Wildschönau in Tirol läßt Traditionen weiterleben

Heinz Haber

Innsbruck (Weltexpresso) - Herbstzeit ist eine ganz besondere Zeit in Tirol, die durch die Almabtriebe gekrönt wird.  Die Tiere die auf den Almen die Sommerzeit verbracht haben, kehren in die Heimatställe zurück. Diese Rückkehr wird beim Almabtriebe und den Feste gefeiert.


Die Wildschönau, das 24 km lange Hochtal in den Kitzbüheler Alpen, ist aufgrund des Schiefergesteins eine besonders almreiche Gegend. Ende Mai wurden Hunderte Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen hinauf zur „Sommerfrische“ auf insgesamt 46 Almen mit „Grasrechten“ getrieben. Die höchste Alm der Wildschönau ist „Seefeld“ in Auffach auf 1.979 Meter.  In aller Munde ist die Schönanger Alm (1.190 m), eine Gemeinschaftsalm von 25 Bauern, auf der Käser Johann Schönauer kräftig umrührte. Hier wurden während der Sommermonate täglich über 2000 Liter Milch zu Käse und Butter verarbeitet. In der Schaukäserei kann man Johann Schönauer beim „kasen“ von Bergkäse, Emmentaler, Camembert, Tilsiter oder Kräuterkäse zusehen. Sein Wissen und seine Erfahrung hat ihm bei der alljährlichen „Käseolympiade“ schon mehrere Goldmedaillen eingebracht!


Wildschönau – das Tal der gelebten Traditionen

Vielerorts hat sich einiges geändert. Traditionen werden aber gerade in der Wildschönau sehr gepflegt so wie die Gru-Nacht. Sie ist die letzte Nacht vor der Heimfahrt der „Almerer“ mit ihren Tieren ins Tal, und so wird sie – wenn auch von Alm zu Alm unterschiedlich – dementsprechend fröhlich begangen.
Heute treffen sich  die Almbauern, Familie und Nachbarn des Almingers in der Hütte zu einem gemütlichen Hucker – bei kräftigem Essen, z.B. einem Melchermus – und auf manchen Almen sogar noch mit musikalischer Begleitung. Das Melchermus ist immer noch eine Leibspeise und wird von den Einheimischen geradezu geliebt. Es wird in einer eigens nur dafür verwendeten Eisenpfanne aus Milch, Mehl, Salz und Butter  auf dem offenen Feuer zubereitet.

Die letzte Nacht auf der Alm wird immer noch traditionell begangen. Robin Silberberger, ein Almerer mit Leib und Seele, beschreibt die Gru-Nacht  als Nacht, in der man „mit Wehmut Abschied nimmt“.
Die Farnkaseralm von „Almerer“ Robin Silberberger ist ein typischer Treffpunkt f


Almabtrieb und Almererfest am 17. und am 24. September 2016

Nach der Gru-Nacht werden die Tiere gemolken, die restlichen Sachen gepackt und dann die Kühe geschmückt (was man auch „aufbischen“ nennt). Gemeinsam geht es talwärts. Beim großen Wildschönauer Almabtrieb in Auffach kommen am 17. September über 500 Tiere  ins Tal. Umrahmt wird der Almabtrieb von einem schönen Handwerks- und Bauernmarkt mit Spezialitäten, der um 10.00 Uhr beginnt.  Almererfeste dauert meistens bis spät in die Nacht, denn es gibt viel zu erzählen - vom langen, schönen Almsommer in der Wildschönau.

 Für passende Musik sorgen die Bundesmusikkapelle Auffach und eine Volksmusikgruppe aus dem Hochtal. Beim Bauernmarkt zählen Brodakrapfen odr Nudeln zu den besonders beliebten Spezialitäten. Und natürlich darf der Krautinger nicht fehlen, auch die Wildschönauer Medizin genannt, ein Rübenschnaps, der nur im Hochtal produziert wird.

Am 24. September ist ab 14.00 Uhr Almabtrieb und Fest in Niederau am Programm. Auch hier kommen über hundert geschmückte Kühe in Tal und es wird ebenfalls zünftig gefeiert. Treffpunkt ist das Zentrum von Niederau, wo ebenfalls Musik und heimische Schmankerl angeboten werden.

Etwas kleiner, aber sehr schön, ist der Almabtrieb in Thierbach. Am 24. September kommen die Kühe gegen Mittag vom Schatzberg. Thierbach ist das kleinste Dorf der Wildschönau und hat einen besonderen Charme.


Der Bart sagt viel aus

Übrigens: Fast alle „Almerer“ lassen sich auch heute noch während der Sommermonate einen Bart stehen. Der Bart kommt erst weg, wenn die Almmitarbeiter von den jeweiligen Bauern bezahlt wurden – eine alte Tradition, die in der Wildschönau noch gelebt wird. Vertrauern wird groß geschrieben. Auch ein Einstellung für den nächsten Almsommer erfolgt nicht über einen schriftlichen Vertrag sondern per Handschlag. Gleichzeitig erhält jeder Almmitarbeiter 100 Euro als Anzahlung. Es gilt als Schande, wenn ein solches Abkommen nicht eingehalten wird.