reiheMAINLY MOZART. Ein neues Festival für Frankfurt und die Region, 21.-30. April 2023, Teil 2: Der Kommentar

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Dieser Festivalgedanke ist so gut, daß man denkt, das hätte längst erfunden werden müssen. Stimmt nämlich, ein Musikfestival für Frankfurt fehlt, als was übrigens lange Jahre mit sehr großem Erfolg der Saisonauftakt in der ALTEN OPER galt: FRANKFURT FESTE. Stichwort: Dieter Rexroth. Stichwort: Hans-Klaus Jungheinrich. Aber MAINLY....., mit der Doppeldeutigkeit von Main und der Übersetzung aus dem Englischen: hauptsächlich, vor allem, vorwiegend...ist etwas anderes, gilt wohl immer einem Komponisten, denn 2023 ist nur der Anfang eines Vorhabens, das alle zwei Jahre stattfinden soll und wenn man darüber nachdenkt, fällt einem noch einiges ein, über Komponisten hinaus.

feinDoch erst einmal MOZART. Damit kann man überhaupt nichts falsch machen. Es gibt wohl keinen anderen Komponisten, den man schon nach 1-2 Takten so erkennt wie Mozart. Nicht mal Bach, nicht mal Beethoven, wenn es nicht gleich DIE WUT NACH DEM VERLORENEN GROSCHEN ist. Zudem war Mozart in Frankfurt. Zweimal. Erst als Wunderkind vom 10. bis 31. August 1763 in fünf Konzerten am Klavier, von denen Goethe dasjenige am 28.8. besuchte und noch fast 70 Jahre später sich dessen erinnerte. Wichtig Mozarts langer Aufenthalt vom 23. September bis Anfang November 1790, wo er zur Krönung des Habsburgers und neuen mitteKaisers Leopold II. angereist war, der dem von Mozart als „Aufklärungs“kaiser geachteten und verstorbenen Joseph II. nachfolgte. Leider war es ein Privatbesuch, denn der neue Kaiser hatte Mozart nicht in sein Gefolge aufgenommen. Ein Jahr später starb dann auch Mozart in Wien. Wir werden sicher im nächsten Jahr erneut viel über Mozart hören, denn die Biographien der jeweiligen „Mainlys“ sollen je eine Rolle spielen.

Es war sicherlich nicht einfach, zehn Herren unter einen Hut zu bringen, soll sagen, zehn Institutionen, die in und um Frankfurt Musik veranstalten. Wie sehr übrigens 'zehn Herren' doch seine Richtigkeit hat, können diskuSie gleich dem Titelfoto entnehmen und den Fotos von der Pressekonferenz, den sieben der zehn waren anwesend. Man glaubt es nicht, aber so ist es noch. Alle zehn beteiligten Musikinstitutionen werden von Männern geleitet. Die zwei anwesenden Frauen vertreten anderes; die eine in der Mitte moderierte, sicher, weil Frauen eben öffentliche Kommunikation besonders beherrschen, die andere ist vom ehemaligen SPD-Oberbürgermeister Feldmann als Kulturdezernentin nach Frankfurt geholt worden. Und wenn es während der Pressekonferenz auf eine, meiner Meinung nach, berechtigte Frage eines Kollegen auf der Suche nach dem Publikum, das sich Konzertkarten nicht leisten kann, mehr als pikiert die Antwort gab, man lasse sich sein Publikum nicht schlechtreden und auch nicht austauschen, was natürlich überhaupt nicht die Absicht des Fragenden war, so sagen wir gleich, daß wir aus dem Stand keinen der zehn Herren sofort austauschen wollen gegen eine fachkundige Frau. Daß es aber schon auffällig ist, wie sehr noch die Leitungsstrukturen, nicht nur in der Musik, reine Männervereine sind.

Dies ist ein Anfang. Und das Festival befindet sich zwischen ALLER ANFANG IST SCHWER und UND JEDEM ANFANG WOHNT EIN ZAUBER INNE, wobei Hesses Gedicht sogar dezidiert sagt: „Der Weltgeist will nicht fesseln und uns engen, Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten“. Mir geht’s ums Heben und Weiten. Denn ausgerechnet am Tage der Pressekonferenz, 17. November, läuft in den deutschen Kinos THE MAGIC FLUTE – DAS VERMÄCHTNIS DER ZAUBERFLÖTE AN, ein Blockbuster, den der legendäre Deutsche in Amerika, Roland Emmerich, produziert und sich im Vorfeld über die Bedeutung von Mozarts ZAUBERFLÖTE sozusagen als Weltoper äußerte, die nicht nur seine Lieblingsoper und die in Deutschland am meisten gespielte Oper ist, sondern auch die aufführungsstärkste der ganzen Welt. Im neuen Film wird die Zauberflöte ins Heute übertragen. In unserer Filmbesprechung, Link unten, heißt es: „Mozarts ″Die Zauberflöte″ wurde am 30. September 1791 in Wien uraufgeführt. Der Film ″The Magic Flute - Das Vermächtnis der Zauberflöte″ hatte seine Uraufführung beim Zürich Film Festival am 30. September 2022 - genau 231 Jahre später.

