... kritisch beleuchtet
nach über 130 Jahren Missionsarbeit in Afrika

Klaus Jürgen Schmidt

Nienburg/Weser (Weltexpresso) – Am 20. Januar hatte ich an dieser Stelle einem Artikel die Überschrift gegeben: FÄLLT BALD DIE RHODES-STATUE IN OXFORD? ... und was machen deutsche „Proletarierseelsorger unter Stadtnegern“? Es ging vor allem um die Erfahrung eines Oxford-Absolventen aus dem früheren Rhodesien, der im heutigen Simbabwe heranwuchs und der im Londoner „Guardian“ über sein „Leben im Schatten von Rhodes“ eine bemerkenswerte Abrechnung mit europäischem Kolonialsimus in Afrika geschrieben hat. Bei meiner Recherche war ich auf einen deutschen Missionar gestoßen, der einst bei Cecil Rhodes mit einem Wunsch vorgesprochen hatte. ...


Der Deutsche hieß Franz Pfanner, er war der Missionsabt von Mariannhill in Südafrika. Über 130 Jahre später hatte ich im Internet einen Text gefunden, der die Begegnung der Herren Rhodes und Pfanner so beschreibt:

„Was mag den Missionsabt von Mariannhill zum Eroberer Zentralafrikas, zum reichsten Mann seiner Zeit, geführt haben? Franz Pfanner hatte nur eine Bitte: Rhodes solle ihm eine Missionsfarm im neueroberten Rhodesien verschaffen. Seine Bitte wurde erfüllt. Rhodes versprach dem Abt von Mariannhill eine Farm im Manicaland, dem nordöstlichsten Teil des heutigen Rhodesien. Es war der Auftakt für den Ausbau eines großen Missionsfeldes der Mariannhiller in Rhodesien. Die Farm, die Abt Franz von Rhodes erhielt, trägt heute den stolzen Namen einer der ansehnlichsten Missionsstationen dieses Landes: Triashill.“

Die Beschreibung hatte ich einer von zahlreichen Webseiten entnommen, die sich „MISSIONARE VON MARIANNHILL – Deutsche Provinz“ nennt und zur Kontaktaufnahme diese Adresse anbietet:

Provinzialat / Mariannhillstr. 1 / 97074 Würzburg / Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

An diese Email-Adresse werde ich nach Veröffentlichung dieses Artikels – zusammen mit dem einführenden Text – folgenden OFFENEN BRIEF schicken:

Sehr geehrte Herren!

Über den Hintergrund meines Anliegens wird Sie schon Herr Pater Andreas Rohring CMM (Chefredakteur Mariannhill) informiert haben. Ich hatte ihn persönlich in einer Email zu einer Debatte über meinen oben erwähnten Artikel bei der Online-Zeitung WELTEXPRESSO eingeladen.

https://weltexpresso.de/index.php/lust-und-leben/21032-faellt-bald-die-rhodes-statue-in-oxford


Umgehend erhielt ich von ihm gerichtliche Androhungen sowie insbesondere die Aufforderung, meine Einschätzung hinsichtlich der Fragwürdigkeit einer Spenden-Kampagne sowie verwendete Bilder zu entfernen. Für Leser meines WPO-Artikels hatte ich die Bilder zunächst unkenntlich gemacht, dabei Pater Rohring gegenüber anmerkend, dass mir der Sinn nicht nach Zensur,  sondern nach Debatte gestanden habe. Daraufhin bekam ich folgende Antwort:

> ... als eine internationale katholische Ordensgemeinschaft, die seit über 130 Jahren in Südafrika beheimatet ist, ist der Vorwurf „Proletarierseelsorger unter Stadtnegern“ mehr als als daneben. Immerhin hat unsere internationale Ordensgemeinschaft einen Südafrikaner als Generaloberen. In der Apartheidzeit haben wir uns zum Beispiel an die Seite der unterdrückten Menschen gestellt. ... Rassistische Begriffe wie „Stadtneger“ sind uns fern und ich weise daraufhin, dass dieser Begriff von Ihnen ohne Beleg benutzt wird. <

Umgehend empfahl ich Pater Rohring, auf der eigenen Webseite nachzusehen:

https://www.mariannhill.de/quellen/simbabwe-erste-stationen#proletarierseelsorger-unter-den-stadtnegern

Es kam ein „danke für den Hinweis“ zurück, und tags darauf war zwar auf der entsprechenden Website der anklickbare Begriff „Proletarierseelsorger unter Stadtnegern“ ersetzt durch „Seelsorger in der Stadt“, aber eben nur im Seiten-Text, nicht in der Seiten-Adresse!

