Archäologie der Goethe-Uni wirkt an neuem DFG-geförderten Projekt mit – Kooperation mit Landesamt für Denkmalpflege und Unis Mainz und Kiel
Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der Landgraben, das Gewässer zwischen Groß-Gerau und Trebur, mündet nordwestlich von Astheim in den Rhein. Sein Name geht auf den Landgrafen Georg I. (1547-1596) von Hessen-Darmstadt zurück, dem der Ursprung dieses künstlichen Gewässers bisher zugeschrieben wurde. Archäologen vermuten aber eine andere Entstehungsgeschichte. Ein Team des Landesamts für Denkmalpflege Hessen und der Universitäten Frankfurt, Mainz und Kiel kann nun mit Mitteln der DFG nach der römischen Vergangenheit forschen.
Archäologische Untersuchungen im Hessischen Ried haben erste Hinweise darauf erbracht, dass der Kanal deutlich früher angelegt worden sein könnte als bisher angenommen. Vermutet wird, dass es das römische Militär war, das bei der Eroberung und Erschließung des rechtsrheinischen Rieds im 1. Jahrhundert nach Christus das künstliche Gewässer angelegt hat. Der Landgraben, der bei Trebur in den heutigen Schwarzbach überging, diente wahrscheinlich zur Material- und Warenversorgung des römischen Kastells und der zugehörigen Zivilsiedlung in Groß-Gerau. Nun können weitere Forschungen in Angriff genommen werden.
Gefördert werden die Untersuchungen durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 370.000 Euro. Mit Hilfe dieser Mittel kann durch geophysikalische Untersuchungen, Bohrungen und kleinere archäologische Ausgrabungen der ursprüngliche Verlauf des Kanals gesucht und die entlang seines Verlaufes gelegenen römischen Siedlungsstellen in Berkach, Groß-Gerau, Wallerstädten, Trebur und Astheim sowie ihr Verhältnis zum Gewässer näher betrachtet werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für zwei Dissertationen in den Fächern Archäologie und Geographie an den Universitäten Frankfurt und Mainz.
Aktuell wird im Bereich von Groß-Gerau – Wallerstädten nach dem römischen Landgrabenverlauf gesucht. Im Rahmen des Geländepraktikums der Universität Mainz vermisst eine Studierendengruppe das Areal, nimmt Messungen des elektrischen Widerstands im Untergrund vor und bohrt an ausgewählten Stellen, um den Bodenaufbau zu klären sowie Datierungsanhalte für das ursprüngliche Aussehen des Geländes zu gewinnen. Gleichzeitig führt die Universität Kiel großflächige geophysikalische Messungen durch, um das Verhältnis des römischen Siedlungsplatzes und des Landgrabens in diesem Bereich zu klären.
Dass die Römer bereits über die technischen Fähigkeiten verfügten, Gewässer zu lenken und zu manipulieren oder gar künstliche Kanäle anzulegen, das belegen sowohl schriftliche Überlieferungen als auch entsprechende Befunde wie der sogenannte Kanal des Corbulo in den Niederlanden. Sollten die nun anstehenden Untersuchungen die Hypothese vom römischen Ursprung des Landgrabens erhärten, wäre dies der erste Nachweis eines solchen Bauwerks aus der Römerzeit in Deutschland. Dass die Römer damit einen massiven und nachhaltigen Eingriff in die Landschaft vorgenommen hätten, würde die Existenz des Landgrabens als Gewässer bis heute deutlich zeigen.
Für die Anfangsdatierung des Landgrabens sei das römische Kastell „Biebelslache“ bei Wallerstädten von entscheidender Bedeutung, gewesen, erklärt Prof. Markus Scholz, Archäologe an der Goethe-Universität. Das Kastell grenze direkt an den Kanal oder – das gelte es zu überprüfen – werde von diesem geschnitten. Im ersten Fall wäre der Kanal mindestens so alt wie das Lager. Im zweiten Fall würde das Lager, das von etwa 40 bis 70 n. Chr. bestand, einen Terminus post quem für den Bau des Kanals liefern. „Im Kastell ‚Biebelslache‘ fanden zwischen 2008 und 2012 Lehrgrabungen unseres Instituts statt“, erklärt Scholz. Nun biete sich die Chance, die Ausgrabungen unter der neuen Fragestellung auszuwerten. Der Doktorand Henrik Leif Schäfer werde in seiner Dissertation auch andere römische Fundplätze entlang des Grabens datieren und analysieren. Den Studierenden biete sich im Rahmen des Projekts die Gelegenheit für Feldpraktika.
Fotos:
© Lars Görze, Landesamt für Denkmalpflege)
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Quelle: Uni Franfurt