Zuvor gab es schon andere Verfilmungen von Mozarts Oper. So hat Ingmar Bergman die Oper unter dem Titel ″Trollflöjten″ 1974 für das schwedische Fernsehen adaptiert. Curt Linda hat unter dem Filmtitel ″Die kleine Zauberflöte″ (1997) eine 60minütige Zeichentrickanimation erstellt. 2006 verlegte Kenneth Branagh - zum 250. Geburtsjahr von Wolfgang Amadeus Mozart - die Oper unter dem Titel ″The Magic Flute″ in den Ersten Weltkrieg, ohne jedoch auf die Musik zu verzichten, dabei wurde das Libretto von Stephen Fry neu bearbeitet.“

Und damit ist ja erst einmal nur eine Mozart Oper angesprochen. MOZART und FILM ist eine Erfolgsgeschichte sondergleichen. Daß die sieben Herren diese Steilvorlage, daß die Zauberflöte am selben Tag anlief, zur Pressekonferenz nicht aufgenommen hatten, liegt daran, daß bei uns nach wie vor die Kunst- und Kulturbereiche eben Bereiche bleiben. Musik ist Musik. Film ist Film. Und im Kern ist es das auch. Aber Filme haben Inhalte, haben Filmmusik. Ich bin sicher, das „Heben und Weiten“ wird kommen. Wenn das Deutsche Filminstitut und Filmmuseum in Frankfurt erst von dem Vorhaben Wind bekommt, sind die Macherinnen sicher in der Lage, aus dem reichen Bestand MOZART UND FILM etwas beizutragen. Und jetzt kommt etwas Persönliches. Im ersten Stummfilm über Mozart spielte meine Wiener Mama das Nannerl und meine Tante das Wolferl. Das war 1921. Der Film war mehr als 70 Jahre verschollen. Und dann fand man Teile einer italienischen Kopie in einem Museumskeller in Rom. Seither weiß man, daß Milos Forman seinen AMADEUS (der wiederum auf dem Stück von Peter Shaffer beruht) 1984 nur einer längeren Reihe von Mozartfilmen hinzufügte. Selbst Oskar Werner war einmal Mozart. Was gibt es da zu entdecken. Und das sind ja erst einmal nur die biographischen Filme.

Darüberhinaus gibt es nicht nur Opernverfilmungen, wo Mozarts Musik ja konstitutiv ist, besonders beliebt: Don Giovanni (Joseph Losey)!, sondern MOZART UND FILMMUSIK ist eine weitere Großbaustelle. Deshalb Baustelle, weil einerseits Mozart original ertönt, dann aber auch in vielen modernen Arrangements, wo einem sofort einfällt, daß auf diese Weise auch die elfte Musikinstitution zum Zuge käme: das in Frankfurt beheimatete ENSEMBLE MODERN, das übrigens keinen männlichen Leiter hat, weil sie überhaupt keine Leitung haben, sondern selbstbestimmt arbeiten und musizieren.

Oft zitiert wird in Pollacks Verfilmung JENSEITS VON AFRIKA der langsame Satz aus Mozarts A-Dur-Klarinettenkonzert, der die Liebesbeziehung „Rolle Meryl Streep“ und „Rolle Robert Redford“ begleitet, woraus dann wieder ein anderer Film das Klarinettenkonzert erklingen läßt, wenn von Afrika der Rede ist. Und schon viel länger zuvor hat dieses Klarinettenkonzert in Jean Luc Godards AUßER ATEM eine Rolle gespielt. Und VERTIGO, auch Hitchcock brauchte Mozart! Und erst beim Hochzeitfeiern im Film, da muß einfach Mozart dabei sein. Fängt man erst damit an, ergibt MOZART einen ganzen Kontinent!

mainlyWie schön, daß Frankfurt sich aufmacht, gemeinsam innerhalb der Musikinstitutionen und sicher bald auch gemeinsam mit dem, was Mozart in anderen Künsten hergibt. Denn eigentlich hätten wir natürlich auch über die Literatur sprechen müssen. Da soll heute der Hinweis auf das berückende Buch MOZART von Wolfgang Hildesheimer von 1977 genug sein, das Mozart auch aus psychoanalytischer Sicht betrachtet, dem Repliken von Joachim Kaiser u.a. folgten. Das FRANKFURTER LITERATURHAUS und andere können sicher sehr viel mehr daraus machen.

Ein Hingucker ist auch das Festivalplakat, bei dem man deutlich Wellen sieht, die auch die Schriftzüge in Mitleidenschaft ziehen. Da geht nicht etwas den Bach runter, sondern da ist etwas obenauf, strömt. Weia, Waga Woga du Welle, wird es nicht sein. Freuen wir uns auf MAINLY MOZART, April 2023.

 
Fotos:
von der Pressekonferenz in der Alten Oper
©Redaktion

Info:

MAINLY MOZART 2023 – EINE INITIATIVE VON: Alte Oper Frankfurt, Frankfurter Museums-Gesellschaft e.V., Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt, hr-Bigband, hr-Sinfonieorchester und Oper Frankfurt
IN KOOPERATION MIT Bad Homburger Schlosskonzerte, Mozart-Gesellschaft Wiesbaden e.V., Primus-Linie und Stadt Offenbach

MAINLY MOZART 2023 – FÖRDERER EINZELNER VERANSTALTUNGEN:Dr. Marschner Stiftung, DZ Bank, Ernst Max von Grunelius-Stiftung, Gesellschaft der Freunde der Alten Oper Frankfurt, Kulturfonds Frankfurt RheinMain und Stiftung Bad Homburger Schlosskonzerte

www.mainly-mozart.de

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