katalogstonSTONEHENGE bleibt rätselhaft. Die Entdeckungen gehen weiter: ZDF, ARTE  und die Ausstellung im WESTFÄLISCHEN LANDESMUSEUM in Herne, Teil 3/3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Jetzt geht es endlich um die Anlage in STONEHENGE selbst, die das Westfälische Landesmuseum - durchaus voll Hybris hätten die alten Griechen gesagt - in Herne nachgebaut hat. Echt. Allerdings nur die Steine, die aber nur im Inneren der viel größeren, weiteren Wallanlage mit Graben stehen, die wir – um die Raumverhältnisse zu zeigen - ebenfalls in einem Foto aus dem Katalog festhalten.

stone14Die Anlage datiert man von 3 200 – 1 600 v. Chr. Also einen langen Zeitraum von Erbauen bis Fertigstellung und Nutzung. Die Besonderheit in Westfalen ist nun, daß dort ebenfalls Steingräber vorhanden sind, die noch als tausend Jahre älter als das englische Steinmonument gelten. Was heißt gelten: sind! Denn es lassen sich zwar die Steine selbst schwerer datieren, aber das Drumherum sehr gut. Darum sind Holzteile immer so wichtig! Die Ausstellung und der Katalog zeigen die westfälischenMonumente auch ausführlich und das ist die Leistung der dortigen Archäologen. Wir bleiben heute allerdings bei STONEHENGE, was der Katalog mit gleichem Umfang darstellt, weshalb der Erwerb desselben jedem angeraten ist, der sich für STONEHENGE interessiert. Es steht unglaublich viel drinnen. Selten war es so schwierig, eine Zusammenfassung zu geben, die hier sein muß.

Man kann schon sagen, daß STONEHENGE das bedeutendste archäologische Denkmal Europas ist. Schauen wir uns erst einmal die Anlage auf dem Bild an, wobei verloren geht, daß dies inmitten einer so total grünen Landschaft steht,
daß es schon wieder außerirdisch wirkt. Ich habe die Seiten im Katalog einfach abfotografiert und die Erklärungen gleich mitgeliefert. Es sind heute stone12noch 83 Steine der ursprünglichen Anlage vorhanden, deren Durchmesser etwa 110 Meter beträgt. Der Boden ist übrigens aus weichem Kreidegestein, bedeckt mit Erde. Das ist wichtig wegen der Verankerung der schweren Steine, so daß man die Vertiefungen für sie also gut in den Boden hineinhauen konnte. Daß die roten, die noch stehenden und die rosa, die schon gefallenen Steine die Sarsen sind, die äußere Reihe der hohen Sandsteine, sieht man. Interessant sind die nach innen folgenden blauen Steine, von denen sehr viele, die hellblauen, fehlen. Das Interessante daran ist die Wiederholung. Wenn Sie nämlich von außen nach innen blicken, dann kommt nach den blauen Steinen erneut ein Formation der Sandsteine. Und dann wieder eine der blauen Steine. Es sind also vier Steinringe, wenn man das Hufeisen mal als Ring gelten läßt. Allerdings sind bei den oberen blauen Steinen nur noch die nordwestlichen und die südöstlichen vorhanden. Die vielen kleineren Richtung Norden sind nur noch durch Löcher als Standorte kenntlich. Alle anderen Steine, den Fersenstein, Opferstein, die Stationssteine u.a. lassen wir jetzt links liegen. Wichtig ist aber noch zu betonen, daß die Sarsen alle aus der Umgebung vom Standort kommen, bis ca. 25 km entfernt, es ist leichter, durch geochemische Analyse zu bestimmen, aus welchem Steinbruch ein Stein kommt, als seinen Abbau und seine Verwendung als Säule. Aber von Säule spricht niemand, genauso wenig wie von Spolie!

stone13Man sieht die Hufeisenform der Anlage, die allerdings nicht Nord-Süd verläuft, sondern nordöstlich-südwestlich. Und man sieht in der Mittel der inneren blauen Steine den Altarstein. Wozu er dient, was dort geschah, das steht auf einem anderen Stern. Wir sind froh, daß insgesamt noch 83 Steine erhalten sind. Die Hauptfragen richten sich immer darauf, wie man diese gewichtigen Steine mit den damaligen technologischen Mitteln überhaupt an den Ort, eine leichte Anhöhe hat bringen können. In dem erwähnten Film, als es sogar um die Entfernung von 250 km ging, hat man Versuche mit dreißig Kindern gemacht, die die Steine auf einer Unterlage rollen konnten. Was klar ist, daß unendlich viele Menschen sowohl beim Transport wie auch beim stone5Aufstellen beteiligt gewesen sein mußten. Aber, obwohl auch darüber kein Wort in den Filmen und dem Katalog zur Ausstellung fällt, denkt man an die ägyptischen Pyramiden, weiß man auch, wieviele ausländische Gefangene als Baupersonal zu Grunde gingen, ob der harten Arbeit.

