Aa erzherzog johann kleinezeitungSOMMERFEST „Sommer.Campus.Feiern der Goethe-Uni, Teil 3/3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein richtig schöner Abend, zudem die Alumnis und Freunde der Uni eingeladen waren! Und ein interessanter dazu. Da man die anregenden Gespräche und Speis und Trank dazu nicht gut weitergeben kann, beschränken wir uns auf den spannenden Vortag von Thomas Krautzer, Leiter des Instituts für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte an der Universität Graz, den der Frankfurter Vizepräsident Manfred Schubert-Zsilavecz kundig ankündigte, denn er ist selbst Steirer – und das ist gut so.

Bildschirmfoto 2019 07 07 um 22.52.34Der verblüffte erst einmal damit, daß er seine steirische Gewandung, - wir sprechen vom Steirerrock, der umgangssprachlich Jacke heißt, die Lederhose trug er nicht, beides ist die Steirertracht - als revolutionär outete. Denn tatsächlich wurde der Steirerrock, den Erzherzog Johann (1782-1859) trug und in der Steiermark populär machte, dort als aufrührerisch 1823 für Beamte verboten und ist uns heute doch, wie der Redner selbst anmerkte, eher aus dem Musikantenstadel und anderen Volkstümlichkeiten bekannt, die nicht nur als seicht verschrien, sondern leicht rechts gewendet daherkommen. Sie kennen das gute Stück auch: den graueen Loden mit dem grünen Bündchen um den Hals. Wir sind sofort enthusiasmiert und wollen am liebten die Recherche beginnen, wie es zum Verbot kam, was der Referent erst einmal als die Folgen des Exils von Erzherzog Johann deutete.

Doch mit diesem Namen betrat Referent und Steiermarkexperte Krautzer sogleich ein noch spannenderes Feld, denn tatsächlich ist heute die seit dem 13. Jahrhundert – 1282 fiel das Herzogtum, die ‚Grüne Mark‘ , an das Haus Habsburg – fest installierte Steiermark, das Innerösterreich, durch den späteren Reichsverweser des Frankfurter Paulskirchenparlaments mit Frankfurt verbandelt, – also nicht nur Barbara Frischmuth, nicht nur der Vize der Goethe-Uni, sondern jetzt auch noch der edle Erzherzog Johann, nach dem übrigens auch ein richtig fescher Jodler benannt ist. Also wäre jetzt eigentlich eine richtige Biographie dieses Erzherzogs Johann fällig, denn das, was er für die Steiermark leistete, geht nicht nur auf keine Kuhhaut, sondern ist das Profundeste, was man sich unter einem Förderer – heute Sponsor genannt – vorstellen kann.

Kurzfassung: Sein Aufenthalt in der Steiermark geschah anfangs nicht freiwillig, denn das Steirische war sein Exil. Der Kaiserbruder Johann hatte erst einmal im kaiserlichen Auftrag in Tirol gewirkt, sich dort aber den Aufständischen um Andreas Hofer angeschlossen, der ja von Napoleons Schergen hingerichtet wurde. Damals ging‘s noch nicht um Italien, das übrigens als Nationalstaat auch erst 1861 in die Geschichte eintrat, Als dann noch der Franzos‘ nach den Bayern als neuer Besatzer hinzukam, mit dem der Kaiser ja Frieden schließen mußte und im Wiener Kongreß Mitteleuropa fest geregelt wurde, der Kampf in Tirol aber weiterging, durfte ein Mitglied des Kaiserhauses nicht mit dabei sein. Also blieb für Johann nur das Exil.

Es kam aber später noch etwas hinzu, was ihn gesellschaftlich nach oben verdächtig und nach unten beliebt machte. Erzherzog Johann traf nämlich 1819 im Ausseer Land auf die ganz junge Postmeisterstochter Anna Pochl, verliebte sich für immer, heiratete sie 10 Jahre später, was ihn aus der Thronfolge katapultierte, ob die Altausseerin Barbara Frischmuth darüber einmal geschrieben hat, wissen wir nicht. Auf jeden Fall sprach Thomas Krautzer davon nicht, aber das weiß jeder, der die Karriere von O.W. Fischer kennt, denn ‚Erzherzog Johanns große Liebe‘ war 1950 sein Durchbruch als Filmstar und löste die Welle von Habsburgerfilmen aus, von denen die um Kaiserin Sissi wegen Romy Schneider die bekanntesten wurden. Aber es gab 50 Jahre später auch eine Verfilmung im ZDF, wo Tobias Moretti den Erzherzog gab.

