Weitere acht Schulen aus dem Einzugsgebiet Frankfurt unterzeichneten den Kooperationsvertrag mit der Goethe-Universität

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Schon immer war es mit freudiger Erwartung verbunden, wenn die Schule, die als Zwangsjacke empfunden wurde, verlassen werden durfte, um zu Begebnissen zu eilen, die mit der Öffnung hin zu wirklicheren Welten verbunden waren. Ist die angesteuerte Institution eine Universität, darf vermutet werden, dass auch diese ihre Optik erweitern möchte und selbst etwas mit der Öffnung verbindet.

Wissenschaft beginnt mit der Reflexion über die scheinbar nebensächlichen Wirklichkeiten und Gegenstände, hohe und nicht so hohe. Wie weit sollte die Handbrause aufgedreht und wie gehandhabt werden, um beim Haarewaschen möglichst wenig Verschwendung an Energie und Wasser zu verursachen. Dabei steht die Problematik strudelnder Systeme mit deren Unkalkulierbarkeit im Focus. Einstein soll in jungen Jahren überlegt haben, welche Zeitverhältnisse auf einem Photon vorliegen. Unsere Bewegung im Raum hat eine Wirkung auf das Zeitverhältnis, wenn auch unmerklich. Erkenntnis schreitet vom Einfachen zum Komplexen, aber Komplexität beginnt viel eher als gemeinhin angenommen.

Die Crux der schulischen Bildung ist die Praxisferne, ohne diesen Begriff überspannen zu wollen. Das zu Lernende festigt sich erst in Projekten und Vorhaben. Auf diese Weise entsteht die Bildungsbiographie des Menschen. Der Direktor der Max-Beckmann-Schule Frankfurt - einer der Schulen, die künftig auch regelmäßige Kooperationspartnerinnen sein werden - versicherte im knappen Statement, dass die Zusammenarbeit mit der Frankfurter Universität im Zusammenhang mit der Bildungsteilhabe von schulischen Intensivgruppen immer fruchtbar gewesen sei. Die Helmholtzschule im Osten Frankfurts hat ein Augenmerk auf die Mädchen, unter dem Aspekt ‚Beziehung zu den Naturwissenschaften aufbauen‘, zu Chemie und Physik; diese Beziehung konnte in Leistungskursen angeregt werden.

Hinzugekommen sind mit der Erweiterung der Kooperation die Schulen: Freiherr-vom-Stein-Schule Frankfurt, Heinrich-Mann-Schule Dietzenbach, Kaiser-Friedrich-Gymnasium Bad Homburg, Karl-Rehbein-Schule Hanau, Schule am Ried Frankfurt und die private Anna-Schmidt-Schule Frankfurt. Im Eisenhower-Raum des IG-Farben-Hauses auf dem Campus Westend unterzeichneten die Schulen die Kooperationsvereinbarung mit der Universität.


Die Korrelation zwischen Bildungsweg und kultureller Herkunft

Eine nicht zu vernachlässigende Ausgangslage für die Erweiterung des Schulbegriffs ist das Gebotensein von Integrationsleistungen für junge Menschen mit Migrationshintergrund, wobei Gesellschaften immer schon auch innere Migrationsprozesse aufwiesen, die Kompensation erforderten, mit Inklusion in Formen angemessener Praxis, dem Bedarf entsprechend.

Im Bildungsprozess sollen Brücken geschlagen werden, nicht nur Schülerinnen und Schüler können profitieren, sondern auch die Lehrkräfte, die sich sonst schon mal im Schulghetto verlassen vorkommen. ‚Nicht in der Schule abkapseln‘ ist für die Helmholtzschule der wesentliche Grund, Schulgrenzen zu überschreiten.

Der Anteil der Kinder und Jugendlichen ‚mit Migrationshintergrund‘ liegt bei über 50 Prozent, etwa 20 Prozent hören kaum Deutsch zu Hause.


