Französische Weinmesse im Schatten von Chinas Drohung
Notker Blechner
Bordeaux (Weltexpresso) - Alle zwei Jahre pilgern Wein-Liebhaber und -experten nach Bordeaux zur Vinexpo. Vor allem für die heimischen Bordeaux-Produzenten ist die Messe eine ideale Gelegenheit, sich der Welt zu präsentieren.
Besonders das Kult-Weingut Chateau Mouton Rothschild inszenierte mit viel Pomp und Glamour die Grands Crus. Doch die Konjunkturflaute und die chinesischen Zoll-Drohungen trübten etwas die Trinklaune.
Die Baronin Philippine von Rothschild ließ es sich nicht nehmen, trotz ihres Alters von 79 Jahren eine Rede zu halten - und den Chinesen die Leviten zu lesen. Das gelang ihr nur mühevoll. Denn ihre schwindende Sehfähigkeit und das künstliche Licht beeinträchtigten sie so sehr, dass sie kaum einen Satz ohne fremde Hilfe vorlesen konnte. Am Ende entschuldigte sich die resolute Baronin für ihre "komplett ausgeflippte Rede".
Die wichtigste Botschaft konnte die Baronin aber doch transportieren: die Ablehnung der chinesischen Zölle auf französische Wein-Importe. So etwas würde die Bordeaux-Weine hart treffen, warnte sie.
Erste Preissenkungen
Auch unter den eingeladenen Eigentümern der großen Weingüter aus dem Bordelais herrschte angespannte Atmosphäre. Die maue Konjunktur mache ihm doch zu schaffen, gab Didier Cuvelier, Miteigentümer es Château Le Crock (Saint-Estèphe) und Château Léoville Poyferré (Saint-Julien) zu. Er habe bereits die Preise senken müssen und werde dies nun ein zweites Mal tun. Und jetzt drohen auch noch chinesische Zölle! Mais non, arrêtez!
Schon jetzt beklagen die französischen Weinbauern erste negative Auswirkungen des Handelsstreits. Das Geschäft habe sich verlangsamt, erklärte der Präsident der Vereinigung der Bordeaux-Weinproduzenten, Bernarde Farges, auf der Vinexpo.
Hilfe, die Chinesen kommen!
Zudem macht sich die Angst vor der "Invasion" chinesischer Investoren in der Region rund um Bordeaux breit. In den letzten vier Jahren übernahmen Chinesen 50 Weinschlösser im Bordelais. Zuletzt erwarb die Investmentgruppe Goldin Financial drei Weingüter, darunter das Bon Pasteur. Und ein "Monsieur Wang" kaufte mit dem Château Bellefont-Belcier den ersten Grand Cru im Saint-Emilion.
Ein großer Abend für die Grands Crus
Doch all diese Ängste über die chinesische Invasion und Zölle wurden an diesem Abend regelrecht weggespült - mit den Grands Crus Classés von Sauternes und Barsac zum Apéritif, den Grands Crus Classés Médoc Millésime 1982 und 1996 sowie – als absoluter Höhepunkt - den Mouton Rothschild 1975 Impériale zum Essen. Zum Abschluss gab's passend zum Dessert einen edelsüßen Château-Moutet 1989.
Zum Dinner wünschte sich Philippe Casteja, Präsident des Rats der Grands Crus Classés en 1855, dass bald bei der Unesco die Bordeaux-Grands-Crus-Weine von 1855 auf der Liste des französischen Kulturerbes eingetragen werden. Dann könnten sich die edlen Tropfen auch für die Aufnahme in das Weltkulturerbe bewerben.
Rothschilds öffnen ihre Schatzkammer
Die Baronin Philippine de Rothschild nutzte die Vinexpo, um den neuen Weinkeller zu zeigen, der nach zweieinhalbjähriger Bauzeit nun in Betrieb ging. Designer Richard Peduzzi und Architekt Bernard Mazières haben eine Halle konzipiert, die an die Ikonographie von Diderots und d'Alemberts Encyclopédie erinnern soll.
Zudem öffneten die Rothschilds ihr Allerheiligstes, das kleine Museum, das eine Vielzahl von Exponaten, Skulpturen, Porzellan und Edelbesteck enthält. Zu den Highlights zählt der Saal, in dem die kunstvollen Etiketten der Mouton-Rothschild-Weine von 1945 bis heute dargestellt sind. Große Künstler wie Picasso, Braque, Chagall, Miro, Keith Haring und Francis Bacon haben hier ihre Handschrift hinterlassen. Die Etiketten-Sammlung war zuvor in mehreren Museen weltweit ausgestellt worden.
Beschwerliche Anfahrt
Schade nur, dass die Infrastruktur nach Mouton immer noch so schlecht ausgebaut ist, und der Weg zum Château recht beschwerlich ist. Aber vielleicht soll das auch zeigen, dass man für einen guten Wein allerlei Strapazen auf sich nimmt. Denn "in einer guten Flasche Wein steckt mehr Philosophie als in allen Büchern", zitierte Philippe Casteja den französischen Impfstoff-Entwickler Louis Pasteur.
www.chateau-mouton-rothschild.com/