P1100841 PuertoEine Kunstreise auf Teneriffa (Teil 2 Puerto de la Cruz)

Hanswerner Kruse

Teneriffa (Weltexpresso) - Schon bei der Parkplatzsuche in Puerto de la Cruz oder bei den ersten Irrwegen in der Altstadt, fallen riesige Wandmalereien an den Fassaden alter Häuser auf: Große Porträts einzelner Menschen, eingehüllt in ihre malerisch angedeuteten Gefühle und Träume. Eine Gitterwand, die uns von einer paradiesischen Landschaft trennt. Wunderbar anzusehende, aber sehr verrätselte naive oder surreale Szenen, faszinieren und machen neugierig.

Im Zuge der - nennen wir es ruhig - „Gentrifizierung“ Puertos durch den Tourismus, wurde auch das schmuddelige alte Fischerviertel aufgehübscht. Westlich vom alten Hafen kam die Gegend durch anspruchsvolle Gastronomie und Mural Art, also Kunst an den Mauern, zu neuem Glanz. Die Street-Art-Objekte von spanischen und einigen internationalen Kunstschaffenden wurden von der Stadt gefördert. Ein offizieller Flyer erklärt die 13 Wandbilder, die sich bei einem etwa einstündigen Rundgang näher erschließen. 

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Wir wohnten am Alten Hafen und sahen vom Balkon direkt auf das restaurierte Zollhaus aus dem 17. Jahrhundert (Foto). Darin ist die Touristeninfo untergebracht und in der oberen Etage seit 1953 das kleine Museum der Moderne Westerdahl. In mehreren Sälen werden frühe surrealistische und andere klassisch-moderne Arbeiten - nicht nur von kanarischen Künstlern - gezeigt. Der Museumsgründer Eduardo Westerdahl rief auch eine Künstlergemeinschaft ins Leben, deren Mitglieder hier im Haus gerne arbeiteten.

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Liebevoll führt uns die ehrenamtliche Leiterin González Pérez durch die Ausstellung, erläutert die Werke und ihre kunstpädagogische Arbeit mit jungen Menschen. Es gebe noch vier weitere sehenswerte Sammlungen, sagt sie, die würde sie gerne noch häufiger wechseln. Das Gruppenfoto mit uns stellt sie abends stolz bei Instagram ein:

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Das eindrucksvollste Gesamtkunstwerk Puertos, wenn nicht ganz Teneriffas, ist der von Cesar Manrique in den 1970er-Jahren geschaffene Lago Martiánez. Bereits die erste Führung durch die weitläufige Badelandschaft, in der sich der hier recht wilde Atlantik mit Felsen und gekachelten Schwimmbecken verbindet, ist sehr eindrucksvoll: Riesige Lavasteine, getrocknete Wurzeln und Kakteen, grobe Steinmosaike, Kontraste von dunklen Natursteinen und strahlendweißen Einfassungen. Dazwischen blecherne Skulpturen („Windspiele“), Holzobjekte, eine gigantische getrocknete Wurzel („Für Wilhelm Reich“), ein alles überragendes weißes Betongebilde, eine rosafarbene Krabbelburg für Kinder mit vielen Zugängen.

Erst beim wirklichen „Eintauchen“ in die Anlage, also im körperlichen Genuss, spürt man die Magie dieses Ortes. Das hier ist kein künstliches Erlebnisbad sondern - typisch für Manrique - eine Zwischenwelt, ein exemplarischer Ort, der wilde Natur, künstliche Objekte und Artefakte miteinander verbindet. Der Lago Martiánez ist im Einklang mit der Natur für die Menschen geschaffen und hat auch nach über 40 Jahren nichts von seiner Faszination verloren.

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Der in Lanzarote geborene und aufgewachsene Künstler César Manrique wurde international bekannt mit seinen abstrakten und doch durch die karge Landschaft seiner Heimatinsel beeinflussten Gemälde. Aus dem Bildenden Künstler wurde nach seiner Rückkehr auf die Kanaren ein Architekt und Umweltgestalter, der seine Kunst als „soziale Plastik“ verstand, ohne diese Beuysche Idee zu kennen. Wie der deutsche Künstler glaubte auch Manrique an die Güte und Einsicht der Menschen. Durch die vielen Projekte des Künstlers auf Lanzarote lässt sich immer noch die friedvolle Verbindung von Natur, Tourismus und Kunst erleben – auch wenn sich oft Hunderte von Besuchern in seinen eigenartigen Sehenswürdigkeiten drängeln.

3D156160 674C 4302 B31E AA471E323B0BEin riesiger bestrickter Turm verweist auf eine „Galerie“ - aber diese Bezeichnung darf man in Puerto nicht allzu ernst nehmen. Wie in vielen „Galerien“ gibt es hier nur Reiseandenken, Folkloremode und Hotelmalerei. Wenn man anspruchsvollere zeitgenössische Kunst oder bestes Kunsthandwerk sehen will, muss man 30 Kilometer nach LA LAGUNA fahren.

Doch wir besuchten zuvor - durch Vermittlung unseres Reiseführers Carsten - den einheimischen Künstler Zárate im nahen LA OROTAVA.
Mehr darüber im nächsten Teil...

Weitere Infos: 
Touristeninformation Puerto / Teneriffa oder https://www.webtenerife.de/besucherattraktionen/museen

Fotos:
Hanswerner Kruse

Zum ersten Teil: Santa Cruz