Palmengarten Bienen Ein und Ausflug opt 2017Nachlese zum ‚Bienenfestival‘ im Botanischen Garten Frankfurt am Main  Teil 1/3

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die konventionelle Landwirtschaft ist eine zutiefst fragwürdige Sache, die beim immer näher rückenden Biozid verteufelt mitmischt, aber zu keinerlei Einsicht in die drohende Gefahr fähig bzw. willens ist. Artikel, die Aufsehen machen, mehren sich, sprechen vom nahenden Systemkollaps der Biosphäre im Verlauf der nächsten 10 bis 20 Jahre, wenn der Point of no Return überschritten ist, ohne dass es zunächst groß auffällt, obgleich die Indizien überwältigend waren.

‚Der Erde droht der Systemkollaps‘ - ‚45 Jahre nach Erscheinen von „Die Grenzen des Wachstums“ legt der Club of Rome unter dem Titel „Wir sind dran“ einen neuen Bericht vor‘ (FR 07.12.2017). Jürgen Roth spricht mit dem Ornithologen Peter Berthold über die Idiotie der Monokultur und das langsame Sterben von Feldhamster, Rebhuhn und Kiebitz. “Wir brauchen eine mittlere Katastrophe“, titelte der Schlagabtausch - was meint: bis wir endlich zur Vernunft kommen (FR vom 02.03.2017).

Die Lage der Insekten und Bienen, die dem Druck der chemischen Angriffe nicht mehr standhalten können, ist zum Dauerthema geworden, wer hätte das in ahnungsloseren Zeiten gedacht, dass so kleine Wesen im Zentrum der Bewahrung und Erhaltung des Lebens stehen. Ihre gefährdete Lage verbindet sich mit dem Prozess der schwindenden Artenvielfalt, für den sie exemplarisch stehen. Und schließlich arbeiten sie auch als Bestäuber der Äpfel, die wir gern verzehren.

Die Zahl der Imkerinnen und Imker wächst – ist das nicht auch ein wenig wie Ablasshandel?

Erfahrene Imkerinnen und Imker sind aufgrund ihrer Achtsamkeit im Umgang mit Bienen mit der mikrologischen Vernetztheit, die im System der Natur statthat, ursächlich vertraut. Die Natur ist ein einziger Organismus, in ihm gibt es nichts Abgespaltenes, alles hängt im Innersten zusammen, es gibt kein gänzlich Lebloses. Bedingende Vorformen des Lebens können Milliarden Jahre auf ihren Zeitpunkt warten, zu dem sie dann vergleichsweise schnell zum Einsatz kommen. Der Planet Erde musste erst schwere Elemente und Sauerstoff bilden.

Wir schrieben schon: „Es ist auch nicht so, dass im Weltall einfach Steine nur andere Steine ankucken. Zwar ist die menschliche Zeit bislang nur ein schmaler Streifen im Zeiten-Diagramm, das über viereinhalb Milliarden Jahre reicht. Aber noch bevor eine Staubwolke sich zum Körper zusammenballte, den wir heute als Planet bezeichnen, gab es komplex organische Moleküle als Bausteine für weiterentwickeltes Leben aus dem All.“ (‚Funktion und Tragik der Grenze in der endlich gefassten Zeit‘, WPO 15.09.2016).

Die Imkerin Diana Weckeiser lieferte im Botanischen Garten dem interessierten Publikum Wissen um die Bienenwelt, deren Existenz 80 Millionen Jahre zurückreicht. Sie handelte von Stadt und Land, es ging um Schadstoffe und Gifteinträge. Das irdische Leben entwickelte sich über Einzeller und Krustentiere hin zu Gliederfüßlern und Bienenvölkern. In der Natur kommt es zu Konvergenzen, nicht nur wenige Male. Es entwickeln sich Blumen und Blüten, auf die nur eine bestimmte Bienenart anspricht. Die Wildbienen sind noch eigensinniger, weswegen ihr Bestand unter den Bedingungen schwindender Artenvielfalt besonders gefährdet ist.

