Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es hatte schon etwas von einem Ritt über den Bodensee oder der eindrucksvollen Basilika sprachlich ebenbürtiger, einem Kapitän auf hoher See bei heftigem Sturm, wie Christoph Eschenbach die wogenden Klangmassen im hallenden Riesenraum unter Kontrolle zu bringen versuchte und seine Einsätze zum Pianissimo danach richten mußte, ob die riesigen Klangwolken am Verklingen waren.
Eindrucksvoll auf jeden Fall, aber auch gut? Wenn man den tosenden Beifall am Schluß bedenkt, bei dem die vollbesetzte Basilika, wo wirklich jeder Platz auch in den Seitenschiffen, auch hinter Pfeilern genutzt wird in lautstarkes Gejubel, Klatschen, Bravo-Rufen ausbrach, war es ein voller Erfolg für’s Publikum. Das nun wiederum ist vielfach zu erklären. Dankbarkeit, nach harten konzertlosen Jahren ein solches Festival gestemmt zu haben, wie es Intendant Michael Herrmann, der ja Gründer des Festivals ist, eindrucksvoll gelang, ist das eine. Das andere auf jeden Fall die Überwältigung, die eintritt, wenn in dieser ruhm- und hallreichen Basilika eine derart lautstarke Musik ertönt, die die Mauern zittern bringt, in die Körper eindringt und einfach Erhabenheit ausdrückt.
Die Probleme liegen woanders. Man fragt sich, warum in diesem riesigen romanischen Tonnengewölbe mit seiner Eigenschaft, Musik zurückzuspielen, einem nicht enden wollenden Nachhall, die Entscheidung für Bruckner fiel, dann weiter, warum die Entscheidung für die zweite Fassung (1887-1890) der achten Brucknerschen Sinfonie fiel, wo doch die erste (1884-87) weder so laut – in der Zweiten ertönen die Holzbläser dreifach, die Harfen zweifach, die Hörner achtfach – wird, noch die klangliche Wagnerisierung so überdeutlich wird, die wiederum das Dunkle und Gewaltige der Musik betont.
Ob in anderen Aufführungen eine gewisse Mechanik des Wechselns von laut und leise, von Fortissimo und Pianissimo auch so deutlich wird, muß ich erst überprüfen. Hier auf jeden Fall hatten die vier Sätze sowieso ihre Feierlichkeit, und das systematische Anschwellen und Abschwellen war vielleicht der Akustik geschuldet. Schon stark, wie Bruckner mit der Grundtonart g-Moll umgeht und sie nicht mehr sklavisch befolgt, sondern mit ihr spielt, besser: sie spielen läßt. Ihm gelingt eine sozusagen klangliche Architektur zu Beginn, die er später mit den Posaunen und Tuben gegeneinander krachen läßt, so daß eigentlich das Weltenende mit seinem Zusammenbruch da ist. Doch es geht weiter, wie es immer und unter allem Umständen weitergeht und wieder einmal die Trompeten im Fortissimo übrigbleiben.
Das Scherzo nun -ungewöhnlich - an zweiter Stelle, hier kommen die zwei Harfen zum Einsatz, eine lyrische, ja poetische Musik, die nicht dahinplätschert, sondern sich jeweils jäh aufschwingt zu mehr.
Im Adagio dann haben die Streicher ihren Haupteinsatz, die Celli dürfen jubeln, aber im Hinter- und Untergrund lauern die Tuben. Da kommt noch was. Das kann man dann im vierten Satz, dem Finale verfolgen, kämpferisch und lautstark, wenn die Blechbläser das Hauptthema behaupten, die Streicher dagegen angehen und eine sanftere, lyrischere Richtung einschlagen, die Violinen, mit den Flöten und Klarinetten diese verstärken, aber dann alle zusammen die Blöcke aufeinanderschichten und erneut feierlich und lautstark seinem Ende zuführen.
