Auf dem Neckarsteig, Teil 2/3

Thomas Adamczak

Heidelberg (Weltexpresso)  -  Begegnung mit einem eindrucksvollen „Wildsaufang“. Aufgrund des „Kontrollratsgesetzes“ der Besatzungsmächte gab es von 1945-1951 ein Schusswaffenverbot. Da auf den Feldern der Bauern beträchtliche Schäden entstanden und zudem Fleischmangel herrschte, haben sich die Bauern zu helfen gewusst, denn Not macht bekanntlich erfinderisch.

 

Über einer Fallgrube wurde aus Brettern ein Verschlag errichtet. Im Inneren wurden Mais und Kartoffeln gestreut. Durch die mit einem Pflock befestigte Falltür plumpsten die unvorsichtigen Wildschweine in die Grube und wurden daraufhin „unrühmlich“, so steht es auf der Tafel, getötet. Unrühmliche Tötungen? Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
 
Sehr schön liegt der „Reihersee“. 1200 m² ist er groß und enthält 2065 m³ Wasser. Er zählte zu einer der wenigen Wasserflächen im „Kleinen Odenwald“. Im Wasser planschen Rotauge und Gründling, wenn ihnen nicht das Leben durch ehrgeizige Angler schwer gemacht wird.

In Eberbach und um Eberbach herum gab es 45 Steinbrüche mit über 300  Arbeitern, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in diesen Steinbrüchen beschäftigt waren. Die Erfindung des Betons leitete das Ende dieser Natursteinbrüche ein. Heute gibt es nur noch wenige Steinbrüche, in denen Buntsandstein für Denkmalsanierung und als Ersatz für beschädigtes Mauerwerk gewonnen wird.

Schönschön das Naturdenkmal „Steinerner Tisch“. Dieser Tisch wurde 1797 als Rast- und Sammelplatz bei Jagden errichtet, damals wohl noch mit freiem Blick auf das Eberbacher Schloss.

Kurz vor Heidelberg stoße ich auf die „Bockfelsenhütte“, die ihren Namen dem Hund eines Jägers verdankt, der einen Rehbock so gnadenlos hetzte, dass das Tier vom Felsen sprang.

Mitten im Wald bei Eberbach ein „Waldklassenzimmer“. Auf der Erläuterungstafel steht die Telefonnummer des 1. Vorsitzenden des Vereins Eberbach e. V. (06271 3795) und sogar eine Kontonummer bei der Volksbank, damit diejenigen, die dieses Projekt unterstützen wollen, spenden können. 3000 Kinder und Jugendliche aus Stadt und Region nutzen dieses „Waldklassenzimmer“, um die Natur besser kennen und verstehen zu lernen. Welch feine Idee!

Vor Neunkirchen findet sich folgender Gedenkstein: „Gedenkstein für Seine Großherzogliche Hoheit den Prinzen Ludwig W. von Baden, geboren 1865, gestorben 1888.“ Ich lese kopfschüttelnd, der Prinz habe hierselbst am 30.11.1886  „höchstwahrscheinlich“ bei der Jagd ein Frühstück eingenommen. Ein 20-jähriges adliges Bürschchen!

Ansonsten kann man auf solchen Wanderungen immer wieder auf die erstaunlichsten Namensgebungen stoßen. „Kühruh Talboden“, „Ohrsberg- Schleife“, „Tannenkopf“, „Böserberg-Kuppe“. Kühruh ist leicht zu erklären, Tannenkopf sowieso, Ohrsberg erinnert an eine Ohrmuschel und  „Böserberg“ deutet darauf hin, dass hier etwas Entsprechendes passiert sein könnte.

An anderer Stelle Informationen zur Geschichte der Köhlerei. Gruß der Köhler: „Gut Brand“. Die armselige Hütte der Köhler heißt „Holzknechtlram“.

Zusätzlich zu all dem, was während solch einer Wanderung im Kopf passiert, was die Sinne registrieren und am Wegesrand an mehr oder weniger Interessantem aufgelesen werden kann, gibt es die eine oder andere Begegnung, die sich lohnt festgehalten zu werden. Beispiele gefällig? Bitte schön:

Nach dem Neckarsteig bin ich noch ein paar Tage auf dem europäischen Fernwanderweg von Heidelberg nach Darmstadt unterwegs. Der E1 geht über 4700 km. Von Schweden über Dänemark bis zum Bodensee, vorbei am Gotthard bis zum Mittelmeer. Er soll bis  nach Sizilien ausgebaut werden.

Auf dem Weg zur „Kuralpe“ treffe ich einen Mann, dem unweit des E1 150 Apfelbäume gehören. Jeden Morgen stellt er eine Stiege mit seinen Äpfeln  an den Wanderweg. Die Wanderer bedienen sich, und wenn alle Äpfel am Abend weg sind, freut sich der Mann. Seit 15 Jahren laufe er jeden Tag eine Stunde. Seine Tochter, Physiotherapeutin ist sie, habe ihm geraten, außer Arbeiten und Essen und Trinken noch was anderes für sich zu entdecken. So ist er zum täglichen Laufen gekommen, morgens mit gefüllter, abends mit leer gefutterter Apfelstiege.

Foto: Burg Guttenberg© Odenwald Tourismus



Info:
 
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