IMG 5214 Foto Zoller 1Im Rollstuhl unterwegs

Sabine Zoller 

Bad Wildbad (Weltexpresso) - Reisen im Rollstuhl ist nicht immer eine einfache Sache, insbesondere dann, wenn ein achtjähriger Junge Lust auf Abenteuer und Ausflüge hat. Durch seine Krankheit AMC ist Leopold auf seinen Elektrorolli angewiesen und Unternehmungen in der Natur nicht immer einfach zu meistern.

Ausnahmen bestätigen die Regel

IMG 5227 Foto Zoller 2Leopold liebt es Ausflüge zu unternehmen. Als Rolli-Experte hat er bei seinem Ausflug nach in Bad Wildbad daher die Attraktionen auf dem Sommerberg auf ihre Behinderten-Tauglichkeit getestet.

„Ich habe alle Attraktionen gesehen und hier ist alles supergut“, erklärt der Achtjährige und strahlt mit einem breiten Grinsen im Gesicht in die Kamera seiner Mutter, die für die Video und Fotoaufnahmen auf seinem facebook Account zuständig ist. „Wir haben vor knapp einem Jahr mit seiner Facebookseite begonnen und mittlerweile ist Leopold auch als „Leo Löwenherz“ auf den Kanälen Instagram und Youtube vertreten.“ Der Junge aus der Pfalz, der seit seiner Geburt unter AMC (Artrogryposis multplex cognita), einer angeborenen Gelenksteife durch eine Muskelstörung leidet, die die funktionsgerechte Ausformung der Gelenke behindert, achtet nicht nur auf seinen Reisen akribisch darauf, möglichst eigenständig mobil zu sein.

„Leo möchte gerne immer und überall dabei sein, und daher war es ihm schon immer wichtig auch darüber zu berichten“, so Eva Stöbener-Klein, die zudem betont: „Leo will mitmachen und dazugehören und dazu gehören Inklusion und Barrierefreiheit.“ Dass sie Aktivitäten des Jungen nicht unbeobachtet bleiben, zeigt die Einladung nach Bad Wildbad. „Leo hat durch einen Bericht über einen Tierpark das Angebot bekommen einmal einen so ungewöhnlichen Ort wie das Sleeperoo auf dem Sommerberg zu testen. Und ganz spontan haben wir nun in den Ferien zugesagt.“ Was mit einer Übernachtung begann, wurde zu einem Abenteuerausflug am darauffolgenden Tag, den Tilmann Blezinger nicht nur als Betreiber des Schlaf Cubes, sondern auch als zuverlässiger Tourguide auf dem Sommerberg begleitete.

Für den Vater von zwei Kindern ist das Schlaferlebnis auf 12 Kubikmetern Raum mit seinem großen Panoramafenster auch privat ein besonderes Übernachtungserlebnis. „Wenn meine Kinder kommen, putzen wir zu Hause die Zähne, ziehen die Schlafanzüge an, übernachten drinnen im Sleeperoo und haben dann morgens den Sonnenaufgang auf dem Sommerberg.“  Leo bestätigt kopfnickend das Erlebnis und betont: „Ich habe besser geschlafen als zu Hause, und könnte mir vorstellen nun für immer im Cube zu übernachten.“

Allerdings, so die Aussagen seiner Mutter, ist der Sommerberg für Rollstuhlfahrer standortbegingt nicht gerade ideal. „Die Aussicht ist grandios, aber es gibt keinen Abstellplatz für den Rollstuhl, der bei schlechtem Wetter im Trockenen stehen muss, um die Technik zu schützen.“ Ohne Beanstandung berichtet Leo über seine Fahrt mit der Standseilbahn, die für Rollstuhlfahrer komplett barrierefrei und so auch für Menschen mit Behinderung ohne Einschränkungen zugänglich ist.

„Durch die großen Fenster konnte ich auf der Fahrt alles sehen“, konstatiert Leo, der mit seinem technischen Hightec-Gerät perfekt umzugehen weiß und sich auf den Ausflug zum Baumwipfelpfad freut. „Hier ist alles gigantisch“, schwärmt seine Mutter, die nicht nur die breiten Wege, sondern auch die sanitären Einrichtungen mit Behinderten-WC lobt. „Alles ist durchdacht, auch die sechs Prozent Steigung, die es einem Elektrorolli ermöglichen den 1.250 Meter langen Weg problemlos bis zur höchsten Aussicht auf dem Turm zu bewältigen.“ Während sich Leo bei seinem Weg auf den Baumwipfelpfad mit den Aufgaben der Eichhörnchen-Rallye beschäftigte, gab es für ihn allerdings bei zurück kein Halten mehr: „Ich will mit der Rutsche nach unten“, so der Tenor des mutigen Jungen, dem es schließlich gelang, seine Mutter für die Rutschpartie zu zweit und seinen Begleiter Tilmann für den Transport des Rollstuhls nach unten zu überzeugen.

Schwarzwald macht auch als Rollstuhlfahrer Spaß

„Wir kommen aus der Nähe von Pirmasens und wissen, wie problematisch Waldwege sein können“, weiß Leopolds Mutter zu berichten, die zu Tagesbeginn noch argwöhnischn Regentropfen samt Regenbogen beobachtet hatte und nun sagt: „Aber hier kann man trotz Laub problemlos auf gut befestigen Wegen fahren.“ Im Nu geht es über den Märchenpfad zur Hängebrücke, um auf der Wild Line das bereits im Vorfeld angekündigte „schwingenden Abenteuer“ zu erleben. „Wir haben uns angemeldet, da die schmale Brücke keinen Raum für zwei Rollstuhlfahrer bietet, um aneinander vorbeizukommen“, so Tilmann Blezinger, der damit frei Bahn für Leo Löwenherz garantiert. Mit Begeisterung lenkte der Junge seinen Elektrorolli durch die Tür neben dem Drehkreuz und schiebt sich Meter für Meter dem Höhepunkt der sanft ansteigenden Hängebrücke entgegen. „Ich habe keine Angst. Hier ist es supercool“, so die spontanen Sprüche des Jungen, der auf Knopfdruck seinen Sitz in eine Liegeposition gleiten lässt, um die Schwingungen der Hängebrücke zu spüren und genussvoll die Augen in den tiefblauen Himmel richtet. „Das hier ist wirklich ist ein unbeschreibliches Gefühl“, schwärmt Leo´s Mutter, die ihren glücklichen Jungen beobachtet und selbst den Ausblick und die Natur von der Höhe genießt.

Fotos:
Der achtjährige Leopold unterwegs im Schwarzwald
©Sabine Zoller