Wenn Johnny Depp singt und Jamie Cullum auf dem Klavier tanzt

Montreux-Jazzfestival 2022

Notker Blechner

Montreux (Weltexpresso) – Kreisch-Alarm in Montreux: Schauspieler Johny Depp lockte zahlreiche junge Fans beim Montreux-Jazz-Festival an. Für die großen emotionalen Momente sorgten aber andere Stars wie Diana Ross, Nick Cave, Maneskin und Jamie Cullum. Zur Freude der Festival-Macher gab’s auch noch einen neuen Besucher-Rekord.

Es war (fast) wieder wie in alten Zeiten: An der Promenade des Genfer Sees tummelten sich Tausende Besucher an den Open-Air-Gratiskonzerten, drinnen im Konferenzzentrum 2m2c herrschte dichtes Gedrängel um die besten Plätze für die Konzerte der Pop- und Jazz-Stars, die bis zu 150 Franken kosteten. 17 der 32 Konzerte waren ausverkauft. 85 Prozent der Konzertsäle waren belegt. Ein Rekord!

So viele Besucher wie nie

Insgesamt strömten 250.000 Besucher zum Festival - so viele wie nie. Festival-Chef Mathieu Jaton strahlte vor Glück. „Es war eines der schönsten Festivals in der Geschichte“, schwärmte er bei der Abschluss-Pressekonferenz.

Dabei hatte es vor einem Jahr noch deutlich düsterer ausgesehen. Wegen der Corona-Pandemie fand das Festival nur in abgespeckter Form statt, die Konzerte liefen teilweise auf einer Seebühne. Nur wer einen Impfausweis hatte, durfte rein. Die Zahl der Besucher schrumpfte auf 40.000, das Festival rutschte in die roten Zahlen.

Nun ist schneller als gedacht die Durststrecke wieder überwunden, Corona ist vorbei. Impfnachweise wurden diesmal nicht mehr verlangt, Masken wurden keine getragen. Abstände wurden nirgendwo eingehalten. Es ist alles wieder wie früher, sagten viele Gäste.

Das sieht Festival-Chef Jaton nicht ganz so. Das Festival habe eine neue Strategie finden müssen - zwischen Nische und Massenveranstaltung. So stehe Montreux immer noch für ein intimes familiäres Festival mit Top-Künstlern.

Extra-Songs nur für Montreux

Tatsächlich kommen einige Stars bevorzugt nach Montreux, weil sie dort das spezielle Ambiente schätzen. Nur in Montreux gebe es so viele Musik-Liebhaber, erklärte die britische Hip-Hop-Band Stormzy. „Jeder liebt hier Kunst und Musik.“ Und Olly Alexander von Years & Years gestand, dass er nach Montreux nur wegen seines einzigartigen Rufs gekommen sei. Andere Festivals wähle er nach Große aus.

Pop-Legende Diana Ross nutzte den Strawinsky-Saal für ihre Abschlusstournee in Europa und gab mit „Don’t explain“ eine Hommage an Billie Holiday. Die Band Stormzy zelebrierte ein eigens für Montreux konzipierten Gospel-Rap. Und auch die Band The Smile kreierte speziell für das Festival ein neues sechsminütiges Stück „Bending Hectic“.

Zu den großen Momenten des zweiwöchigen Festivals zählten die Auftritte von Aha, Nick Cave und Eurovision-Song-Contest-Sieger Maneskin und Dutronc & Dutonc. Der französische Altstar Jacques Dutronc zelebrierte mit seinem Sohn die bekannten Songs wie „J’aime les Filles“, „Et moi et moi et moi“ sowie „Il est cinq heures, Paris s’éveille“ und ließ sich auch nicht von einem zeitweiligen Stromausfall aus der Ruhe bringen.

Johnny Depp bringt Fans zum Kreischen

Zur Krönung des Festivals kam Johnny Depp, der gerade erst den Verleumdungsprozess gegen Amber Heard gewonnen hat. Der Hollywood-Star trat mit seinem Freund, dem Gitarristen Jeff Beck auf. Er brauchte nicht mehr zu tun als ein bisschen an seiner E-Gitarre herumzuzupfen und sich vom Rhythmus von Beck mitreißen zu lassen. Den Besuchern, vor allem weiblichen Teenies, reichte der Anblick ihres Idols. Als Depp auch noch sang, kreischten sie vor Glück.

Großes Finale mit Jamie Cullum

Spektakulärer war der Auftritt von Jamie Cullum. Der britische Jazz-Pop-Sänger zog alle Register beim Abschlusskonzert des Festivals. Mit der Mischung aus gefühlvollen A-Capella-Songs und schnellen Pop-Hits begeisterte er das Publikum. Er interpretierte mehrere altbekannte Songs wie „Don’t stop the Music“ neu und tanzte auf seinem Piano wild umher. Am Ende seines zweistündigen Auftritts spazierte Cullum noch singend durchs Publikum. Solche Momente machen den Geist von Montreux aus...