Wichtiger aber ist mir, was Pater Rohring noch aus meinem Artikel gestrichen haben wollte:

> Zu dem von Ihnen zitierten Projekt „maxima“ gibt es zahlreiche Artikel in den örtlichen Medien. Daher bitte ich Sie höflichst Ihre Aussagen zu korrigieren, andernfalls werden wir nicht zögern und gegen diese Behauptungen gerichtlich vorzugehen. <

Ich hatte geschrieben:

> Dabei werben die Missionare von Mariannhill in Würzburg um Spenden mit dem Bild eines krebskranken weißen Mädchens und mit folgendem Text:
„Mein Name ist Maxima Wübbeling, ich bin 9 Jahre alt und lebe mit meinem Bruder Philipp und meinen Eltern Christian und Barbara in Reken im Münsterland. Ich lebe, obwohl in meinem Kopf ein bösartiger Krebstumor ist. Ich bin der Uniklinik Münster und unserem Gesundheitssystem sehr dankbar, weiß aber auch, dass es mich in ganz vielen Ländern unserer Welt nicht mehr gäbe.
Ich möchte nicht nur dankbar sein, ich will anderen Kindern Hoffnung spenden. Deshalb haben meine Eltern Kontakt zu den Mariannhiller Missionaren aus Maria Veen aufgenommen. Sie unterstützen schon lange die Menschen in Ostafrika, und wir haben zusammen drei Projekte ausgewählt, die unsere Hilfe wirklich dringend brauchen. Allein schaffe ich das nicht, aber mit Eurer Hilfe können wir diesen Kindern Zukunft geben. Eure Spende geht zu 100 Prozent in die Projekte, ohne Verwaltungskosten."
(veröffentlicht: 10. Dezember 2020) <

Dazu meine Anmerkung:

> Ich bezweifle, dass ein neunjähriges Mädchen eigenständig mit diesem Text zu diesem Spendenaufruf fähig war. Vielleicht hätten die Würzburger Missionare ehrlicherweise die Eltern selbst zu Wort kommen lassen sollen. Aber ihre Website würdigt in erster Linie weißes Engagement für schwarze Menschen – das war schon zu Zeiten von Cecil Rhodes so! <

Pater Andreas Rohring schickte zwei Links zu lokalen Zeitungen mit der Aufforderung:

> Bitte recherchieren Sie sorgfältiger bevor Sie Unwahrheiten veröffentlichen. Dies fällt auf Sie zurück. https://www.borkenerzeitung.de/lokales/reken/Krebskranke-Maxima-aus-Reken-startet-Spendenaktion-318698.html
https://www.halternerzeitung.de/haltern/maxima-beruehrt-auch-die-herzen-der-halterner-81000-euro-fuer-afrika-plus-1593150.html <

Ich verstehe die lokalen Zeitungsüberschriften in der Tat als PR-Erfolg: Ein „krebskrankes Mädchen startet Spendenaktion ... berührt auch die Herzen ...“

Aber bitte legen Sie offen, wer hatte tatsächlich die Idee, ein krebskrankes neunjähriges Mädchen eine Spendenaktion für Menschen in Afrika „starten“ zu lassen:

Das Mädchen Maxima? Deren Eltern? Eine PR-Agentur? Einer Ihrer Missionare? Wer sonst?

War es nicht das Mädchen Maxima, dann wäre es – nicht nur in meinen Augen – der Missbrauch eines kranken Kindes für einen dann nicht einmal guten Zweck.

Interessant ist, dass Ihr Chefredakteur – von mir eingeladen zu einer Debatte meines Artikels – daraus ausschließlich jene Aspekte herausgegriffen hat, die den Leumund ihrer geschichtlich kaum hinterfragten Missionierung in einer fremden Kultur beschädigen könnte.

Kein Wort zu dem schwarzen Jungen, der „im Schatten von Rhodes aufwuchs“.

„Christsein“ in Afrika nach gut 130 Jahren Missionierung – „Christsein“ in unserem Land nach weitgehendem Versagen bis zur Nazizeit und bei Versagen bis in die Neuzeit, Kindesmissbrauch von Pfaffen vor Gericht zu bringen – was bedeutet das heute?
 
Ich habe als Journalist fast 30 Jahre in Afrika gelebt und gearbeitet, vor allem mit afrikanischen Kolleginnen und Kollegen, die begonnen haben, sich kritisch mit dem europäisch/christlichen Erbe auseinanderzusetzen.

Der große nigerianische Schriftsteller Chinua Achebe drückte es demütig aus: 'Ich würde aus meiner privilegierten Position in der afrikanischen und westlichen Kultur einige Vorteile vorschlagen, die der Westen aus Afrika ziehen könnte, wenn er sich von alten Vorurteilen befreit und Afrika nicht durch einen Dunst betrachtet von Verzerrungen und billiger Mystifizierung, aber ganz einfach als Kontinent der Menschen – keine Engel, aber auch keine rudimentären Seelen.'
(Zitat aus dem Teil meines Original-Artikels, der nicht für Aufregung sorgte)

Foto:
© KJS

Info:
https://www.theguardian.com/news/2021/jan/14/rhodes-must-fall-oxford-colonialism-zimbabwe-simukai-chigudu

https://www.mariannhill.de/quellen/simbabwe-erste-stationen

https://www.mariannhill.de/quellen/simbabwe-erste-stationen#proletarierseelsorger-unter-den-stadtnegern

https://www.mariannhill.de/home/nachrichten/dankbarkeit-reicht-mir-nicht-%E2%80%A6

https://www.suhrkamp.de/buecher/afropaeisch-johny_pitts_42941.html