WI Blick in Allee opt 2018Wiesbaden hat allerliebste Alleen aufzuweisen, aber es gibt keine Überwege für Fußbewegte

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es ist schon ein Leid um die Stadt der prachtvollsten kaiserzeitlichen Villen im Lande Hessen, die aber vom Dieselhauch des motorisierten Individualverkehrs umweht werden.
Während die Stadt gleichzeitig ein Dieselabgase-Problem hat und das Verwaltungsgericht Wiesbaden einen für Ende 2017 anberaumten Gerichtstermin in der Sache Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen das Land Hessen von 2017 auf 2018 verschob.

Aufgefallen ist der Zustand Wiesbadens nach einem Routine-Termin in der Landeshauptstadt. Da kam doch unvermittelt der Gedanke auf, den Fußweg zurück zum Hauptbahnhof auf den Baumalleen zu versuchen, wissend, dass diese gänzlich vom motorisierten Individualverkehr, das heißt aus dem überwiegenden Einmannverkehr, eingekreist werden und der Flaneur ein Problem bekommt, wenn er plötzlich mit den Verkehrsbarrieren der querenden Straßen konfrontiert wird.
 
Der versuchsweise belaufenen Alleen waren noch nicht alle
 
WI Allee Mann quer opt 2018Los ging´s also von der Wilhelmsstraße kommend rechts ab auf die Rheinallee und den beidseitig baumbestandenen Mittelstreifen. Später sollte dann noch der die Lust an der einsamen Wanderei zwischen der Autoflut verstärkende große Bogen des Kaiser-Friedrich-Rings den Gang zum Portal des Hauptbahnhofs abrunden.

An der ersten Querstraße angelangt, war die Enttäuschung riesig. Da gab es keinen ampelgeführten Überweg, der das Übertreten in den nächsten Alleenabschnitt ermöglicht hätte. Nix war's. Ratlosigkeit und Zorn stieg auf.
Aber sogleich fasste das mutige Herz den Entschluss, den Übertritt in die nächste Anlage in einem Moment, der günstig erschien, vorzunehmen, ohne vor den Autos und ihrer Übermacht zurückzuschrecken. Und was begab sich dann wohl?
 
Die Autos sind schon weiter als der Verwaltungstechnokrat im Amt
 
Alles ging gut, die kreuzenden Autos merkten, da macht einer was Richtiges, Berechtigtes, und sie hielten, ohne zu hupen. Anscheinend sind Autos schon weiter als das Verkehrsdezernat. Sie merken tatsächlich: wäre doch schön, wenn wir harmonieren könnten.
 
Und auf diese Art und Weise ging es von Abschnitt zu Abschnitt, ohne dass je eine Hupe gehört worden wäre; die Autos, sie hielten und geleiteten doch grad förmlich auf dem Weg über die vermaledeite Unterbrechung des Wegs des Stadtwanderers.
 
Es wurde also nicht einmal nötig, den erforderlichen Schlenker zu machen: rechts über die Rheinstraße (oder den Kaiser-Friedrich-Ring), dann links über den Überweg der kreuzenden Querstraße und nochmal zu linker Hand wieder über die Rheinstraße oder den Kaiser-Friedrich-Ring, um anschließend den Weg auf den beidseitig mit Bäumen bestandenen Alleen des Mittelstreifens fortzusetzen.

WI Allee mit abbiegendem Auto opt 2018Eine kleine Einschränkung wäre allerdings zu machen. Es wurde nicht der Weg rigoros über den Asphalt erzwungen und schnurstracks in die nächste Anlage übergewechselt und somit womöglich direkt in ein Auto gelaufen, sondern die Laufgeschwindigkeit wurde variiert, um den Autos die angemessene Reaktion zu ermöglichen. Rechts und links gekuckt werden sollte also schon. Auf diese Weise gelangte der Alleenwanderer fast bis auf die Höhe des Hauptbahnhofs und hatte ein Experiment gemacht.
 
Wiesbaden hat wahrhaftig ein Verkehrsproblem, indem es seine Baumalleen auf den Mittelstreifen verschleudert und nicht zur angenehmen Nutzung öffnet. Durch Ampeln zugunsten der Fußgänger. Das hülfe der Gesundheit in der städtischen Heimat und im nahegelegenen Lebensumfeld, das im gegebenen Fall eines der attraktivsten der Republik ist. Die Politik sollten sich schleunigst darum bemühen, einen unglaublich unsinnigen und unwürdigen Zustand im schicken Wiesbadener Heimatgefilde zu beenden.

Trotz allem Erfolg, den der Versuch brachte, es muss betont werden, dass ein Nachversuch auf eigene Gefahr geht!
 
Die geplante Wiesbadener City Bahn wird bekämpft
 
Ein weiterer Schauplatz der Verkehrsproblematik Wiesbadens besteht darin, dass die geplante City-Bahn, die auf einem eigenen Gleiskörper fahren und Wiesbaden mit Mainz durch einen ÖPNV verbinden soll, von einer autofixierten Wiesbadener Gruppierung einschlägiger Kreise bekämpft wird.
 
Die Gruppe schreibt in einem Flyer: „450 Mio. sind für eine nicht nachweisbare Entlastung des Individualverkehrs nicht zu verantworten, zumal in Wiesbaden ein gut funktionierendes Bus-System bereits existiert“.

Dem ist entgegenzuhalten: es kann nicht um eine Entlastung des Individualverkehrs gehen, sondern es muss zu einer Reduktion dieses Verkehrs kommen. Das gut funktionierende Bussystem krankt daran, dass die Busse im sich stauenden Individualverkehr stecken bleiben.

Fotos © Heinz Markert