AKM 7867 C Ansgar Klostermann Rheingau Musik FestivalJan Lisiecki und das Chamber Orchestra of Europe im Kurhaus Wiesbaden

Eva Mittmann

Wiesbaden (Weltexpresso) - „Idealerweise fühlt man die Musik als eine Einheit, wenn man gemeinsam musiziert. Man empfindet die gleichen Emotionen, man hat das gleiche Ziel oder man spielt sich gegenseitig zu, aber letztlich steht man immer in einer symbiotischen Beziehung.“ So umschreibt es treffenderweise das musikalische Ausnahmetalent, Pianist Jan Lisiecki, um die Besonderheiten zu charakterisieren, wenn man wohl als Solist mit einem Orchester, aber ohne führenden Dirigenten aufzutreten wagt.

AKM 5106 C Ansgar Klostermann Rheingau Musik Festival
Der Vergleich mit einer gelebten Symbiose ist vorzüglich gewählt, denn er beschreibt vortrefflich diese gefühlte Dichte und gleichermaßen engmaschige Beziehungen, die Solist und Orchestermusiker emotional miteinander verknüpfen: Empathie in Reinform und Vollkommenheit. Denn es zeigt sich ein zarter Schmelz der Leichtigkeit in den an- und absteigenden Arpeggien und dem homogenen Klanggefüge zwischen Orchester und Piano. Diese spielerische Leichtigkeit zeugt von Virtuosität in Reinform. Der Solist verschmilzt sozusagen mit dem Orchester in zart sensiblem Einverständnis zu perfekter Einheit. Dies ist es auch, was die Zuhörer im Konzertsaal von der ersten Sekunde an fasziniert, in hundertprozentiger Aufmerksamkeit bannt und das Gefühl entstehen lässt, selbst ein Teil dieses großartigen Ganzen zu sein.


AKM 6184 C Ansgar Klostermann Rheingau Musik Festival„Meisterwerke“ nennt Lisiecki sie alle – die Klavierkonzerte Beethovens, für deren Kompositionen der Altmeister seinerzeit etwa ein Vierteljahrhundert Lebenszeit brauchte. Entsprechend wird das zweite Konzert, das Konzert für Klavier und Orchester Nr.1 C-Dur op. 15, nach Ilona Schneider in der Ankündigung des Programmheftes, auch als „tönendes Selbstbewusstsein“ bezeichnet: „Alles atme mehr Weite... und deutlich gesteigerte Klangfülle“. Diese Neuerung umfasst auch die Tatsache, dass dem Klavier als Hauptinstrument deutlich mehr Eigenständigkeit erlaubt ist, was sich in kühn-solistischen Passagen nunmehr äußern darf und ebenso exaltiert als auch das Orchester. Voll Kühnheit setzte sich damals schon Beethoven während der Komposition des 3. Klavierkonzerts seiner beginnenden Taubheit entgegen. Er schreibt es in Moll und improvisierte die nicht auskomponierten Passagen „aus dem Kopf“ und wie es heißt, positionierte er sich somit seinerzeit „als kühner Komponist und als überlegener Pianist gleichzeitig“.

Als überlegener Pianist positionierte sich gestern im Friedrich von Thiersch-Saal auch Jan Lisiecki.
Ohne Zweifel.

Fotos: 
© Ansgar Klostermann

Info:  
https://www.rheingau-musik-festival.de/veranstaltung/jan-lisiecki-klavier-leitung-chamber-orchestra-of-europe-2/
https://www.janlisiecki.com/

https://www.coeurope.org/de/