Susanne Sonntag
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Sigmund Freud sah den Körper am Grund der Ich-Werdung des Menschen: Das Ich sei zuallererst ein körperliches und werde durchzogen von Triebkräften, die entlang von körperlichen Vorgängen ihre Organisation erfahren. Dieser Verschränkung von Körper und Psyche widmet sich die Jahrestagung der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG), die unter dem Titel „Tatort Körper. Der Leib in der Psychoanalyse“
seit gestern, Donnerstag, 30. Mai (Himmelfahrt)
bis Sonntag, 2. Juni
auf dem Campus Westend
stattfindet. Die Tagung befasst sich mit den kulturellen, gesellschaftlichen und klinischen Aspekten des Themas.
Insbesondere thematisiert die Tagung die Präsenz des Körpers in und außerhalb des Behandlungszimmers. Im Focus des klinischen Interesses stehen dabei die Fragen: Wie teilen sich Patienten dem Analytiker körperlich mit? Und wie reagiert der Analytiker körperlich? Wie können diese Phänomene und Prozesse dem Denken und Sprechen zugänglich gemacht werden? Körperliche Phänomene haben dabei vielfältige Bedeutungen: Sie können die Symbolisierung oder Desymbolisierung verdrängter Konflikte darstellen, ein Trauma anzeigen oder auf Lücken in den seelischen Repräsentationen hinweisen.
Bei den klinischen Phänomenen, den oft langen und leidvollen Krankengeschichten psychosomatischer Phänomene, geht es vor allem auch um die Technik der Behandlungen und ihrer Modifizierungen im Rahmen neuer Erkenntnisse innerhalb der Psychoanalyse und in den Nachbarwissenschaften. In Hinblick auf die neuen Medien befasst sich die Tagung zum Beispiel mit dem virtuellen Körperlichen bei Skype- und Telefonanalysen.
Der Körper als kulturell-gesellschaftliches Phänomen – dabei geht es zum Beispiel um Fragen der Selbstinszenierung. Ist der Körper doch der Ort, auf den wir projizieren, den wir verdinglichen und manipulieren, ein Ort der Ideale von Schönheit und Anmut, von Entblößung und Enthemmung oder von Schamhaftigkeit und Mangel. Körperinszenierungen und -manipulationen richten sich nicht selten gegen die Zumutungen der Vergänglichkeit. Sie können auch Ausdruck des Versuches der Selbstoptimierung sein, wie es gegenwärtige gesellschaftliche Prozesse mit ihren Ansprüchen an das Subjekt oft fordern.
Die Psychoanalyse hat sich seit ihrer Begründung durch Sigmund Freud in ständiger Weiterentwicklung nicht nur als ein äußerst erfolgreiches therapeutisches Verfahren erwiesen. Sie ist darüber hinaus Sozialwissenschaft, die mit ihren Konzeptualisierungen und ihrer Subjekttheorie den öffentlichen wie gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Diskurs bereichert.
Die Jahrestagung ist das wissenschaftliche Forum der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG), auf dem sich Mitglieder und interessierte Gäste zum gegenwärtigen Stand psychoanalytischer Praxis und Forschung austauschen. Dieses Jahr wird die Veranstaltung von der Arbeitsgruppe und dem Institut für Psychoanalyse der DPG in Frankfurt vorbereitet.
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Info:
Das vollständige Programm der DPG-Jahrestagung finden Sie hier:
http://www.dpg-frankfurt.de/pdf/DPG_Tagungsprogramm.pdf