Das nur nebenbei, denn das für die Steiermark Wichtige ist des Erzherzogs vorausschauender Einsatz auf einem Gebiet, das wir heute Technologie nennen sowie seine Gründermentalität. Vom heute Universalmuseum Joanneum genannten ältesten Museum Österreichs mit seinen vielen Dependancen und dem Vorläufer der Technischen Universität angefangen, gründete er persönlich oder gab den Anstoß für die meisten, noch heute landestypischen Einrichtungen, die steiermärkisch genannt werden: die Landesbibliothek, das Landesarchiv, viele Hilfsvereine, die spätere Montanuniversität, Schulen, historische Vereine und sogar die Sparkasse! Denn Letztere eröffnete die Möglichkeit, die mit demBeginn der Industrialisierung völlig verarmte Arbeiterschicht und das Kleinbürgertum finanziell aufzurüsten.

All diese Gedanken hatte Johann auf seinen frühen Bildungsreisen durch England kennengelernt, dem damaligen Vorreiter der Industrialisierung im Guten, wie im Schlechten. Also sollten es die, die später damit begannen, gleich sozial verträglich machen. Und genau dafür setzte er sich ein: den technischen Fortschritt mit dem gesellschaftlichen Fortschritt zu vereinen. Thomas Krautzer führte es auf des Erzherzogs Engagement zurück, daß noch heute im eher doch kleinen Steirerland – zweitgrößtes Bundesland der Fläche nach, viertgrößtes von den Einwohnern her– so viele Universitäten und Bildungsstätten als Hinterlassenschaft der k.u.k. industriellen Gründerzeit vorhanden sind – und weitergeführt werden.

Das war aber nur die Einführung für eine weitere fulminante Vorstellung der heutigen Bildungs- und Produktionsmöglichkeiten in der Steiermark. Der Sprung war gewaltig, aber sinnvoll, denn es ging mit der Nachkriegszeit weiter, wo sich traditionell der Bergbau, die Stahlproduktion und die Bankenwirtschaft prächtig entwickelten, bis in den Siebziger Jahren diese Wohlstandsimperien zusammenbrachen, vergleichbar sicher mit Nordrhein-Westfalen, mit bis zu 29 Prozent Arbeitslosen und keiner Hoffnung. Daß daraus heute ein blühendes Wissens- und Technologieland wurde, führte der Referent zum einen aus dem Rückzug des Staates aus den abgewirtschafteten Betrieben zurück und einem genialen technologischen Input, den er als ‚endogene Erneuerung‘ bezeichnete und als ‚konsequente technologieorientierte Nischenstrategie‘. Es sind wirklich steirische Einrichtungen in der Kreativwirtschaft, die weltweit führend sind und so viele ausmachen, daß wir sie nicht mitschreiben konnten. Aber gesagt werden muß das. Die Steiermark als österreichisches Silicon Valley. Grün genug ist sie ja sowieso.

Das war wirklich ein lebendiger, aktueller, spannender, durch Folien unterstützter Vortrag, den man gerne hätte diskutieren wollen. Aber es war ein Festvortrag und es kam mit dem Essen und Trinken und den Gesprächen der Teil des Zusammenseins, der den Zuhörern sicher genauso wichtig war.

Wenn wir etwas vermißten, hat das nichts mit den Veranstaltern zu tun, sondern eher mit den Personen und Materialien, die uns fehlten. Denn es war zwar der steirische Tourismus in einer Einspielung -merkwürdiger Weise auf Englisch? - angesprochen worden, mit den schönen Bildern dieser waldreichen Kulturlandschaft, die zudem das von Österreichern bevorzugte heimatliche Ferienland ist, aber es gab keinen Stand mit Prospekten, wo Interessierte sich gleich mal mit Reisezielen hätten versorgen können. Die Lust dazu war da.

Und es war auch kein hiesiger Vertreter Österreichs anwesend. Immerhin gibt es den Handelsdelegierten hier in Frankfurt, auch ein Honorarkonsulat der Republik Österreich. Sie haben einen im besten Sinne Werbeabend für die Steiermark verpaßt. Und der österreichische Tourismus, der früher phantastische Veranstaltungen in Frankfurt ausrichtete, hat sich aus Finanzgründen längst von solchen Veranstaltungen zurückgezogen und ist hierzulande nicht mehr vorhanden. Es wird halt immer wieder an der falschen Stelle gespart.


So muß ich dann wohl tatsächlich erneut in die Steiermark, um mehr herausfinde über die alte steirische Moritat

Da Waldmann fährt ins Holz
da Waldmann fährt ins Holz
Begegnd eham da schwarzbraun Mich´l
der war so sakrisch stolz

...ein steirischer Ohrwurm, der mich seit Jahren verfolgt und mir immer deutlich macht, welch alte Kulturlandschaft mit welchem rustikalen nationalem Erbe Innerösterreich ausmacht.

Fotos:
Wir wissen nicht, wer dieses an Caspar David Friedrich mahnende Gemälde gemalt hat, das Erzherzog Johann mit seiner Tracht, zeigt die ursprünglich die der Salzburger Jäger war und dann die steirische Tracht wurde
kleines Foto © Kleine Zeitung
Großes Foto © ORF

Info:
Nachlesen kann man in:
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Österreich
https://www.hessen-agentur.de/mm/mm002/964_Oesterreich_Internet_komplett.pdf