Opernmarathon zum Belcanto Festival vom 17.07. bis 27.Juli
Sabine Zoller
Bad Wildbad (Weltexpresso) - In nur etwas mehr als zwei Tagen erleben Opernfreunde im Juli 2025 gleich drei Erstaufführungen – ein künstlerisches Wagnis, das Festivalintendant Jochen Schönleber mit Bedacht und Leidenschaft inszeniert. Insgesamt werden während der zehntägigen Festivaldauer 13 Opernvorstellungen gegeben, an Haupttagen sogar zwei Aufführungen täglich – eine logistische Meisterleistung, zumal mit nur einem Orchester gearbeitet wird. Damit stehen insgesamt fünf Opern in 50 Stunden auf dem Programm des Belcanto Festivals. „Rossini in Wildbad“ ist nicht nur ein musikalisches Kraftpaket, sondern auch ein Anreiz für Kulturliebhaber aus aller Welt.
Trotz der verstärkten Unterstützung des Landes Baden-Württemberg bleibt das Festival finanziell auf schmaler Basis, getragen vor allem vom Engagement des Hauptsponsors AWG Landkreis Calw und dem Freundeskreis Rossini e.V. Doch gerade diese Rahmenbedingungen spornen das Festivalteam an, kreative Wege zu gehen. Jahr für Jahr gelingt es Schönleber, mit Erfindungsreichtum den internationalen Ruf von „Rossini in Wildbad“ zu festigen. Auch 2025 setzt er neue Maßstäbe – mit einem Opernmarathon, der das „bedeutendste italienische Opernfestival nördlich der Alpen“ noch einmal unterstreicht. „Wo gibt es sonst fünf Opern in 50 Stunden – darunter drei Erstaufführungen?“, fragt Schönleber auf der jüngsten Pressekonferenz. „Das habe ich so noch nirgendwo gesehen.“
Das Publikum gibt ihm recht: Kritiker und Gäste reisen sogar aus Frankreich, Italien und England mit dem Zug an – und das gezielt für dieses musikalische Spektakel. Besonders amerikanische und internationale Gäste legen ihre Reisepläne so, dass sie möglichst viele Aufführungen in kurzer Zeit erleben können. „Die Leute wollen, wenn sie schon weite Wege auf sich nehmen, auch möglichst viel sehen – und das scheint zu funktionieren“, so Schönleber. Die Nachfrage sei groß.
Der Opernmarathon beginnt am Donnerstag, 24. Juli, um 19.30 Uhr im Königlichen Kurtheater mit der deutschen Erstaufführung von Pierre de Médicis – Pierro der Unglückliche. Die selten gespielte Oper des polnischen Komponisten Prinz Józef Michał Poniatowski (1816–1873) entführt ins Florenz der Renaissance und erzählt die tragische Geschichte eines Nachfahren der berühmten Medici-Familie. Poniatowski, ein musikalischer Autodidakt mit engen Verbindungen zu Italien und Frankreich, komponierte im Stil des italienischen Belcanto mit französischen Einflüssen. Die Handlung dreht sich um Liebe, politische Intrigen und familiären Verrat – ein historisch interessantes Werk, das nach dem Tod des Komponisten kaum mehr aufgeführt wurde.
Bereits am Freitagmorgen, 25. Juli, um 11.15 Uhr öffnet das Königliche Kurtheater erneut seine Türen – diesmal für die komische Oper Un avvertimento ai gelosi (Eine Warnung an die Eifersüchtigen) von Manuel García, dem gefeierten spanischen Tenor und Komponisten des frühen 19. Jahrhunderts. García war ein enger Zeitgenosse Rossinis und sang einst den ersten Almaviva in Il barbiere di Siviglia. Die Opera buffa in einem Akt ist ein heiteres Werk voller Eifersucht, Täuschung und romantischem Durcheinander.
Am selben Abend um 19.30 Uhr folgt dann mit Rossinis La Cenerentola (Aschenputtel) ein absolutes Highlight: das Meisterwerk entstand 1817 und zeigt Rossinis kompositorische Brillanz auf dem Höhepunkt seines Schaffens. In nur 24 Tagen geschrieben, vereint die Oper spritzige Komik mit musikalischer Tiefe und feinem Charakterspiel – ein Paradebeispiel italienischer Opernkunst.
Am Samstagvormittag, 26. Juli, um 11.15 Uhr steht L’inganno felice (Die glückliche Täuschung) auf dem Programm – eine Neueinstudierung der erfolgreichen Produktion von 2015. Die Oper in einem Akt war Rossinis erster großer Bühnenerfolg und überzeugt durch eine Mischung aus romantischer Komik und ernsten Untertönen. Die Handlung erzählt von der unschuldig verstoßenen Isabella, die nach einem Jahrzehnt des Exils durch glückliche Umstände rehabilitiert wird – eine Geschichte von Verrat, Loyalität und der Wiederherstellung von Ehre.
Den krönenden Abschluss des Opernmarathons bildet Otello – Rossinis Version der berühmten Tragödie – am Samstag um 18 Uhr in der Trinkhalle. Anders als Shakespeare und Verdis Fassungen endet Rossinis Otello, zumindest in seiner römischen Version von 1820, mit einem versöhnlichen Schluss. „Es gibt keinen Mord an Desdemona“, betont Schönleber schmunzelnd. Die dramatischen Kernthemen – Eifersucht, Verrat und Liebe – bleiben dennoch erhalten. Rossinis Umarbeitung mit einem lieto fine (glücklichem Ende) wurde einst vom Rossini-Experten Gosset als „zynisch“ bezeichnet, doch dramaturgisch sei das Happy End überzeugend umgesetzt. Die Aufführung in Bad Wildbad ist eine kleine Sensation: Kein Geringerer als der weltbekannte Verdi-Tenor Francesco Meli erfüllt sich hier einen Traum und debütiert als Rossinis Otello. Ihm zur Seite steht die Sopranistin Diana Haller als Desdemona – unter der musikalischen Leitung von Antonio Fogliani verspricht diese konzertante Aufführung ein unvergessliches Erlebnis.
„Das ist viel Oper in kurzer Zeit“, resümiert Schönleber, „aber die Spielstätten liegen nah beieinander und die Bad Wildbader Gastronomie bietet zur Freude der Gäste sogar spezielle Rossini-Gerichte an.“ Ein stimmiges Gesamtkonzept für ein Festival, das erneut beweist, wie viel Leidenschaft und Kreativität in Bad Wildbad steckt.
Alle Infos: https://www.bad-wildbad.de/de/rossini/
Foto: Rossini in Bad Wildbad - Jochen Schönleber, Intendant und moderner Impresario, versteht es Jahr um Jahr mit neuen Ideen und Veranstaltungen Gäste aus aller Welt nach Wildbad zu locken © Sabine Zoller
Foto: oval gerahmt sind die Rossini Medaillons, die zur Festspielzeit den Kurpark zieren © Sabine Zoller
Foto: Applaus für Sängerinnen und Sänger sowie die musikalischen Leitung von Antonio Fogliani und den Intendanten Jochen Schönleber 2024 beim Barbier von Sevilla © Sabine Zoller