P1010831Die „Ladies Night“ beim RMF auf der Seebühne von Schloss Vollrads

Eva Mittmann

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Eine durchaus treffende Wortkombination: „Starke Frauen – starker Sound“. Sie ist nämlich der Ankündigung im Programmheft des Rheingau Musik Festivals entnommen. Treffender geht es wirklich nicht. Es passt hundertprozentig! Und da bislang (trotz dieses eher langweiligen Titels „Ladies Night“; Anm. d. Verfasserin) bereits seit Jahren beim RMF das Publikum begeistert werden konnte, so sollte dies auch gestern nach alter Gewohnheit geschehen. Zumal sich gleich zwei ausgesprochene „Ladykracher“ und außergewöhnliche Gesangstalente auf der Bühne präsentierten: Indra Rios Moore und Shirley Davis – beide in Begleitung ihrer hochkarätigen Bandmusiker.

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Zunächst sorgen vor Beginn des Konzerts jedoch noch ungewöhnlich starke Windböen dafür, dass ein Seil zum Reißen gebracht wird, mit dem man die Seebühne rechtsseitig am Ufer befestigt hatte. Aber noch bevor diese sich zu weit vom Ufer entfernen kann, sorgt professionelle Hilfe vor Ort schnell dafür, dass der Schaden behoben wird und das Konzert wie geplant stattfinden kann.


P1010598Als Erstes betritt Indra Rios-Moore, die Protagonistin des „New Yorker Jazz und Latino-Sounds mit skandinavischen Elementen“ mit ihrer Begleitband die Bühne. Wie bereits in der Programmankündigung des RMF beschrieben, heißt es, dass ihr Ehemann, der dänische Saxophonist Benjamin Traerup, ihren Songs dieses typische Flair und „das skandina-vische Gefühl von nordischer Weite, Raum und Zeit“ P1010662einhauche.  Wenn man dem Saxophon aufmerksamer zuhört, spürt man: Es stimmt! Wir konnten uns persönlich davon überzeugen. Zudem sind die beiden ein wahrhaft perfekt eingespieltes Team. Zusätzlich zum zart tönenden Saxophon erschafft der sanft-weibliche Sound der eindrucksvoll warmen und weichen Stimme von Indra Rios Moore eine Wirkung von Weite bis hin zur Unendlichkeit. Hinzu kommt, dass diese beeindruckende Gesangsstimme präsent und ungeheuer facettenreich mit den vielfältigsten Gefühlsschattierungen spielt und es ihr außerdem mühelos gelingt, die Grenzen ihrer musikalischen Heimat zu überschreiten. Außerdem gelingt es ihr, mit Hilfe der Musiker ihrer Band (und insbesondere deren hochsensibel spielenden Schlagzeuger!), eine musikalische Brücke zu schlagen zwischen Skandinavien, New York und südamerikanischem Latino-Sound. „Keep on the swing side of life“ spricht Indra mit ihrer sanften Stimme in den roten Abendsonnenschein. Dazu erklingt eine Finger-Picking-Ragtime-Gitarre und dezente Perkussion mit Besen am Schlagzeug. Es folgt ein politisches Bekenntnis: „Marching down Freedom Road“. Dieser Song - ursprünglich einstmals von dem Aktivisten Josh White komponiert - wird von ihr angekündigt als ein Lied, das - wie sie sich ausdrückt "durch die Peter-Gabriel-Maschine gedreht wurde“. D.h., frei nach Peter Gabriel ist dies Lied nun mit einem fantastisch melancholischen Slide-Guitar-Solo unterlegt worden. Deutlich ist zu spüren, dass insgesamt bei Indra Rios-Moore gerne die sanfteren Töne überwiegen.

P1010875Nicht so bei unserer zweiten Protagonistin: Nach einer kurzen Umbaupause sollte es dann nämlich ohne jegliche Vorwarnung recht kraftvoll weitergehen! Wie ein Wirbelsturm kündigt sie sich an – die neue „Soulqueen“: Shirley Davis und ihre Band „The Silverbacks“. Es dauert nur wenige Minuten und schon haben sie das Publikum in ihren Bann gezogen. Auch ist Shirley in ihrem leuchtend neongrünen Kostümchen, den teilrasierten Haaren und mit ihrer zierlichen Figur ein unausweichlicher Blickfang. Man fragt sich sofort: „Wie kann dieses zarte Figürchen solch eine geballte Ladung „Soul“ verbreiten?“ Denn kaum einer kann der Versuchung zu tanzen widerstehen. Es hält letztlich keinen mehr auf den Stühlen und nahezu alle tanzen unweigerlich mit, klatschen und singen. Wie schafft sie das? Und die Antwort: Es ist ihre unvergleichliche Stimme – eine gelungene Mischung aus P1010917Aretha Franklin, Tina Turner und Ella Fitzgerald! Und dennoch erfrischend neu.
Wenig später verlässt Shirley, unsere neue Soulqueen, die Bühne, marschiert mitten ins Publikum, animiert zum Mitklatschen, Mitsingen und schließlich zum Mittanzen. Im Handumdrehen hat sie uns alle verzaubert. Willenlos steht das Publikum auf und tanzt. Sitzenbleiben ist wahrlich keine Option; kaum einer, den es noch auf seinem Stuhl hält. Wohin das Auge auch blickt, es sieht nichts als singende, tanzende Frauen: Das ist ein unauslöschlich starkes Bild – mit einem ebenso starken Sound!

Fotos:
© Eva Mittmann, Michael Dellermann