Hubertus von Bramnitz
Frankfurt am Main Weltexpresso) - Das war eine große Überraschung, als sich bei der Neuwahl die bisherige Amtsinhalberin nicht durchsetzte. Nun erfolgte die symbolische Übergabe der Präsidentschaft der Goethe-Universität von Professorin Dr. Birgitta Wolff an Professor Dr. Enrico Schleiff vorgestern bei einer medienöffentlichen Online-Veranstaltung der Universität. Schleiff war am 8. Juli 2020 zum neuen Präsidenten gewählt worden. Am 1. Januar 2021 tritt der gewählte Präsident sein Amt offiziell an. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre.
Universitätspräsidentin Birgitta Wolff hat das Amt seit Anfang 2015 inne und wechselt zum Jahresbeginn 2021 auf eine Professur für Betriebswirtschaft. Aufgrund der verschärften Corona-Lage konnte die Veranstaltung nur im kleinsten Kreis stattfinden und wurde per Livestream übertragen. Die Wahl war sogar dramatisch verlaufen, aber das ist Schnee von Gestern. Und innerhalb der Hochschule ist auch gar nicht weiter diskutiert worden, warum die Amtsinhaberin, die keine Fehler, keine Skandale gemacht hatte, nicht wieder gewählt wurde. Aber wahrscheinlich liegt genau darin der Grund. Es lief alles verwaltungsmäßig ab, alle Aufgaben wurden erfüllt und insbesondere hat die Frankfurter Universität in dieser Zeit sich der Stadt noch weiter geöffnet als bisher, bzw. hat mit Veranstaltungen die Universität in die Stadt getragen. Aber in den letzten Jahren, wo es über viele Dinge an der Universität und in der Gesellschaft Diskussionen gab, ist die Frankfurter Universität niemals eine Institution gewesen, die deutlichere Wort fand, etwas zuspitzte oder von sich aus Orientierung gab. Es ging alles ordentlich über die Bühne. Die Erwartungen an den Neuen richten sich nun auf die bisherigen Defizite. Allerdings werden Gruppen an der Uni dies vorantreiben müssen, mit einer neuen Leitung ist es nicht getan.
Die ausgedünnte Veranstaltung brachte folgende Würdigungen:
Der Vorsitzende des Hochschulrates, Prof. Dr. Matthias Kleiner, der die Ernennung vollzog, erklärte: „Birgitta Wolff hat in den sechs Jahren ihrer Präsidentinnenschaft Hervorragendes geleistet. Ihre Amtszeit hat in all ihren Facetten der Goethe-Universität sehr gutgetan und ich freue mich und bin von Herzen dankbar, dass ich dabei die Präsidentin und ihr Präsidium als Hochschulratsvorsitzender begleiten durfte. Mit Enrico Schleif ist in einem nicht ganz einfachen, aber erfolgreichen Wahlverfahren ein ausgezeichneter Nachfolger bestimmt worden, dem ich für seine Amtszeit sehr herzlich alles Gute wünsche: viele Ideen und Argumente, viel Mut und Energie, viel Bewegung und Spielraum, viel Glück und Erfolg! Der Hochschulrat wird Enrico Schleiff ein guter Partner sein.“
Die Wissenschaftsministerin des Landes Hessen, Angela Dorn, sagte anlässlich der Amtsübergabe: „Die Goethe-Universität hat unter der Präsidentschaft von Frau Professorin Wolff in den vergangenen beiden Semestern eine große Kraftanstrengung unternommen, um in der Coronapandemie ein weitgehend digitales Studium zu ermöglichen. Dieses herausragende Engagement beschließt eine Präsidentschaft, in der sie sich mit all ihrer Kraft und ihrem Wissen für die Goethe-Universität eingesetzt hat: Mit dem Begriff ,Third Mission‘ wird mittlerweile bundesweit ihr Name verbunden, denn von Beginn an setze sie auf Transfer und war Gründungsmitglied der Agentur für Sprunginnovation. Nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der Exzellenzstrategie hat sie schnell die Ärmel wieder hochgekrempelt, die Goethe Universität einem selbstkritischen Analyseprozess unterzogen und einen Reform- und Professionalisierungskurs vorangebracht. Prof. Dr. Wolff hinterlässt eine Universität mit zukunftsfesten Strukturen und starken Entwicklungsperspektiven. Für diesen Einsatz danke ich ihr von Herzen. Ich bin mir sicher, dass Prof. Dr. Schleiff mit seiner vielschichtigen Erfahrung auf diesem Fundament gut aufbauen kann. Ich wünsche ihm viel Erfolg bei seiner neuen Aufgabe und Prof. Dr. Wolff auf ihrem weiteren Werdegang alles Gute.“
