Gaudi Rennen trotz Klimawandel im Nordschwarzwald
Sabine Zoller
Bad Wildbad (Weltexpresso) - „So haben wir unser Rennen noch nie durchgezogen“, erklärt Marcus Eisele, der seit vierzehn Jahren als Vorstand der Skizunft Bad Wildbad das Fassdaubenrennen organisiert. Sonnenschein und steigende Temperaturen waren zu Beginn der vergangenen Woche der Schneepracht am Sommerberg zu Leibe gerückt, so dass es trotz Klimawandel eine ungewöhnliche und kreative Lösung für die Rennstrecke gab. „Das zeigt, wieviel Engagement ein Verein ins Leben bringen kann und welchen Wert so eine Veranstaltung für eine Region wie den Nordschwarzwald hat“, betont Corinna David, stellvertretende Geschäftsführerin der Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald.
Als Streckenführer und „Schneekonzipierer“ hatte allen voran Michael Hammann mit vielen freiwilligen Helfern die spärlichen Reste der Schneemassen auf dem Sommerberg zusammengetragen, um überhaupt eine schmale Pistenführung am Hang neben dem Skiheim zu ermöglichen.
Seit 100 Jahren zählt das Fassdauben Rennen zu den traditionsreichen Veranstaltungen im Nordschwarzwald und lockt zum sportlichen Wintervergnügen nach Bad Wildbad auf den Sommerberg. Das Rennen, bei dem der Spaß von Zuschauern und Teilnehmern gleichermaßen im Vordergrund steht, lockt Gäste aus nah und fern. Der Balanceakt auf gebogenen Brettern, die aus Holzfässern hergestellt werden, ist eine Gaudi der besonderen Art. Die Fassdauben haben weder Kanten noch Rillen, so dass sich die Strecke oft recht abenteuerlich entwickelt. Waren es einst einheimische Jugendliche, die mit einem 1.000 Meter langen Langlaufparcour ihre Ausdauer präsentierten und Rennen bis zu zwei Kilometer bestritten, so war in diesem Jahr die Gesamtstrecke auf knapp 600 Meter buchstäblich zusammengeschmolzen. „Die Herausforderung gilt in diesem Jahr den unterschiedlichsten Grundstrukturen“, so Michael Hammann, der vor dem Rennen den Aufstieg auf dem Rasen noch einmal abläuft, um dann im Anschluss den Kunstrasen auf welligem Gelände und den Übergang zur Abfahrt mit der schmalen Schneepiste und der Schanze kontrolliert.
Alles in allem eine Herausforderung, die nicht nur für die Jüngsten Teilnehmer mit sieben Jahren, sondern auch für „alte Fassdaubenritter“ ein Novum darstellt, den Zuschauern aber nach wie vor gefällt. Im Jahr 2011 erschienen die Fassdaubenritter erstmals in Verkleidung zum Gaudirennen und seit 2017 sind Teams erlaubt. Nach einer pandemiebedingten Pause in den Jahren 2020 bis 2022 freut sich Wolfgang Treiber auf die Tradition: „Heute bin ich zum 55. Mal dabei“, strahlt der Stadtrat, der als ältester Teilnehmer startet und als Tipp für seine eigene erfolgreiche Technik erläutert: „Nicht die Spitzen in den Schnee rammen, leicht in die Kniee gehen und das Gleichgewicht halten.“ Ab und an werden seine Dauben gewachst und so hat auch Guido Schmid seine neu angefertigten Daubenskier mit Skiwachs bearbeitet, um elegant die Piste hinunterzugleiten.
Das Rennen, das sich zu einer Gaudi-Veranstaltung mit attraktiven Kostümen gewandelt hat, zieht mittlerweile auch für Auswärtige an. „Ich war vor fünf Jahren schon einmal dabei, erklärt Lea Ganser aus Ulm, die als Skilehrerin die besondere Herausforderung auf Fassdauben liebt, und sich mit Sven Gröne und Jacqueline Kraus aus Bad Liebenzell als Team angemeldet hat. Völlig spontan dagegen ist Grace D´Arcy ins Rennen gegangen. Die junge Irin stammt aus Dublin und wollte mit ihren Freundinnen die Wildline besuchen. „Dann habe ich aber gesehen, dass man hier Skilaufen kann und wollte das unbedingt einmal ausprobieren“, berichtet die mutige Akteurin, die noch nie auf Skiern gestanden hat und am Sommerberg ihr vielseitiges Talent mit Aufstieg und Langlauf, sowie Abfahrt mit einem Schanzensprung beweist. An diesem Hindernis ist das Können der Fassdaubenritter gefordert. Von der Grätsche zum Anhocken bis hin zu zum Salto sind Mutige Sprünge – und auch Stürze zu sehen, die allerdings mit viel Bravo-Rufen und Applaus begleitet werden. Insgesamt wagten sich 69 Teilnehmer als Einzelkämpfer oder auch als Team auf die Piste und zur Siegerehrung überreichte Marco Gauger den eigens zur Jubiläumsveranstaltung gestifteten Wanderpokal an Domenico Frei aus Freiburg.
Fotos:
© Sabine Zoller
Rennen mit viel Publikum
Zur Gaudi für alle gibt’s auch mal Stürze zu beklatschen