euroaadaemie.deFrankfurter Integrationsdezernentin Weber würdigt die Arbeit herkunftssprachlicher Vereine

Katharina Klein

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Als noch die Diskussionen hin und hergingen, in welcher Sprache am besten die Kinder der Gastarbeiter der 50-/60-/ 70er Jahre in Westdeutschland alphabetisiert werden sollten, war länger das Deutsche allgemein gebraucht. Das war noch die Zeit, als der politische Plan entstand, diese Gastarbeiter, erst Italiener, dann Türken, auch Spanier etc. nach fünf Jahren in ihre Heimat zurückzuschicken und neue Gastarbeiter zu holen. Beispielsweise haben damals die Farbwerke Hoechst  nach Italien Leute ausgesandt, die dort in Bergdörfern sich junge Männer anschauten und sie verpflichteten.
 
Dann in den späten Siebzigern und Achtziger Jahren, als schon lange klar war, daß aus den Gastarbeitern Bürger der Bundesrepublik Deutschland werden und geworden waren, gab es ganz fortschrittliche Konzepte, die darin bestanden, die Alphabetisierung in der Muttersprache durchzuführen. Das war also längst die Zeit, als klar war, daß die Kinder in der Bundesrepublik bleiben und Deutsch ihre Umgangssprache werden wird. Aber, und das war das Argument derer, die mit der Muttersprache anfangen wollten, daß auf diese Weise die kognitiven Fähigkeiten dieser Kinder stärker geschult würden, als es bei Alphabetisierung in Deutsch möglich sei, die sie von Anfang an zu Schulversagern machen würde, was ja auch tatsächlich damals der Fall war. In diesen Jahren damals gab es auch für diese Schüler zusätzlichen Unterricht in ihren Muttersprachen. 

Doch die Situation hat sich geändert. Wer nach Deutschland kommt, bleibt hier. Denn auch aus den damaligen Vorhaben, in Deutschland Geld zu verdienen und mit 65 Jahren im eigenen Häuschen in der Heimat alt zu werden, ist weithin nichts geworden. Weil die hier geborenen Kinder auch die Eltern motivierten, hier zu bleiben. Was also ist heute mit der Muttersprache. Wieviele der Schüler bzw. der Kitakinder haben zuvor nur ihre Muttersprache gesprochen und lernen erst Deutsch mit deutschen Schülern? Das alles sind Fragen, die wenig gestellt werden, die aber am Tag der Muttersprache eigentlich eine rolle spielen sollten. Für Frankfurt betont Oberbürgermeister Feldmann öfter, was die Anwesenheit von fast 200 Muttersprachen in dieser Stadt bedeuten. Was also sagt die Integrationsdezernentin?


Zum Internationalen Tag der Muttersprache würdigt Integrations- und Bildungsdezernentin Sylvia Weber die große Bedeutung von Mehrsprachigkeit und Herkunftssprachen. „Sie sind wichtige Ressourcen für unsere globalisierte und diverse Gesellschaft“, sagt Weber. „Die Wertschätzung und Förderung der Herkunftssprachen hat für mehrsprachige Kinder und Jugendliche eine große Bedeutung sowohl für den gelingenden Deutscherwerb als auch für die Entwicklung ihrer persönlichen Identität. Daher ist es wichtig, dass die Herkunftssprachen bei jeglicher Sprachförderung Berücksichtigung finden.“

Fast zwei Drittel der Frankfurter Kinder wachsen zweisprachig auf. „Wir müssen aufhören, die Förderung von Herkunfts- und Familiensprachen als Gegensatz zu gelingendem Deutscherwerb zu sehen. Entgegen langjährig geführter Debatten ist fachlich erwiesen, dass die frühe Förderung der sogenannte Herkunfts- und Familiensprache sich positiv auf den Zweit- oder Drittspracherwerb Deutsch auswirkt.“

In Frankfurt engagieren sich rund 40 ehrenamtliche Vereine um die Vermittlung herkunftssprachlicher Kompetenzen, sowie verschiedene Elterninitiativen. Darüber hinaus werden einige Sprachen noch durch Lehrkräfte von Konsulaten und des Landes an Frankfurter Schulen unterrichtet.

„Ich möchte an diesem Tag insbesondere den Eltern und Vereinen, den sogenannte Samstagsschulen, für ihr Engagement herzlich danken. Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, an zwei Schulstandorten Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dieses Angebot muss in den kommenden Jahren erweitert werden. Das ist auch ein wichtiges bildungspolitisches Signal. Ich setze mich außerdem dafür ein, herkunftssprachliche Kompetenzen in Schulzeugnissen noch stärker zu berücksichtigen.“

Durch die pandemiebedingten Einschränkungen war auch die ehrenamtliche Arbeit dieser Vereine betroffen. Integrations- und Bildungsdezernentin Weber sagt: „Das hat bislang viel zu wenig öffentliche Beachtung gefunden, wenn wir von Bildungsnachteilen sprechen, die in der Corona-Zeit entstanden sind. Auch wenn Deutsch unsere Alltagssprache ist, sind alle Sprachen in unser Stadt gleich wichtig. Sie alle gehören zu Frankfurt.“

Der Internationale Tag der Muttersprache ist ein von der UNESCO 1999 ausgerufener Gedenktag zur „Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit“. Er wird seit dem Jahr 2000 jährlich am 21. Februar begangen.

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