Die Bienenhaltung ist sehr alt, es gab sie schon vor 10 000 Jahren, wenn nicht schon viel früher. Es fand sich ein Residuum der ‚New Jersey Biene‘, in Bernstein eingeschlossen, die auf ein Alter von 80 Millionen Jahre bestimmt werden wurde (dasbienenkoerbchen.de). Die Bienenhaltung hat lange schon einen hohen Stellenwert, ging auch mit Kulthandlungen um die Fruchtbarkeit einher. Selbst der Bienenhandel einschließlich Überseehandel ist sehr alt. Die Paläoanthropologie reicht viel weiter zurück als wir bisher glaubten. Trotzdem könnten wir aufgrund neuester Beschränktheit bald ans Ende des Organismus Erde kommen. 1885 hielt der Hausmeister der Pariser Oper Jean Paucton Bienen auf dem Operndach. Längst sind Bienenstöcke in New York, Vancouver, Sidney, Hongkong und in ganz Europa, auf Dächern von Berlin, Zürich und Hamburg, in ihre Stellungen gebracht worden. Auf Hotels gibt es in Frankfurt/Stadt um die 50. Die Blumensorten weisen in der Stadt eine größere Vielfalt auf.

Auf dem Land gehen Bienen eher ein

In der Stadt ist die Reichhaltigkeit an Blüten höher als auf dem Land. Auf dem Land verrichten die Bienen ihr Werk inklusive Bestäubung von April bis Juni. Zuletzt rückt der Raps ins Zentrum; dieser aber ist hochgradig gespritzt und gebeizt. Die Bienen gehen dadurch gegen Ende des Sommers ein. Sie produzieren auch weniger Honig und entwickeln nicht eine ihnen gemäße Größe. Sommerblüten sind an sich sehr divers. Imkerinnen und Imker packen die Bienen auf den Anhänger und stellen die Bienenkörbe an passenden Stellen auf. Sie Verladen die Bienen dahin, wo es möglichst ausnehmend und vielfältig blüht.

Mit dem involvierten Bauer ist zu verhandeln, behördlich ist das Gesundheitszeugnis gefordert und die Aufstellung der Körbe ist dem Veterinäramt zu melden. Die Standstelle ist regelmäßig zu überprüfen, denn sonst könnten die Bienen schwärmen und abfliegen. Robinie, Raps und Lindenblüten liefern ihnen den Stoff. Der Oderbruch bietet der Biene eine Lebensader von 700 Kilometern.

Stadthonig macht freier

Ein bis zwei Brutstände gelten der Imkerin als üblich. Alle 10 Tage muss nachgeschaut werden, um Schwärmen zu verhindern. Die Bienen nehmen z.T. den Honig dann mit. Die Honigsorten entstammen zunächst Robinie und Linde. Das Weitermachen in der Stadt gilt als besonders. Absprachen mit Bauern braucht es keine. Es kommen andere Gehölze und Blüten in Betracht, die zu anderen Ernten führen. Die Stadt ist an Vielfalt jetzt reicher als das Land. Um nur zwei von der besonderen Art zu nennen: der japanische Schnurbaum an der Kennedyallee oder am Mainufer, wo Schiffe anlegen (verwandt mit der Scheinakazie) und der Götterbaum, mit 100 Meter Wurzeln (was in der Stadt aber nicht gern gesehen ist).

Wer und was gefährdet die Bienen?

Die Varroa-Milbe, der Kleine Beutenkäfer, Durchfall, Faulbrut und Kalkbrut sowie Parasiten gefährden die Biene. Die Verarmung der Landschaft unterminiert das Bienenleben. Die Intensive Landwirtschaft löscht unerwünschtes Leben aus, gibt Monokulturen immer mehr Raum, Randblühstreifen werden ausgemerzt, Bebauung hat Vorrang, weil die Konkurrenz drückt. Der Bauer gibt dem Kunstdung nach, kauft Futter aus Entwicklungsländern hinzu, wodurch Unmengen von Gülle das Güllefass zum Überlaufen bringen (wie zurzeit im Norden, wo hohe Niederschläge das Versickern verhindern). Tiere des Feldes bekommen es hammerhart ab mit Gülle, Kunstdünger, Glyphosat und Neonicotinoiden. Die Neonicotinoide wirken auf die Neurotransmitter.

Auf nicht gedüngten, unvergrasten Flächen blühen die seltenen Blumenarten auf, ein besonderes Fressen für Bienen und Insekten. Grün allein reicht nicht, das Land muss wieder bunt werden. Indessen liefern städtische Fenster- und Gärtchen-Blüten reichlich neue Pollenarten. Auf dem Land holt die Biene Pollen am Ende auch von monotonen Maisfeldern, während die Gärten auf dem Land an Vielfalt verloren.

Foto: Heinz Markert

Info:
Frankfurter Bienenfestival, Samstag, 23. September 2017. Für Bienenbegeisterte, bei freiem Eintritt im Botanischen Garten. Das Bienenfestival ist zur bleibenden Einrichtung geworden.