Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle widmeten ihr Silvesterkonzert der Liebe
Kirsten Liese
Dresden (Weltexpresso) - Beethovens Neunte sowie Walzer von Johann Strauss zählen nebst diversen beschwingten Melodien aus Operette und Musical zu den Stücken, die sich an Silvester besonderer Beliebtheit erfreuen und landläufig die Konzertprogramme bestimmen.
Entsprechend hatten auch Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle die Silvesterkonzerte in den vergangenen Jahren ausgerichtet, mit Werken der leichteren Muse.
Aber es geht freilich auch ganz anders, und nach all den Edelsellern von Gershwin, Strauss, Kalman und Co, die die Dresdner sonst so auftischten, kreierten sie diesmal ein kleinteiliges Programm ohne Pause mit populären klassischen Werken, die einem solchen festlichen Anlass mindestens ebenso gerecht werden, auch wenn das ZDF es diesmal leider nicht live, sondern zeitversetzt zu später Stunde ausstrahlte.
Der Abend begann, schwungvoll und elegant vorgetragen, mit der Ouvertüre eines Komponisten, dessen Namen zwar heute kaum einer kennt, der zumindest aber mit der Ouvertüre zu seiner Oper „Donna Diana“, von der sonst nichts erhalten ist, einen Ohrwurm geschaffen hat, den etwas ältere Zuschauer noch von der musikalischen Quizsendung „Erkennen Sie die Melodie“ kennen.
Als Solist des Abends empfahl sich der Russe Nikolaj Znaider, ein gern gesehener und begehrter Gast der Sächsischen Staatskapelle, einmal mehr als einer der besten Geiger seiner Zeit. Gleich zwei herrliche Werken, die das Repertoire für sein Instrument mit Orchester hergibt, hatte er im Gepäck: das Violinkonzert von Max Bruch und die beiden träumerischen Miniaturen „Liebesleid“ und „Schön Rosmarin“ von Fritz Kreisler.
Hier wie da zeigte sich die große Meisterschaft dieses Musikers nicht nur in der Makellosigkeit und Perfektion seines Spiels, sondern vor allem auch in seiner delikaten klanglichen Behandlung der lyrischen Stellen.
Um das Thema Liebe rankte sich das gesamte Programm, und das vermittelte sich, so feinfühlig wie sich Znaider in die empfindsame Seite dieser Musik vertiefte, mit der denkbar größten Zärtlichkeit. Dabei passte es gut, dass Znaider auf einer Guarneri-Geige spielte, auf der einst auch Fritz Kreisler musizierte.
Schon mehrfach hat Christian Thielemann allerdings auch bewiesen, dass seine Genialität sich nicht nur auf das deutsche klassisch-romantische Repertoire beschränkt, sondern dass auch Tschaikowsky zu den Komponisten zählt, dessen schwermütig-leidenschaftlicher Grundton ihm sehr entgegenkommt. Eine ganze Sinfonie hätte mit der intelligenten Dramaturgie dieses Abends nicht harmoniert, aber die dramatisch auffahrende „Romeo und Julia“-Ouvertüre, von Thielemann auch in den leisen, wehmütigen Momenten bis hin zur Generalpause aufs Subtilste ausgelotet, erwies sich als idealer symphonischer Höhepunkt.
Zum Ausklang gab es natürlich mit Rossinis Ouvertüre „Wilhelm Tell“ und Franz von Suppés „Leichter Kavallerie“ zwei echte Rausschmeißer, bei denen sich dank der eleganten Klangkultur des Orchesters sehr wohl die Unterschiede zu einer einfachen Kulturkapelle sofort ausmachen ließen.
Solche ausgefallenen Programme an Silvester wünsche ich mir öfter.
Foto: (c) staatskapelle-dresden.de