dopfnerUnabhängige Kommission stellt in einem Abschnitt wissenschaftliches Fehlverhalten fest, welches aber keine Aberkennung des Doktorgrads begründet


Susanne Sonntag

 
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Nach eingehender Prüfung der Dissertation von Herrn Dr. Mathias Döpfner, der 1990 an der Goethe-Universität mit der Arbeit „Musikkritik in Deutschland nach 1945 – Inhaltliche und formale Tendenzen – Eine kritische Analyse“ promoviert wurde, stellt die Kommission zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten aufgrund der mehrfachen wörtlichen oder gedanklichen Übernahme fremder geistiger Autorenschaft zwar ein wissenschaftliches Fehlverhalten fest. Die einzelnen Befunde seien jedoch in ihrer Summe und hinsichtlich ihrer Bedeutung für den wissenschaftlichen Kern der Arbeit nicht ausreichend, um eine Aberkennung des Doktorgrades zu begründen.


Die Kommission war im Februar 2022 tätig geworden, nachdem die Hochschulleitung durch Hinweise von zwei auf die Findung von Plagiaten spezialisierten Experten auf ein mögliches Fehlverhalten aufmerksam gemacht worden war.  Auf Grundlage der erhobenen Vorwürfe hatte die Kommission auf Antrag des Präsidiums ein Verfahren eingeleitet, um eine unabhängige Prüfung der Dissertation von Herrn Dr. Döpfner vornehmen zu können. Zur fachlichen Ergänzung ihrer Expertise hatte die Kommission zusätzlich einen musikwissenschaftlich ausgewiesenen Forschenden kooptiert.

Nach Prüfung der Arbeit gelangte die Kommission übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass in der Dissertation im Abschnitt „Historische Determinanten der Deutschen Musikkritik bis 1945“ (S. 29 - 50) der Vorwurf des wissenschaftlichen Fehlverhaltens in Form mehrfach ungekennzeichneter Übernahmen oder Aneignungen fremden Gedankenguts erfüllt sei. Ein wissenschaftliches Fehlverhalten liege dort vor, wo – namentlich in Form eines Text- oder Ideenplagiats – ungeprüft originäre Formulierungen oder Gedanken der Quelle als eigene übernommen werden oder sonst eine zu enge Anlehnung an die Quelle erfolgt, die als solche hätte ausgewiesen werden müssen. Ein solches Vorgehen habe auch schon vor über 30 Jahren einen Verstoß gegen die damals geltenden Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis dargestellt. Daneben wurde eine Reihe von Blindzitaten und ungeprüft übernommenen Literaturangaben festgestellt, die nach geltender Rechtsprechung ebenfalls als Plagiate zu werten sind.

Allerdings konnte die Kommission den Vorwürfen in den Verdachtsanzeigen der beiden Plagiatssucher nicht in allen Punkten folgen, sodass sich nach ihrer Ansicht im Ergebnis eine deutlich geringere Anzahl an Verstößen ergibt, als dort jeweils moniert. Zu berücksichtigen ist zudem, dass der sehr umfassende Hauptteil der Arbeit nach gegenwärtigem Stand nicht von den Plagiatsvorwürfen betroffen ist und auch keine Anhaltspunkte für wissenschaftliches Fehlverhalten ersichtlich sind.

Im Interesse einer möglichst transparenten Darstellung des Verfahrens macht die Kommission zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten auf Bitten des Universitätspräsidenten den gesamten Beschluss öffentlich. Dieser kann unter folgendem Link eingesehen werden: https://www.uni-frankfurt.de/131192024/

Universitätspräsident Prof. Dr. Enrico Schleiff dankte der von Weisungen des Präsidiums und anderer Instanzen unabhängigen Kommission für ihre gründliche und sorgfältige Arbeit, die einen wichtigen Beitrag zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis darstelle. Die Goethe-Universität leiste mit der Transparenz einen aktiven Beitrag zur wissenschaftlichen Qualitätssicherung und öffentlichen Nachvollziehbarkeit universitätsinterner Prüfungsprozesse. 

Herr Dr. Döpfner wurde am 17.01.2023 über die Ergebnisse der Prüfung unterrichtet. Der begründete Beschluss liegt ihm vor. Gegen den Beschluss kann Widerspruch eingelegt werden.

Die Kommission arbeitet nach der Satzung der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Diese ist unter folgendem Link verfügbar:

https://www.uni-frankfurt.de/84252590/20191209_ck-neufassung-grundsatze-final.pdf

 
Foto:
©Zentralrat der Juden

Info:
Matthias Döpfner ist seit 2002 Chef des Springer-Konzerns