Ibrahim Maalouf auf der SeebühneMontreux-Festival in kleinerem Format

Notker Blechner

Montreux (Weltexpresso) - Wegen Corona sind viele Sommer-Festivals abgesagt worden. Zu den wenigen Ausnahmen zählt das Jazz-Festival Montreux. Nach einjähriger Zwangspause lockte es Tausende Zuschauer an, die Stars wie Zucchero und Woodkid sehen wollten. Allerdings war alles etwas kleiner und familiärer - fast wie früher.



Es war fast wie in einem kleinen Club, als der italienische Pop-Barde Zucchero vor gerade mal 300 Zuschauern im Petit Palais, einem Anbau des mondänen Palace-Hotels auftrat. Draußen donnerte und blitzte es, zeitweise goss es in Strömen. Deshalb hatte Zucchero es vorgezogen, von der größeren See-Bühne ins kuschelige Ambiente des Luxushotels umzuziehen.


Großer Auftritt von Zucchero

Trotz weniger Zuschauer - normalerweise spielt der Italo-Popstar vor zehntausenden Fans - genoss Zucchero die Saal-Atmosphäre und trällerte mit Inbrunst seine besten Songs - wie "Diavolo in me" oder "Baila". Und zum Finale gab’s natürlich "Senza ma Donna".

"Ihr habt mir gefehlt, deshalb bin ich hier", bekannte der bärtige Italo-Rocker mit dem markanten Hut, der Gitarre und seiner unnachahmlichen Bluesstimme. Er habe lange Zeit den Austausch vermisst. "Mir fehlte das Gefühl der Umarmung mit dem Publikum.“ Als passende Liebeserklärung präsentierte er den Fans seinen neuen Song "Amore adesso".


Sechs Mal weniger Besucher als sonst

Der Auftritt Zuccheros im Nebensaal des Luxushotels stand symbolisch für die abgespeckte diesjährige Corona-Edition des Montreux-Festivals. Alles war kleiner, familiärer und selektiver. Statt 250.000 Musik-Begeisterten strömten diesmal nur 40.000 Besucher zu den Konzerten. Einige waren gratis, andere kostenpflichtig. Laut dem Festival-Veranstalter gab es 15.000, die unter anderem für das Konzert von Zucchero ein Ticket kauften.

Statt in der stickigen Miles-Davis-Hall saßen sie diesmal auf bequemen Stühlen im Palace-Hotel oder an der freien Luft auf Kissen-Plätzen vor der Bühne am Genfer See. Ein bisschen war es wie eine Rückkehr zu den Ursprüngen des Festivals Ende der 1960er Jahren, als die Konzerte noch im kleinen Casino
stattfanden.
Zucchero

Komfort und Sicherheit am wichtigsten

"Für uns war klar, dass wir diesmal alles eine Nummer kleiner machen mussten", erklärt Festival-Chef Mathieu Jaton. "Wir wollten keinen Wettlauf um die Kapazitäten machen", sagt er. Entscheidend sei der Komfort und die Sicherheit für die Besucher. Sie brauchten in langen Warteschlangen herumzuwarten und konnten mit ihrer Eintrittskarte und ihrem Covid-Pass schnell einchecken.

Das kleinere Format hat sich bewährt. "Es gab eine Art Kommunion zwischen Künstlern und Zuschauern", sagt Festivalchef Jaton. Am besten gelang das bei den Konzerten im Palace-Hotel. Vor 200 Zuschauern spielten im Festsaal, dem Petit Théâtre meist junge Jazz-Talente und standen im engen Austausch mit dem Publikum. Nach dem Konzert standen die Künstler noch im Gang herum und waren ansprechbar. Es folgten die Jam-Sessions in der Lobby, die bis weit über Mitternacht dauerten.


Vom klassischen Jazz bis zur traditionellen afrikanischen Musik

Viel Beifall gab’s für den Franzosen Louis Matuté. Er und seine Band lieferten mitreißenden Jazz. Auch die neue Schweizer Generation mit Prya Ragu überzeugte das Publikum. Sommer-Feeling verbreitete der Niederländer Benny Sings mit seiner fulminanten Mischung aus Pop und Jazz.

Eher sanfte Töne gab’s bei Ballaké Sissoko und Vincent Segal. Die beiden kombinierten Elemente der traditionellen afrikanischen Musik aus Mali mit klassischer Musik und Jazz. Sissoko spielt das traditionelle afrikanische Zupfinstrument, die Kora. Segal gilt als Meister auf dem Cello. Manche nennen ihn auch den "Cello-Magier". Seit mehreren Jahren spielen die beiden nach eigenen Angaben zusammen. "Wir harmonieren gut", sagt Segal.


Französischer Elektropop zum Abschluss

Eröffnet wurde das Festival von Woodkid. Den Abschluss des Festivals bildete S+C+A+R+R und Kid Francescoli auf der Seebühne. Er servierte passend zum lauen Sommerabend feinsten französischen Elektropop. Da hielt es die Zuschauer nicht mehr auf den Sitzen.

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