Im Katalog sind dann auch Modelle, wie man sich den Transport und vor allem das nächste Problem, das Aufstellen der Steine vorstellen kann. Die Hypothese, die in Mexiko für die Aufstellung der Pyramiden mittels Sand gilt, kommt hier nicht zum Tragen. Es sind Holzkonstruktionen.

stone3Zurück zu dem äußeren Sarsenkreis. Die stehenden Steine nennt man Tragsteine, die darüberliegende Decksteine, von den ursprünglich 30 Tragsteinen sind noch 17 vorhanden. Wären die Decksteine vollständig, entspräche dies einem Ring von 30 Meter Durchmesser in 4 Meter Höhe! Vier Meter. Es gibt allerdings nur noch sechs Decksteine, drei einzelne und eine Dreierformation. Die Steine sind übrigens unterschiedlich bearbeitet. Manche sehr glatt und fein, andere überhaupt nicht. Die Abstände sind fast gleich. Schaut man auf die Steine, denkt man, daß sich die Decksteine durch ihr Gewicht auf den Tragsteinen halten. Sie sind jedoch wie in Holzbauten durch Zapfenverbindungen gehalten. Auf den Tragsteinen befinden sich auf der Oberseite Noppen/Zapfen, die in die auf der Unterseite der Decksteine ausgehauenen Zapfenlöcher passen. Zusätzlich haben die jeweiligen Enden der Decksteine eine Nut- und Federverbindung.

Der Hang fällt leicht nach Norden ab. Das wird durch die Steine ausgeglichen, die in tieferen Löchern verankert sind. Im Katalog gibt es Ausführungen zu den Blausteinen, die weit über das in den Fernsehsendungen Gesagte hinausgehen. So zum Beispiel, was die Behauptung des Londoner Professors noch wahrscheinlicher macht, daß die Bluestones von STONEHENGE aus Carn Menyn u.a. Orten der Preseli Hills kommen und nach der Radiokarbondatierung auf 3 400 bis 3 300 v. Chr. geschätzt werden, also schon abgebaut und in Wales verwendet wurden, als es das Steinmonument in Südengland noch gar nicht gab. Noch lange nicht. Übrigens liest man dann auch, daß frühere Theorien besagten, daß die Blausteine durch die Eiszeit und Erdverschiebungen die rund 350 km zurückgelegt hätten. Also von alleine durch die Natur. Aber das ist widerlegt.

Seit 1901 gibt es ernsthafte Datierungen. Heute geht man von fünf Phasen aus:

Phase 1: 3 000 bis 2620 v. Chr.: Errichtung des Wall-Graben-Systems mit nach innen dem ersten Kreis von Bohrlöchern Im Graben werden Knochen und Geweihe unter der Sohle deponiert.

Phase 2: 2600 2480 v. Chr.: Äußerer Sarsenkreis und nächstfolgender Kreis aus Blausteinen

Phase 3: 2480 2280 v. Chr. Der Graben wird ausgehoben und vertieft. Die Steine zum teil neu angeordnet.

Phase 4; 2280 – 2020 v. Chr. Letzte große Neuaufstellung, insbesondere die blauen Steine werden durch zusätzliche aus dem abgebauten Steinkreis von East Salisbury vervollständigt und durch Entfernung der Steine aus dem Kreis wird die Hufeisenform immer deutlicher.

Phase 5: 2020 – 1520 v. Chr. Schmückung der Steine durch Dolch- und Beildarstellungen. Zertrümmerung einzelner Steine.

Nun sind wir doch der technologisch-wissenschaftlichen archäologischen Arbeit auf den Leim gegangen, die uns noch dazu mit Hochachtung erfüllt. ABER, warum und wozu, außer daß alle Kulturen sich um das Jenseits kümmerten und in der Sonne und dem Mond mögliche Verursacher für Leben auf der Erde, für Tag und Nacht hielten und die Tage, wo die Sonne den Höchststand erreicht, für das Besondere hielten, was in STONEHENGE deutlich zu sehen ist, das wissen wir immer noch nicht, vielleicht nie. So lange aber werden die Analysemöglichkeiten unserer Zeit für die Erforschung der Vergangenheit genutzt. Mich interessiert das. Darum hatte ich einmal Archäologie und Geschichte studiert. Aber manchmal frage ich mich schon, ob nicht Zukunftsforschung sinnvoller wäre.

Punktum: Der Katalog macht Sie klüger!

Fotos:
©aus dem Katalog

Info:
Begleitband, Katalog zur Ausstellung in Herne
STONEHENGE. Von Menschen und Landschaften, hrsg. von LWL-Museum für Archäologie, Westfälisches Landesmuseum; Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie, Michael Imhof Verlag 2021
Bei den Ausstellungen gibt es die Kataloge meist billiger. Aber ich sehe gerade, daß er seitens des Verlags von 49, 95  auf 34, 95 Euro  heruntergesetzt ist. Eigentlich ist das zu wenig Geld für so viel Wissen und so viel hervorragendes Bildmaterial.
 
Aus der Redaktionsbibliothek:
Jean-Claude Perpere, Redende Steine. Die geheimnisvollen Monumente der Megalithkulturen, Heyne-Sachbuch780, 1981
Chippindale, Christopher, Stonehenge Complete. Winner of the British Archaeological Book Award, Revisted EditionThames and Hudson 2001