Das Angebot an Veranstaltungen ist reichhaltig

Bemerkenswert ist das ausgeprägte Angebot an Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler im aktuellen Jahresdoppel 2016/17. Das Angebot bildet ein ausgreifendes Komplement zur Schule wie auch willkommene Ergänzungen zum Schulunterricht. Das laufende Angebot ist umfänglich, ein wesentlicher Zweck liegt im eigenen Versuch unter anderem mit dem Goethe Schülerlabor. Etwas Besonderes ist es, das Max-Planck-Institut zu erfahren, einmal den Garten der Universität auf dem Riedberg mit Freilandflächen und Gewächshäusern zu begehen, in denen die sonderbarsten Gewächse erklärt werden wollen. Die Natur ist eine findige Mutter. Im Veranstaltungsheft ‚Uni-Events‘ für Schülerinnen und Schüler kann online gesucht werden. Es lohnt sich, über dieses Angebot im Bilde zu sein. *)

Schülerinnen und Schüler können Vorträge zu übergreifenden Themen und zur Berufspraxis verfolgen, die ihnen helfen, Entscheidungsfindung anzubahnen und Überbrückungen zwischen Abitur und Studium ins Auge zu fassen. Sie können Vorlesungen und Veranstaltungen aufsuchen, an Führungen teilnehmen, Demonstrationen und Seminare auswählen und an Gesprächsrunden teilnehmen. Es gibt unter anderem eine Night of Science, die neue Erkenntnisse der Naturwissenschaften präsentiert. Dazu gehört auch das Programm mit Laborführungen und Mitmachexperimenten.

Es gibt den Tag der Naturwissenschaften, Termine zum Brückenschlag der Wissenschaft in die Schulen. Es finden sich Projekttage zu einheimischen Pflanzen und Tieren, Wege zu den Wildbienen und Wildblumenwiesen. In der Geo Agentur wird Wissen der Atmosphären- und Umweltforschung vermittelt. Es gibt den Girls‘ Day im Rahmen einer bundesweiten Aktion. Das Goethe Biolab bietet mit Schülerlabortagen (Sekundarstufe II) Einblick in die modernen Forschungsmethoden der Biowissenschaften (Biomembrane, Fluoreszenzmikroskopie, Evolution), Angebote zu Atmung, Blut und virtueller Mikroskopie. Mit dem Goethe-Schülerlabor ‚Physik‘ wird an den Physikunterricht angeknüpft. Es kann auch selbständig experimentiert, mit dem Computer gemessen und Simulation durchgeführt werden. Es finden sich Angebote für jede Klassenstufe.


Interdisziplinarität über Fachgrenzen hinweg ist angelegt

Mit dem Goethe Lab ist - unter Akzentuierung der Interdisziplinarität - auch die Behandlung von gesellschaftlich relevanten Fragen vorgesehen, die nicht nur den Zusammenhang mit der naturwissenschaftlichen Einzeldisziplin betreffen, sondern auch die Gesamtheit von Ansätzen - die großen Fragen. Kritische Wissenschaft darf hier angeregt werden, Jugend sollte gegen die Fragwürdigkeit orthodoxer Wirtschaftswissenschaft gewappnet werden.

Im Mittelpunkt des universitären Angebots steht ganz offensichtlich der Homo faber. Unterrepräsentiert sind Angebote für die Geistes-und Kulturwissenschaften, die Orientierung in komplexen Welten ermöglichen - eine sehr wichtige Sache; möglich mit Philosophie, Soziologie und Politischer Wissenschaft. Daran kann sich die kunstvolle Literatur mit ‚Faust‘ und Anverwandten anschmiegen, erweitert durch Schriften des sachbezogenen Tons zu Themen der Zeit. Im Zentrum aller Kulturpraxis steht die Musik als allgemeinste Sprache der Welt. Was an kultureller Bildung und Praxis noch nicht vertreten ist, könnte aus den hierfür zuständigen Einrichtungen eingebracht werden, um das Angebot zu erweitern. Kunst ist mit den Kinderkunstkursen immerhin schon vertreten.

Foto:  © Goethe-Universität Frankfurt am Main

Info:

Schulen unterzeichnen Kooperationsvereinbarung mit der Goethe-Universität, 17. Mai 2017, IG-Farben-Haus, Campus Westend

http://www.uni-frankfurt.de/63757421/uni-events