in dem er streng und elegant wirkte wie ein englischer Butler ... ------ Das Programmheft erhalte ich erst nach dem Konzert. Das hat aber nicht nur Nachteile. So hört man offen und unbeeinflusst zu. Kunst ohne Naivität wäre ja allenfalls Kunstfertigkeit.

#"Das 1. Stück, das wir hören"#, notiere ich, #"erinnert in der Basspartie an Beethovens letzte Klaviersonaten."# - Es ist, wie ich nachher und jetzt auch vor mir sehe, Franz Schuberts Komposition "Drei Klavierstücke D 946", dessen 1. Stück ein Allegro assai in es-Moll ist. - Und immer wieder stößt man auf #"Schuberts 'himmlische Längen'."# -- Und über die Pianistin: #"Man vertraut ihr. Und doch denkt man, es könnte auch alles ganz anders klingen. = 1. Satz, nämlich flüssiger, zusammengebundener. / 'Mängel' schiebt man auf den Komponisten, nicht auf die Interpretin. /"# 

Ein Konzert bedeutet ja auch immer die Auseinandersetzung mit dem ausführenden Künstler. Elisabeth Leonskaja habe ich zuvor nicht gekannt. Ich habe sie erst durch das SHMF kennengelernt. Ich sagte mir: #'Es ist wie in der Politik, im Theater oder Film: Das Personal wird immer dürftiger! Höre Dir also die ältesten Künstler, die es noch gibt, an! Wie gut oder nicht sie immer sein mögen: Sie bringen doch einen Zug von Tradition mit, der sie in jedem Fall trägt, hebt, auszeichnet!'#

Solche Rücksichten aber, - das habe ich durch dieses Konzert gemerkt -, hat Elisabeth Leonskaja überhaupt nicht nötig! Sie kann auch auf 'freier Wildbahn' ihren Platz beherrschen. Und überblicke ich jetzt das ganze Festival, soweit ich es als Hörer, als Zuschauer verfolgen konnte: Elisabeth Leonskaja war die größte Entdeckung; der Höhepunkt an ernsthafter Künstlerschaft, an hinterlassenem Eindruck. ---- Das 2. Stück steht in Es-Dur und hat den Charakter eines Allegrettos. - Die Notiz: #"2. Satz – gesanglicher, an Volkstümlichkeit angelehnt."#

Fortsetzung folgt

Fotos:
©W.M.