regensburg bayern.deKetzerverbrennung auf dem Domplatz zu Regensburg

Ernst Hilmer

Regensburg (Weltexpresso) - Am Pfingstsamstag des Jahres 1420 nehmen Bewaffnete des Bischofs den jungen Geistlichen Ulrich Grünsleder in der Domkirche von Regensburg (Foto) fest. Ihm wird vorgeworfen, der Lehre Jan Hus' aus Prag anzuhängen. Er weigert sich zu widerrufen.  Er wird abgeführt und eingekerkert.

konstanzer Fünf Jahre waren vergangen, seit am 5. Juli 1415 der Prager Prediger Jan Hus am Konzil von Konstanz als „Ketzer“ lebendig verbrannt worden war. Dieses Ereignis hatte in ganz Europa Entsetzen und Abscheu ausgelöst. Am meisten aber brachte es die Menschen in Böhmen in Aufruhr. Jan Hus war in seiner Heimat sehr beliebt: Tausende hörten seinen Predigten zu. Jan Hus entwickelte die Lehren des englischen Reformators John Wicliff weiter und übersetzte die Bibel, lange vor Luther – ins Tschechische. In seinen Reden forderte er eine grundlegende Reform der katholischen Kirche: Alle Christen seien gleich vor Christus, alle Gläubigen müssten mit beiden Gestalten Brot und Wein an der Kommunion teilnehmen dürfen, die Kirche müsse auf Reichtum und eigene Gerichtsbarkeit verzichten, ein in Todsünde lebender Geistlicher könne einem anderen nicht die Absolution erteilen. und ein unzüchtiger auch von einem anderen Priester oder Bischof nicht losgesprochen werden. Der Ablasshandel sei ein Ärgernis für die Gläubigen.

Jan Hus wurde anfänglich vom böhmischen König Wenzel IV und vom Rat der Karls-Universität unterstützt, kam aber bald in Widerspruch zum römisch-deutschen König Sigismund, einem Stiefbruder Wenzels. Sigismund strebte die Kaiserkrone an und war damit von Rom und von den deutschen Kurfürsten, u. a. den mächtigen Erzbischöfen von Trier, Mainz und Köln, abhängig.

1415 erreichte Jan Hus die Einladung am Konzil von Konstanz teilzunehmen. Mit einem Schutzbrief des römisch-deutschen Königs Sigismund reiste er über Bärnau, Sulzbach, Nürnberg nach Konstanz. An allen Stationen wurde ihm ein herzlicher Empfang zuteil. In Konstanz konnte er anfangs seine Predigten noch fortsetzen, dann nahm man ihn fest, verhörte ihn und wurde, nachdem er seiner Überzeugung treu blieb, als Ketzer verbrannt.

In Prag überstürzten sich die Ereignisse, die Böhmen nahmen den Verrat König Sigismunds und der offiziellen Kirche nicht hin. Im September 1415 schickten 452 böhmische Adelige einen Protestbrief an das Konzil. Am 22. Februar 1418 drohte der neu gewählte Papst Martin V den Anhängern Hus mit einem Kreuzzug. Im gleichen Jahr noch plünderten Hussiten Neunburg und Schwandorf, wohl als Rache, weil der Neunburger Pfalzgraf den Mitstreiter Hus, Hyronimus von Prag, ebenfalls dem Feuertod überliefert hatte. Im Juli 1419 versammelten sich 40 000 Anhänger Hus auf dem Heiligen Berg Tabor. Ein Protestzug zur Freilassung von Gefangenen wurde vom Ratsgebäude aus mit Steinen beworfen. Die Menge erstürmte das Rathaus und warf 13 Ratsherren aus dem Fenster.

Im gleichen Jahr 1419, ein Jahr vor seiner, Grünsleders, Verhaftung, hatte sich auch die Lage in Bayern zugespitzt. Immer mehr Menschen bekannten sich zu den Lehren von Jan Hus, vor allem in den Reichsstädten Nürnberg und Regensburg. Grünsleder übersetzte die religiösen Abhandlungen und die Predigten Jan Hus´ aus dem Tschechischen und predigte in der Aha-Kirche in Regensburg. Im Provinzialkonzil in Salzburg wurde währenddessen ein Predigtverbot der hussitischen Lehre erlassen. Die Obrigkeit sollte jeder Person über 12 Jahren einen öffentlichen Eid abverlangen, der beinhalte, jeden Verdächtigen zu melden.

Am 14. Juli 1420 wurde schließlich der Kreuzzug ausgerufen, ein für damalige Verhältnisse gewaltiges 100 000 Mann-Heer zog gegen Prag - und wurde von den hussitischen Truppen vernichtend geschlagen. Das bayerisch-böhmische Grenzgebiet wurde Kriegsschauplatz.

Knapp ein Jahr später, am Montag nach dem „Weißen Sonntag“, der Tag, an dem die katholische Kirche das Sakrament der Erstkommunion für ihre Kinder spendet, unter der Gestalt des Brotes, wird Kaplan Ulrich Grünsleder vor allem Volk im Dom seiner Priesterwürde entkleidet, der „Häresie überführt“ und der weltlichen Obrigkeit zur Vollstreckung des Feuertodes übergeben. Unter dem Geläute der großen Glocken des Doms wird Ulrich Grünsleder am 31. März 1421 auf dem Domplatz verbrannt.

„Er konnte der Kraft der evangelischen Wahrheit nicht widerstehen“, wie ein Regensburger Chronist 300 Jahre später anmerken wird.

Fotos:
Regensburger Dom
©regensburg-bayern.de
Die Verbrennung von Jan Hus aus der Konstanzer Reichental Chronik,HS1, Folie 58v,  
© https://www.erzdioezese-wien.at/site/glaubenfeiern/christ/unserglaube/glaubenswissen/article/76189.html

Info:
Quellen:
1. Heimatkundlicher Arbeitskreis Vohenstrauß (Hg.), Streifzüge, Heimatkunde und Heimatgeschichte, 3/1987,
2. Michaela Bleicher, DAS HERZOGTUM NIEDERBAYERN - STRAUBING IN DEN HUSSITENKRIEGEN,KRIEGSALLTAG UND KRIEGSFÜHRUNG IM SPIEGEL DER LANDSCHREIBERRECHNUNGEN,, Regensburg 2004

Am 31. März 2021 wird es 600 Jahre, dass in Regensburg Ulrich Grünsleder als Ketzer verbrannt wurde.