Ja, es wurde gehudelt. Nicht alles kann man mit der schwierigen Akustik entschuldigen. Zu oft kamen die Einsätze zu spät, auch zu früh. Aber das ist das Eigenartige an diesen Aufführungen von Monumentalwerken in monumentaler Architektur. Sie funktionieren auf andere Weise. Es ist ein psychischer Moment, der neben dem physischen des Stillsitzens auf den Kirchenstühlen, solche musikalischen Aufführungen zu einem Körper-Seelen-Ereignis machen. Kann sein, daß alle kritischen Einwände gerade zum Erfolg für’s Publikum beigetragen haben.
Auf die sensible Einführung durch den Festivalchef Michael Herrmann sowie die von ihm vorgetragenen Festivaldaten kommen wir noch zu sprechen.
Fotos:
©Ansgar Klostermann, Rheingau Musik Festival
Info:
Aufführung am 3. September 2022 in der Basilika von Kloster Eberbach
Das nächste Rheingau-Musikfestival findet vom 24. Juni bis 2. September statt.
Zum öffentlichen Kommen und Gehen bei den Konzerten in Kloster Eberbach:
Der Hinweg aus Frankfurt war Spitze. In kurzer Zeit erreichten wir bequem die Basilika. Aber die Rückfahrt! Nein, wir sind nicht sofort gefahren, sondern saßen mit anderen noch beisammen. Als wir dann losgingen, war der Weg, den wir gekommen waren, versperrt. Denn von der Bushaltestelle ging's direkt durch die Basilika, die jetzt zugeschlossen war. Wie jetzt? Fast keiner, den wir fragten, war ortskundig. Und die, die so taten, schickten uns in die Irre. Auf jeden Fall sind wir ganz um die Anlage herum, kamen auf der normalen Straße an, sind die hinuntergegangen und trafen auf einen hiflreichen Autofahrer, der uns weiter den Berg hinunterschickte, dann rechts, dann rechts, wo wir eine halbe Minute, bevor der Bus um 22.41 kam, ankamen. Wir fühlten uns als Sieger. Aber dann das. Unten am Bahnhof Eltville hieß es, der Zug nach Frankfurt habe 20 Minuten Verspätung, dann 25, am Schluß wurden 45 Minuten daraus. Das hieß, insgesamt eine Stunde warten.Und dort gibt es bei Gleis 1 keine Bänke, also eine Stunde hin- und hergehen, was die ersten Minuten nach langem Sitzen keine Strafe ist. Aber dann...Auf jeden Fall Heimkehr gegen 1.30 Uhr, also drei Stunden Fahren und Gehen. So verdient man sich seine Festivalkarte, aber überlegt, das nächste Mal doch das Auto?
Der Hinweg aus Frankfurt war Spitze. In kurzer Zeit erreichten wir bequem die Basilika. Aber die Rückfahrt! Nein, wir sind nicht sofort gefahren, sondern saßen mit anderen noch beisammen. Als wir dann losgingen, war der Weg, den wir gekommen waren, versperrt. Denn von der Bushaltestelle ging's direkt durch die Basilika, die jetzt zugeschlossen war. Wie jetzt? Fast keiner, den wir fragten, war ortskundig. Und die, die so taten, schickten uns in die Irre. Auf jeden Fall sind wir ganz um die Anlage herum, kamen auf der normalen Straße an, sind die hinuntergegangen und trafen auf einen hiflreichen Autofahrer, der uns weiter den Berg hinunterschickte, dann rechts, dann rechts, wo wir eine halbe Minute, bevor der Bus um 22.41 kam, ankamen. Wir fühlten uns als Sieger. Aber dann das. Unten am Bahnhof Eltville hieß es, der Zug nach Frankfurt habe 20 Minuten Verspätung, dann 25, am Schluß wurden 45 Minuten daraus. Das hieß, insgesamt eine Stunde warten.Und dort gibt es bei Gleis 1 keine Bänke, also eine Stunde hin- und hergehen, was die ersten Minuten nach langem Sitzen keine Strafe ist. Aber dann...Auf jeden Fall Heimkehr gegen 1.30 Uhr, also drei Stunden Fahren und Gehen. So verdient man sich seine Festivalkarte, aber überlegt, das nächste Mal doch das Auto?