Der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, Peter Feldmann, betonte: „Im Juli 2014, sind Sie, liebe Frau Professor Wolff, als erste Frau zur Präsidentin dieser Universität gewählt worden. Der große Hilmar Hoffmann sprach von einem Signal der Erneuerungskraft – zu Recht, wie wir heute wissen. Sie haben die Goethe-Universität in die Stadt getragen, zu den Bürgerinnen und Bürgern. Sie haben Sie geöffnet, zu einem Ort der Debatte gemacht. Ausdruck und Ergebnis Ihres Engagements ist die für unsere Bevölkerung erfolgreiche Veranstaltungsreihe „Bürger-Uni“. Das passt zu Frankfurt als Geburtsort der deutschen Demokratie. Ich bitte Sie: Bleiben Sie uns, bleiben Sie Frankfurt erhalten. Auch Ihre Wahl, lieber Professor Schleiff, ist eine Weichenstellung. Sie wollen das Profil der Uni schärfen, durch Gründung einer Forschungsallianz und durch eine stärkere Internationalisierung. Vielfalt macht stark – dafür ist unsere internationale Stadt der Beweis. Als Hochschule dieser Stadt noch internationaler, noch vielfältiger werden zu wollen, ist aus meiner Sicht genau der richtige Ansatz. Ich freue mich darauf, mehr zu erfahren und mit Ihnen über Ihre Pläne zu diskutieren.“
Die Präsidentin der Goethe-Universität, Prof. Dr. Birgitta Wolff, sagte: „Sechs Jahre durfte ich als Präsidentin der Goethe-Universität dienen und sie mitgestalten. Umgekehrt haben mir die Goethe-Universität und die vielen großartigen Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte und was ich hier in dieser Zeit lernen durfte, unendlich viel gegeben. Viele dieser inspirierenden Kontakte werden – da bin ich mir sicher – auch über meine Amtszeit hinaus weiterbestehen. Ich übergebe Enrico Schleiff eine Goethe-Universität, die auf wichtigen Feldern ihrer internen Governance und Kooperationskultur große Fortschritte gemacht hat. Die Goethe-Universität ist heute mehr denn je eine Hochschule, die gelernt hat, dass sie ihre Stärken in kooperativen Netzwerken – sei es auf regionaler, sei es auf nationaler, sei es auf internationaler Ebene – viel besser entfalten kann, als ohne diese. An der Neuausrichtung der Strukturen haben wir die letzten drei Jahre hart gearbeitet. Ich wünsche Enrico Schleiff eine glückliche Hand bei der Weiterentwicklung unserer wundervollen Goethe-Universität.
Der gewählte Präsident der Goethe-Universität, Prof. Dr. Enrico Schleiff, erklärte: „Ich freue mich sehr auf die Aufgabe, als Präsident gemeinsam mit den Kolleg*innen unsere Goethe-Universität weiter zu entwickeln. Die Wahl war ein großer Vertrauensbeweis und Vertrauensvorschuss der Goethe-Community. Gleichzeitig habe ich das Votum des Erweiterten Senats als besonderen Auftrag an mich verstanden, den Zusammenhalt innerhalb der Goethe-Universität zu stärken. Die ersten Wochen und Monate im Amt werde ich daher auch dafür nutzen, um auf verschiedene Personen und Gruppierungen innerhalb und außerhalb der Goethe-Universität persönlich zuzugehen. Ich bin überzeugt, dass uns als Mitglieder der Goethe-Community alle der Anspruch eint, mit der Goethe-Universität in einer sich drastisch verändernden Welt durch richtungsweisende Forschung und Lehre einen Beitrag zur Entwicklung und Gestaltung der Gesellschaft zu leisten – jede und jeder an ihrer und seiner Stelle. Ich werde mich persönlich dafür einsetzen, dass wir die dafür nötigen Freiräume in Forschung, Lehre und Third Mission weiter entfalten. Ich danke Gitta Wolff für ihren enormen Einsatz und die wegweisenden Impulse, die sie in der Weiterentwicklung der Goethe-Uni gesetzt hat.“
Foto:
Enrico Schleiff
©© aktuelles.uni-frankfurt.de
Enrico Schleiff
©© aktuelles.uni-frankfurt.de