Hubertus von Bramnitz
Darmstadt (Weltexpresso) - Ein vollautomatisches Verfahren zur Kamera-Kalibrierung, eine neue Sterilisations-Methode gegen multiresistente Keime, ein System, das Sprühprozesse optimiert, und ein nachhaltiges Abschminktuch: Diese Startup-Ideen sind beim diesjährigen Hochschulgründer-Wettbewerb „Hessen Ideen“ ausgezeichnet worden. Bei der Verleihung heute Abend im Frankfurter Museum für Kommunikation überreichte Staatssekretärin Ayse Asar die Auszeichnungen und gratulierte auch im Namen von Wissenschaftsministerin Angela Dorn.
Staatssekretärin Ayse Asar: „Ich bin begeistert von der Vielfalt, Praxisnähe und dem Erfinderreichtum, die uns heute Abend hier gezeigt wurde. Alle Teams gehen Probleme an, die ihnen im wissenschaftlichen, industriellen oder auch privaten Alltag begegnet sind, und bieten Lösungen dafür – sehr oft sind diese auch noch ressourcenschonend und nachhaltig. Unser Wettbewerb ,Hessen Ideen‘ zeigt, wie viele Ideen an unseren Hochschulen sprudeln. Mit der Prämierung möchten wir den Teams unsere Wertschätzung für ihren Erfindergeist und ihr unternehmerisches Handeln ausdrücken. Gleichzeitig motiviert die Auszeichnung, die Geschäftsidee weiter auszuarbeiten. Das Netzwerk von ,Hessen Ideen‘ wird alle teilnehmenden Teams bei der weiteren Umsetzung ihrer Ideen unterstützen. Ich gratuliere allen Preisträgerinnen und Preisträgern herzlich zu ihrem Erfolg.“
Den mit 5.000 Euro dotierten ersten Preis erhielten Raul Acuna, Robin Ziegler und Victor Jimenez von der TU Darmstadt mit ihrem Projekt „Caliberation“: Das Team hat ein dynamisches, vollautomatisches Verfahren entwickelt, mit dem der aufwändige und teure Prozess der Kamerakalibrierung erheblich vereinfacht werden kann. So können flexibel einsetzbare und kostengünstige Kalibriersysteme für die Industrie 4.0 und den Verbrauchermarkt realisiert werden. Mit einer solch kalibrierten Smartphone-Kamera kann man zum Beispiel live sehen, wie ein neues Möbelstück in der Wohnung aussehen würde. Die Jury würdigt den Beitrag der Gründungsidee zur Umsetzung von Ergebnissen der Grundlagenforschung auf dem Gebiet der innovativen Kalibrierungstechnologie und das hohe wirtschaftliche Potenzial in dem Zukunftsmarkt der optischen Systeme.
Sandra Moritz, Alisa Schmidt, Jonathan Gail, Sandra Martens und Tobias Tschang von der Justus-Liebig-Universität Gießen erhielten den mit 3.500 Euro dotierten zweiten Preis für das Projekt „PlasmaPanel“: Das Team hat multiresistenten Keimen mit einer neuen Sterilisationsmethode den Kampf angesagt. Sie nutzen dafür ein physikalisches Plasma, ein reaktionsfreudiges Gas, das durch Energiezufuhr in Luft erzeugt wird. Neben der schonenden Desinfektion der Hände kann es sogar eine wundheilfördernde Wirkung haben. Die Jury lobt die Fokussierung des Gründungsteams auf eine große gesellschaftliche Herausforderung. Mit ihrer forschungsbasierten Idee zur Anwendung der Plasmatechnik haben sie auch ein Transferpotenzial in die Lebensmittelwirtschaft und andere Branchen.
Der mit 2.000 Euro dotierte dritte Preis ging an Simon Schild von Spannenberg, Till Fabian Kaupe und Max Frederik Luh von der TU Darmstadt für ihr Projekt „SprayPatternator“: Das Team hat ein System entwickelt, das Sprühprozesse auf Fehler hin untersucht und optimiert – etwa bei Sprühkühlungen in der Schmiedeindustrie oder in der Landwirtschaft. Die modular einsetzbare Technologie ermittelt Informationen zum Sprühbild, Sprühwinkel und Messverteilung, damit die Prozesskosten und die Produktqualität optimiert werden. Somit können Energie und Ressourcen eingespart werden. Besonders überzeugt war die Jury vom Beitrag des Gründungsvorhabens zur Umsetzung von Ergebnissen aus der Strömungsforschung, die in der landwirtschaftlichen Anwendung ein hohes Potenzial zur Reduzierung von Pestiziden und zur Optimierung des Düngemitteleinsatzes hat.
Den Publikumspreis gewannen Katharina Rückert, Louisa Zoé Wenkemann, Sebastian Seibert und Dominique N. Gerlach von der TU Darmstadt mit ihrem Projekt „NAKT“: Das Team hat ein nachhaltiges, chemikalienfreies und wiederwendbares Pflegetuch zum Peelen und Abschminken entwickelt
Der Wettbewerb für Hochschulgründungsideen „Hessen Ideen“ fand in diesem Jahr zum vierten Mal statt. Er richtet sich an gründungsaffine Hochschulangehörige, die mit ihrer Idee für ein Unternehmen noch am Anfang stehen. Insgesamt 28 Ideen haben die 13 teilnehmenden hessischen Hochschulen für den Wettbewerb eingereicht. Verschiedene Gutachterinnen und Gutachter hatten die Projekte bewertet, parallel stimmten die Userinnen und User auf www.hessen-ideen.de für ihre Lieblingsidee ab. Das kam gut an: Rund 5.000 Stimmen wurden abgegeben. Auf diese Weise kamen elf Geschäftsideen ins Finale und präsentierten sich vor einer Jury, die über die Preisträger entschied.
Am Abend der Preisverleihung wurden auch Gründer-Teams vorgestellt, die ab dem 1. Januar kommenden Jahres das Hessen-Ideen-Stipendium bekommen. Das Stipendium richtet sich an Hochschulangehörige sowie Hochschulabsolventinnen und -absolventen, die sich in einer frühen Phase der Ausarbeitung ihrer wissensbasierten Geschäftsidee befinden. Seit April 2018 können kreative Köpfe für sechs Monate während der Ausarbeitung ihrer wissensbasierten Geschäftsidee einen Zuschuss zum Lebensunterhalt erhalten. Parallel dazu durchlaufen die Stipendiaten den „Ideen Akzelerator“, ein Coaching- und Qualifizierungsprogramm, in dem sie fit für den Start in die Selbständigkeit gemacht werden. Bisher konnten 43 Gründungsvorhaben mit dem Stipendium gefördert werden; mittlerweile gibt es erste Gründungen.
„Sowohl der Wettbewerb ,Hessen Ideen‘ als auch das ,Hessen Ideen Stipendium‘ sind Teil der Initiative ,Hessen Ideen‘, mit der wir potenzielle Gründerinnen und Gründer aus den Hochschulen dazu motivieren, den Weg in die unternehmerische Selbstständigkeit einzuschlagen und konkret beim Übergang von einer ersten unternehmerischen Idee zu einem überzeugenden Geschäftskonzept unterstützen. Diese Initiative unterstützen wir mit 2,9 Millionen Euro“, so Staatssekretärin Ayse Asar.
Foto:
Den mit 5.000 Euro dotierten ersten Preis erhielt das Team von der Justus-Liebig-Universität Gießen für „Reellity“.
© Milton Arias
Den mit 5.000 Euro dotierten ersten Preis erhielt das Team von der Justus-Liebig-Universität Gießen für „Reellity“.
© Milton Arias