IMG 5211 Foto Zoller

Das wissen Rollifahrer zu schätzen

Sabine Zoller

Bad Wildbad (weltexpresso). „Wir kommen aus der Nähe von Pirmasens und wissen, wie problematisch Waldwege für Rollifahrer sein können“, weiß Leopolds Mutter zu berichten, die zu Tagesbeginn noch argwöhnisch Regentropfen samt Regenbogen beobachtet und nun feststellt: „Aber hier kann man trotzdem problemlos auf gut befestigen Wegen fahren.“ Reisen im Rollstuhl ist nicht immer eine einfache Sache, insbesondere dann, wenn ein achtjähriger Junge Lust auf Abenteuer und Ausflüge hat. Durch seine Krankheit AMC ist Leopold auf seinen Elektrorolli angewiesen und daher sind Unternehmungen in der Natur nicht immer einfach zu meistern.


Ausnahmen bestätigen die Regel

Leopold liebt Ausflüge. Als Rolli-Experte war er im Nordschwarzwald unterwegs und hat in Bad Wildbad das beliebte Ausflugsziel, den Sommerberg mit seinen Attraktionen genau unter die Lupe genommen und nicht nur die Standseilbahn, den Baumwipfel- und Märchenpfad, sondern auch die Hängebrücke Wild Line auf deren Barrierefreiheit getestet.

 

„Ich habe alle Attraktionen gesehen und hier ist alles supergut“, erklärt der Achtjährige und strahlt mit einem breiten Grinsen im Gesicht in die Kamera seiner Mutter, die für die Video und Fotoaufnahmen auf seinem facebook Account zuständig ist. „Wir haben vor knapp einem Jahr mit seiner Facebookseite begonnen und mittlerweile ist Leopold auch als „Leo Löwenherz“ auf den Kanälen Instagram und Youtube vertreten.“ Der Junge aus der Pfalz, der seit seiner Geburt unter AMC (Artrogryposis multplex cognita), einer angeborenen Gelenksteife durch eine Muskelstörung leidet, die die funktionsgerechte Ausformung der Gelenke behindert, achtet nicht nur auf seinen Reisen akribisch darauf, möglichst eigenständig mobil zu sein. 

 

Auf dem Baumwipfelpfad

Um auf den Sommerberg zu kommen, eignet sich die Standseilbahn, die für Rollstuhlfahrer komplett barrierefrei und so auch für Menschen mit Behinderung ohne Einschränkungen zugänglich ist. „Durch die großen Fenster konnte ich auf der Fahrt alles sehen“, konstatiert Leo, der mit seinem technischen Hightec-Gerät perfekt umzugehen weiß und sich auf den Ausflug zum Baumwipfelpfad freut. „Hier ist alles gigantisch“, schwärmt seine Mutter, die nicht nur die breiten Wege, sondern auch die sanitären Einrichtungen mit Behinderten-WC lobt. „Alles ist durchdacht, auch die sechs Prozent Steigung, die es einem Elektrorolli ermöglichen den 1.250 Meter langen Weg problemlos bis zur höchsten Aussicht auf dem Turm zu bewältigen.“ Während sich Leo bei seinem Weg auf den Baumwipfelpfad mit den Aufgaben der Eichhörnchen-Rallye beschäftigte, gibt es für ihn allerdings beim zurück kein Halten mehr: „Ich will mit der Rutsche nach unten“, so der Tenor des Jungen, dem es gelingt, seine Mutter für die Rutschpartie zu zweit zu überzeugen.

 

Märchenpfad und Hängebrücke

Dann geht es über den Märchenpfad mit wissenswerten Informationen rund um Hauff´s Märchen „Das kalte Herz“ hin zur Hängebrücke, um auf der „Wild Line“ das „schwingenden Abenteuer“ zu erleben. „Wir haben uns angemeldet.“ Da auf der schmalen Brücke keine zwei Rollstuhlfahrer aneinander vorbeipassen wurde Leo´s Besuch angekündigt. Mit Begeisterung lenkt der Junge seinen Elektrorolli durch die Tür neben dem Drehkreuz und schiebt sich Meter für Meter dem Höhepunkt der sanft ansteigenden Hängebrücke entgegen. „Ich habe keine Angst. Hier ist es supercool“, so der spontane Spruch des Jungen, der auf Knopfdruck seinen Sitz in eine Liegeposition gleiten lässt, um die Schwingungen der Hängebrücke zu spüren. Während er genussvoll die Augen in den tiefblauen Himmel richtet, füllen sich die seiner Mutter mit Tränen, während sie ihren glücklichen Jungen beobachtet. „Das hier ist wirklich ist ein unbeschreibliches Gefühl.“ 

 

Dabei geht es nicht um das Thema Ausflugsziele, sondern um die Entdeckungen in der Natur. Erlebnisse, die der Junge nicht kennt, aber seine Neugierde wecken und damit das Leben wieder ein Stück lebenswerter machen.

Fotos:
©Sabine Zoller