k MnemosyneWas einem anläßlich des Zappens im TV-Programm unterkommt, Teil 1/2

Claudia Schulmerich

Berlin (Weltexpresso) – Aber nein, nicht die Mnemosyne ist unwichtig, sondern die Erschütterung anläßlich eines zufälligen Zappens durch beliebige Fernsehprogramme am gestrigen Sonntag!

Eigentlich hatten wir eine Sendung gesucht, von der wir gehört hatten, dann aber nichts in Programm der Frankfurter Rundschau (FR) entdecken konnten. Denn die Programmdarstellung der FR scheint uns seit Jahren als das übersichtlichste Fernsehprogramm, im Gegensatz beispielsweise zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Dabei stimmt das gar nicht mal, denn das ist ja geradezu demokratisch mit der gleichen Zuordnung für sechs Programme (ARD, ZDF, ARTE, 3 Sat, RTL und SAT 1) und dann 19 kleineren Programmangaben, wo aber immerhin ZDF Neo dabei ist, was in der Rundschau seit jeher fehlt. Früher war uns das ärgerlich, als des Nachts die tollsten Serien liefen, aber derzeit finden wir das Fehlen nicht mehr schlimm, denn die Barnabys und andere englische Krimiserien hängen uns zum Halse heraus – und der Rest wird dort vor allem am Wochenende mit schrecklich amerikanischen US-Filmen bestückt.

Übrigens bringt die FR gleich groß vier Sender: ARD, ZDF, RTL und SAT1; aber auch Pro 4 und 3 Sat werden ausführlich gebracht, wie auch ARTE und KIKA. Und VOX und KABEL 1 sind auch ziemlich umfangreich und dann gibt es noch: die dritten Programme von hr, br, wdr, ndr, swr, mdr, rbb, sowie RTL2, SuperRTL, Eurosport 1, Sport 1, RBB und PHOENIX., immerhin 22 öffentliche Fernsehprogramme gegen die 25 der FAZ.

K Mousai Helikon Staatliche Antikensammlungen Schoen80 n1Aber darum geht es ja gar nicht. Es geht um Mnemosyne. Und das beim Zappen. So soll nämlich der Name einer Schiffsgöttin sein, die zwar nicht alt – erst in den Sechziger/Siebzigern gefertigt - , dennoch angeschlagen und in der Farbe abgeblättert aussieht, obwohl sie entgegen ihrer Bestimmung nicht mal ein Schiff anführte, sondern woanders aufgestellt war. Aber auch darum geht es nicht und mit welchen Mitteln sie jetzt aufgefrischt werden soll und wie teuer das ist, sondern um den Namen, der denen, die die Dame besitzen und restaurieren sollen, nicht geläufig war. Dann fiel irgendwie: „Ach, eine Gefährtin des Zeus!“

Aua, so sieht das Schicksal einer so bedeutenden Göttin aus, die einfach zur Gefährtin des Gottvater Zeus herabgestuft wird, wie die Europa oder Alkmene, die Frau des Amphitryon von Theben, die durch Zeus zur Mutter des irdischen Helden Herkules wird. Nein, das Gspusi mit Zeus wird für Memnosyne und uns alle immer die Erinnerung an die göttliche Herkunft und den göttlichen Status für ihre Kinder, die neun Musen wachhalten.

Und uns fallen dabei andere Wissensstände ein, die wir bald vergessen haben werden, weil sie nicht mehr in den Gesprächen vorkommen, wie z.B. die Artes liberalis. Wieso war in den vergangenen Jahrzehnten Trivium und Quadrivium noch so selbstverständlich, wovon heute keiner mehr redet. Die konnten wir im Schlaf murmeln, die Künste des freien Mannes (und der Frau auch). Dazu mußte man nicht im Mittelalter gelebt haben. Das Wissen darum ist auch heute noch zeitgemäß, mitsamt ihren Visualisierungen in der Kunst wie Schlange und wirre Haare beispielsweise für die Dialektik. Ist doch herrlich, dieser Bildbezug. Nein, aber auch darum ging es überhaupt nicht, obwohl wir uns vornehmen, diese Artes liberalis demnächst mal in Erinnerung zu bringen.

Genauso wie die sieben, später bis neun Kurfürsten, die einst den deutschen König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, ja, ja, dann auch Deutscher Nation erwählten. Die mußte man früher kennen, einfach weil ihre Namen und Herrschaftsbereiche viel über die Geschichte dieser Jahrhunderte aussagte. Und das führt direkt zu den Kirchenvätern, wenigstens die vier großen müßte man kennen: Ambrosius, Augustinus, Hieronymos, Gregor d.Gr. Aber auch darum geht es heute nicht.

k Handmann EuterpeHeute geht es um Mnemosyne und damit – ja, nun kommt es endlich – um die Musen des Altertums, wie sie uns Hesiod um 700 v. Chr. in seiner Theogonie überliefert hat und die von Mnemosyne nach der mehrmaligen Vereinigung mit Zeus geboren wurden. Man kann nachzählen. Insgesamt sollen es neun Nächte gewesen sein, weshalb sie neun Musen gebar. Bei Göttinnen muß man nicht von normaler menschlicher Zeugung und Austragung des Kindes ausgehen, denken wir uns mal.

Mnemosyne ist zudem grundsätzlich die Göttin der Erinnerung. Da wundert es eigentlich, daß sie öffentlich nicht öfter in Erscheinung tritt. Denn man könnte ihren göttlichen Beistand insbesondere bei der Hirn- und Gedächtnisforschung sehr gut brauchen und ihren Schutz gegen Demenz und Alzheimer doch erst recht.

Zur Erinnerung an diese Göttin der Erinnerung hier kurz ihre Herkunft. Sie ist eines der Kinder von Gaia und Uranos, die als Göttergeschlecht der TITANEN in die Geschichte der griechischen Mythologie eingingen. Immerhin zwölf Kinder, zu denen außer Mnemosyne auch noch Okeanos, Kreios, Kronis, Koios, Hyperion, Iapetos, Rhea, Theia, Themis, Phoibe und Tethys gehörten, der eine Titan heute wichtiger, der andere unwichtiger. Und daß jeweils vier der Brüder sich mit vier der Schwestern im Brautbett verbanden und Kinder, ebenfalls Göttergestalten, zeugten, entspricht nicht mehr unserem common sense. Aus gutem Grund vergessen also.

FORTSETZUNG FOLGT

Fotos: verschiedene Musen, hier im Titel keine klassische Darstellung der Mnemosyne, sondern eine aus der viktorianischen Ära. Die zweite Abbildung ist nicht Mutter Mnemosyne, sondern wahrscheinlich die Tochter Erato, deren Attribute der nächste Artikel benennt und die, wie man sieht, Leier nutzt, um Liebesgedichte in die Welt zu bringen. Die dritte Abbildung stellt Euterpe dar, die für Gedichte zuständig ist, vielleicht rezitiert sie gleich?