Die Cello spielende Boy Group Evangcellisten zu Gast
Hanswerner Kruse
Schlüchtern (Weltexpresso) - Im Rahmen des Nieder-Mooser Kultursommers gab es ein Doppelkonzert mit den „Vier Evangcellisten“, die ein Potpourri wohlbekannter, einschmeichelnder Melodien darboten und dem Organisten Frank Hoffmann, der kraftvoll das Jubiläumsinstrument nutzte.
Es ist immer ein großartiger Moment, wenn in der Nieder-Moser Kirche die brausende kraftvolle Orgel ertönt, deren 225. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird. Hoffmann präsentierte zunächst zwei voluminöse barocke Orgelstücke von Dietrich Buxtehude und Johann Pachelbel, vom Letzteren gerade nicht den vertrauten „Kanon“.
Im Gegensatz zu ihm hatten die vier Cellisten äußerst populäre Melodien gewählt und fiedelten sich durch die „Gassenhauer“ der Opernliteratur. Mehrfach brachten sie für ihre Instrumente umgeschriebene Arien aus Georges Bizets „Carmen“ sowie Giacomo Puccinis „Tosca“ und „La Boheme“ zu Gehör. Das Quartett ersetzte zwar technisch perfekt und hervorragend arrangiert ein Orchester sowie die Stimmen der Opernsänger. Allesamt hatten die Hits der Singspiele einen hohen Wiedererkennungswert, auch der Rezensent wollte wohl gerne mitklatschen oder den Text mitsummen.
Wenn allerdings auf einem Cello etwa Mimis Arie ihrer Träume aus „La Boheme“ gestrichen wurde, dann war das zwar hübsch anzuhören, musikalisch jedoch nicht überzeugend. Keinesfalls konnten die Klänge der Musikanten den Zauber von Opern-Stimmen ersetzen, alle diese für Celli arrangierten Stücke hörten sich wie Ouvertüren und Zwischenspiele an. Aber so wie einst Carmen mit ihrer „Habanera“ die Männer umgarnte, wickelte auch die Boy Group ihr Publikum mit „berühmten Nummern“ (so der durch das Programm führende Marcus Jung) das Publikum um die Finger.
Vor und nach der Pause spielte Hoffmann erneut starke Orgelmusik des 19. Jahrhunderts, sowie zwei, drei modernere Stücke. Das hörte sich dann bei „Fountain Reverie“ von Percy Fletcher auch schon mal so an wie die Opernmusik der Cellisten - Einzelpfeifen bliesen die Melodie, Basslinien schufen den Rhythmus. Aber insgesamt hatten beide Konzerte leider nichts miteinander zu tun, obwohl kraftvolle oder zurückgenommene Orgelmusik sehr wohl poetisch mit den Celli hätte harmonieren könnte.
Im zweiten Teil ihres Konzerts präsentierten die Evangcellisten „Traditionals“, also Volksmusik aus aller Welt: Dabei gaben sie auch eine großartige Version von „Scarborough Fair“ zum Besten, einem britischen Volkslied, das von Simon und Garfunkle ein Hit wurde. Alle wohlklingenden, perfekt gestrichenen oder gelegentlich gezupften Klänge, schufen eine Atmosphäre zum Träumen und waren pure Filmmusik zum Wohlfühlen. Die weitere Reise entführte die Zuhörer dann ins temperamentvolle Latein-Amerika. Richtig keck zelebrierten die jungen Musiker einen „Mambo“ und riefen gemeinsam sogar dreimal „Mambo!“ ins Publikum. Die Stierkampfmusik Paso Doble brachte die Zuschauer dann mehrfach zum Jubeln, das die seit acht Jahren tourenden Cellisten am Ende des Konzerts mit stehenden Ovationen belohnte.
Es war ein netter unterhaltsamer Sommerabend in der Kirche, in dem die jungen Musiker vollendet ihr Handwerk zelebrierten, doch ihren Instrumenten weder poetische noch innovative Klänge entlockten - und rein gar nichts riskierten.
Und schade natürlich, dass das Konzert so auseinanderfiel, Orgel und Celli nicht zueinander kamen.
Foto: Hanswerner Kruse (v.l.n.r.)
Lukas Dihle, Hanno Riehmann, Mathias Beyer und Markus Jung